Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Arbeiten über einzelne Classen und Formen. kleine Thiere fressen, und solche, welche beiderlei Nahrung nehmen.Trotz der nicht zu rechtfertigenden Vereinigung von Tauben, Spechten, Papageyen und andern zu einer Gruppe und anderem Aehnlichen ist doch in Belon's System ein Streben, Natürliches zu verbinden, nicht zu verkennen. Nur ist er selbst seinen Grundsätzen nicht ganz treu ge- blieben. So vereinigt er die Würger und den Kukuk mit den Raub- vögel. Den Nachtraubvögeln hängt er die Fledermaus an, indeß nicht, weil er sie etwa für einen Vogel gehalten hätte, sondern der Vollständigkeit wegen, weil man lange über ihre Natur im Zweifel ge- wesen sei. Ferner schildert er z. B. bei Merops die Kletterfüße, wie er dieselben auch bei den Spechten, dem Papagey richtig abbildet, läßt aber den Vogel doch bei den Strandvögeln. Auch hat er die Schwimm- haut nicht überall darauf angesehen, ob die vierte Zehe mit darin be- griffen ist (z. B. beim Pelikan). Doch ist er im Ganzen sehr kritisch, wenn man an die Zeit seiner Arbeit denkt. Fabeln weist er, wie im Allgemeinen, so auch im Einzelnen zurück. Von der Bernikelgans er- wähnt er, sie solle aus faulenden Schiffsmasten entstehen, man habe sie aber beim Eierlegen beobachtet. Auf den Phönix bezieht er die fuß- losen Bälge, welche zu seiner Zeit häufiger aus dem Oriente nach Eu- ropa kamen, die Paradiesvögel, deren Benennung Apus er zurückweist, weil dieser Name bereits vergeben sei für einen andern Vogel (den Segler). Gerade diese Notiz führt auf eins der größten Verdienste Belon's Er ist vor Allem wichtig durch die Aufmerksamkeit, welche er dem Unterschiede zwischen den einzelnen Arten geschenkt hat. Zwar hat er noch nicht den Begriff einer naturhistorischen Art im jetzigen Sinne; aber das was jetzt so genannt wird, sucht er in ar- tenreichen Gruppen oder in solchen, wo mehrere ähnliche Formen der Beobachtung vorlagen, sorgfältig auseinanderzuhalten. Dabei fühlt er auch das Bedürfniß einer zweifellosen Namengebung, nimmt aber seine Namen meist aus dem von den Alten oder von dem Volke dargebotenen Namenverzeichnisse. Nur selten bildet er neue Namen (Oedicnemus, Lusciniola u. a.) Von amerikanischen Vögeln sind nur wenige Belon bekannt worden, so ein Cassicus, eine Drossel (merle de Bresil) u. a. m. Wie Turner hält auch Belon den Truthan mit dem Perlhuhn, Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen. kleine Thiere freſſen, und ſolche, welche beiderlei Nahrung nehmen.Trotz der nicht zu rechtfertigenden Vereinigung von Tauben, Spechten, Papageyen und andern zu einer Gruppe und anderem Aehnlichen iſt doch in Belon's Syſtem ein Streben, Natürliches zu verbinden, nicht zu verkennen. Nur iſt er ſelbſt ſeinen Grundſätzen nicht ganz treu ge- blieben. So vereinigt er die Würger und den Kukuk mit den Raub- vögel. Den Nachtraubvögeln hängt er die Fledermaus an, indeß nicht, weil er ſie etwa für einen Vogel gehalten hätte, ſondern der Vollſtändigkeit wegen, weil man lange über ihre Natur im Zweifel ge- weſen ſei. Ferner ſchildert er z. B. bei Merops die Kletterfüße, wie er dieſelben auch bei den Spechten, dem Papagey richtig abbildet, läßt aber den Vogel doch bei den Strandvögeln. Auch hat er die Schwimm- haut nicht überall darauf angeſehen, ob die vierte Zehe mit darin be- griffen iſt (z. B. beim Pelikan). Doch iſt er im Ganzen ſehr kritiſch, wenn man an die Zeit ſeiner Arbeit denkt. Fabeln weiſt er, wie im Allgemeinen, ſo auch im Einzelnen zurück. Von der Bernikelgans er- wähnt er, ſie ſolle aus faulenden Schiffsmaſten entſtehen, man habe ſie aber beim Eierlegen beobachtet. Auf den Phönix bezieht er die fuß- loſen Bälge, welche zu ſeiner Zeit häufiger aus dem Oriente nach Eu- ropa kamen, die Paradiesvögel, deren Benennung Apus er zurückweiſt, weil dieſer Name bereits vergeben ſei für einen andern Vogel (den Segler). Gerade dieſe Notiz führt auf eins der größten Verdienſte Belon's Er iſt vor Allem wichtig durch die Aufmerkſamkeit, welche er dem Unterſchiede zwiſchen den einzelnen Arten geſchenkt hat. Zwar hat er noch nicht den Begriff einer naturhiſtoriſchen Art im jetzigen Sinne; aber das was jetzt ſo genannt wird, ſucht er in ar- tenreichen Gruppen oder in ſolchen, wo mehrere ähnliche Formen der Beobachtung vorlagen, ſorgfältig auseinanderzuhalten. Dabei fühlt er auch das Bedürfniß einer zweifelloſen Namengebung, nimmt aber ſeine Namen meiſt aus dem von den Alten oder von dem Volke dargebotenen Namenverzeichniſſe. Nur ſelten bildet er neue Namen (Oedicnemus, Lusciniola u. a.) Von amerikaniſchen Vögeln ſind nur wenige Belon bekannt worden, ſo ein Caſſicus, eine Droſſel (merle de Bresil) u. a. m. Wie Turner hält auch Belon den Truthan mit dem Perlhuhn, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0362" n="351"/><fw place="top" type="header">Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen.</fw><lb/> kleine Thiere freſſen, und ſolche, welche beiderlei Nahrung nehmen.<lb/> Trotz der nicht zu rechtfertigenden Vereinigung von Tauben, Spechten,<lb/> Papageyen und andern zu einer Gruppe und anderem Aehnlichen iſt<lb/> doch in <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118120646">Belon</persName>'s Syſtem ein Streben, Natürliches zu verbinden, nicht<lb/> zu verkennen. Nur iſt er ſelbſt ſeinen Grundſätzen nicht ganz treu ge-<lb/> blieben. So vereinigt er die Würger und den Kukuk mit den Raub-<lb/> vögel. 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Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen.
kleine Thiere freſſen, und ſolche, welche beiderlei Nahrung nehmen.
Trotz der nicht zu rechtfertigenden Vereinigung von Tauben, Spechten,
Papageyen und andern zu einer Gruppe und anderem Aehnlichen iſt
doch in Belon's Syſtem ein Streben, Natürliches zu verbinden, nicht
zu verkennen. Nur iſt er ſelbſt ſeinen Grundſätzen nicht ganz treu ge-
blieben. So vereinigt er die Würger und den Kukuk mit den Raub-
vögel. Den Nachtraubvögeln hängt er die Fledermaus an, indeß
nicht, weil er ſie etwa für einen Vogel gehalten hätte, ſondern der
Vollſtändigkeit wegen, weil man lange über ihre Natur im Zweifel ge-
weſen ſei. Ferner ſchildert er z. B. bei Merops die Kletterfüße, wie
er dieſelben auch bei den Spechten, dem Papagey richtig abbildet, läßt
aber den Vogel doch bei den Strandvögeln. Auch hat er die Schwimm-
haut nicht überall darauf angeſehen, ob die vierte Zehe mit darin be-
griffen iſt (z. B. beim Pelikan). Doch iſt er im Ganzen ſehr kritiſch,
wenn man an die Zeit ſeiner Arbeit denkt. Fabeln weiſt er, wie im
Allgemeinen, ſo auch im Einzelnen zurück. Von der Bernikelgans er-
wähnt er, ſie ſolle aus faulenden Schiffsmaſten entſtehen, man habe
ſie aber beim Eierlegen beobachtet. Auf den Phönix bezieht er die fuß-
loſen Bälge, welche zu ſeiner Zeit häufiger aus dem Oriente nach Eu-
ropa kamen, die Paradiesvögel, deren Benennung Apus er zurückweiſt,
weil dieſer Name bereits vergeben ſei für einen andern Vogel (den
Segler). Gerade dieſe Notiz führt auf eins der größten Verdienſte
Belon's Er iſt vor Allem wichtig durch die Aufmerkſamkeit,
welche er dem Unterſchiede zwiſchen den einzelnen Arten geſchenkt
hat. Zwar hat er noch nicht den Begriff einer naturhiſtoriſchen Art
im jetzigen Sinne; aber das was jetzt ſo genannt wird, ſucht er in ar-
tenreichen Gruppen oder in ſolchen, wo mehrere ähnliche Formen der
Beobachtung vorlagen, ſorgfältig auseinanderzuhalten. Dabei fühlt er
auch das Bedürfniß einer zweifelloſen Namengebung, nimmt aber ſeine
Namen meiſt aus dem von den Alten oder von dem Volke dargebotenen
Namenverzeichniſſe. Nur ſelten bildet er neue Namen (Oedicnemus,
Lusciniola u. a.) Von amerikaniſchen Vögeln ſind nur wenige Belon
bekannt worden, ſo ein Caſſicus, eine Droſſel (merle de Bresil) u.
a.
m. Wie Turner hält auch Belon den Truthan mit dem Perlhuhn,
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