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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der encyklopädischen Darstellungen.
ihm auf größeren Reisen nach Holland und Italien mitgenommen, wie
der Cardinal ihm auch noch später eine besondere Pension aussetzte.
Einen einjährigen Aufenthalt in Rom benutzte er besonders zum Stu-
dium der Fische, ebenso ein kürzeres Verweilen in Venedig, Parma,
Piacenza, Padua und Bologna, welche Städte er auf seiner Rückreise
berührte. Von 1551 an verließ er Montpellier nur auf kurze Zeit; er
betheiligte sich bei der Gründung eines anatomischen Theaters, wurde
später Kanzler der Universität und starb 1556 an der Ruhr. Mit den
meisten der hervorragenden Naturforscher seiner Zeit bekannt, begeg-
nete er sich mit ihnen in dem Streben, an die Stelle der bloß littera-
rischen sprachlichen Untersuchung oder zunächst neben dieselbe Beobach-
tungen der Natur selbst zu setzen, wurde aber wie die andern durch den
Mangel der nothwendigen Vorbegriffe und in Folge hiervon der tech-
nischen Hülfsmittel gehindert, umgestaltend in dem von ihm bearbei-
teten Felde wirken zu können. Seine medicinischen Schriften kommen
hier nicht in Betracht. Von großer Wichtigkeit ist dagegen sein Fisch-
buch. Dasselbe erschien in zwei Theilen 1554 und 1555, also gleich-
zeitig mit Salviani's ersten Theilen und mit Belon's französischer
Bearbeitung, sowie vier Jahre vor Gesner's Fischbuch, in welches das
Meiste von Rondelet's Beobachtungen aufgenommen wurde104). Die
allgemeinen Anschauungen Rondelet's erheben sich nicht über die seiner
Zeitgenossen. Wie erwähnt gilt ihm Fisch und Wasserthier für völlig
gleichbedeutend. Auch ihm fehlt sowohl die Reihe der systematischen
Glieder zur Eintheilung einer Thierclasse von oben herab, als der Be-
griff der Art. Genus und Species sind ihm überhaupt nur Bezeich-
nungen für zusammengehörende Formen auf gleichviel welcher syste-
matischen Stufe; es können daher beide einander nach Umständen über-
oder untergeordnet sein. Er braucht auch beide Ausdrücke abwechselnd
zur Bezeichnung desselben Verhältnisses 105). Die in der allgemeinen

104) Gul. Rondeletii Libri de Piscibus marinis in quibus verae Pi-
scium effigies expressae sunt. Lugduni, 1554. Universae aquatilium Histo-
riae pars altera cum vivis ipsorum Imaginibus. ibid. 1555. Fol.
105) So führt er die einzelnen Formen der Gadoiden als Asellorum species
auf, die Labroidformen als Turdorum genera, dazwischen aber die zehnte als de-

Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.
ihm auf größeren Reiſen nach Holland und Italien mitgenommen, wie
der Cardinal ihm auch noch ſpäter eine beſondere Penſion ausſetzte.
Einen einjährigen Aufenthalt in Rom benutzte er beſonders zum Stu-
dium der Fiſche, ebenſo ein kürzeres Verweilen in Venedig, Parma,
Piacenza, Padua und Bologna, welche Städte er auf ſeiner Rückreiſe
berührte. Von 1551 an verließ er Montpellier nur auf kurze Zeit; er
betheiligte ſich bei der Gründung eines anatomiſchen Theaters, wurde
ſpäter Kanzler der Univerſität und ſtarb 1556 an der Ruhr. Mit den
meiſten der hervorragenden Naturforſcher ſeiner Zeit bekannt, begeg-
nete er ſich mit ihnen in dem Streben, an die Stelle der bloß littera-
riſchen ſprachlichen Unterſuchung oder zunächſt neben dieſelbe Beobach-
tungen der Natur ſelbſt zu ſetzen, wurde aber wie die andern durch den
Mangel der nothwendigen Vorbegriffe und in Folge hiervon der tech-
niſchen Hülfsmittel gehindert, umgeſtaltend in dem von ihm bearbei-
teten Felde wirken zu können. Seine mediciniſchen Schriften kommen
hier nicht in Betracht. Von großer Wichtigkeit iſt dagegen ſein Fiſch-
buch. Daſſelbe erſchien in zwei Theilen 1554 und 1555, alſo gleich-
zeitig mit Salviani's erſten Theilen und mit Belon's franzöſiſcher
Bearbeitung, ſowie vier Jahre vor Gesner's Fiſchbuch, in welches das
Meiſte von Rondelet's Beobachtungen aufgenommen wurde104). Die
allgemeinen Anſchauungen Rondelet's erheben ſich nicht über die ſeiner
Zeitgenoſſen. Wie erwähnt gilt ihm Fiſch und Waſſerthier für völlig
gleichbedeutend. Auch ihm fehlt ſowohl die Reihe der ſyſtematiſchen
Glieder zur Eintheilung einer Thierclaſſe von oben herab, als der Be-
griff der Art. Genus und Species ſind ihm überhaupt nur Bezeich-
nungen für zuſammengehörende Formen auf gleichviel welcher ſyſte-
matiſchen Stufe; es können daher beide einander nach Umſtänden über-
oder untergeordnet ſein. Er braucht auch beide Ausdrücke abwechſelnd
zur Bezeichnung deſſelben Verhältniſſes 105). Die in der allgemeinen

104) Gul. Rondeletii Libri de Piscibus marinis in quibus verae Pi-
scium effigies expressae sunt. Lugduni, 1554. Universae aquatilium Histo-
riae pars altera cum vivis ipsorum Imaginibus. ibid. 1555. Fol.
105) So führt er die einzelnen Formen der Gadoiden als Asellorum species
auf, die Labroidformen als Turdorum genera, dazwiſchen aber die zehnte als de-
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[362/0373] Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen. ihm auf größeren Reiſen nach Holland und Italien mitgenommen, wie der Cardinal ihm auch noch ſpäter eine beſondere Penſion ausſetzte. Einen einjährigen Aufenthalt in Rom benutzte er beſonders zum Stu- dium der Fiſche, ebenſo ein kürzeres Verweilen in Venedig, Parma, Piacenza, Padua und Bologna, welche Städte er auf ſeiner Rückreiſe berührte. Von 1551 an verließ er Montpellier nur auf kurze Zeit; er betheiligte ſich bei der Gründung eines anatomiſchen Theaters, wurde ſpäter Kanzler der Univerſität und ſtarb 1556 an der Ruhr. Mit den meiſten der hervorragenden Naturforſcher ſeiner Zeit bekannt, begeg- nete er ſich mit ihnen in dem Streben, an die Stelle der bloß littera- riſchen ſprachlichen Unterſuchung oder zunächſt neben dieſelbe Beobach- tungen der Natur ſelbſt zu ſetzen, wurde aber wie die andern durch den Mangel der nothwendigen Vorbegriffe und in Folge hiervon der tech- niſchen Hülfsmittel gehindert, umgeſtaltend in dem von ihm bearbei- teten Felde wirken zu können. Seine mediciniſchen Schriften kommen hier nicht in Betracht. Von großer Wichtigkeit iſt dagegen ſein Fiſch- buch. Daſſelbe erſchien in zwei Theilen 1554 und 1555, alſo gleich- zeitig mit Salviani's erſten Theilen und mit Belon's franzöſiſcher Bearbeitung, ſowie vier Jahre vor Gesner's Fiſchbuch, in welches das Meiſte von Rondelet's Beobachtungen aufgenommen wurde 104). Die allgemeinen Anſchauungen Rondelet's erheben ſich nicht über die ſeiner Zeitgenoſſen. Wie erwähnt gilt ihm Fiſch und Waſſerthier für völlig gleichbedeutend. Auch ihm fehlt ſowohl die Reihe der ſyſtematiſchen Glieder zur Eintheilung einer Thierclaſſe von oben herab, als der Be- griff der Art. Genus und Species ſind ihm überhaupt nur Bezeich- nungen für zuſammengehörende Formen auf gleichviel welcher ſyſte- matiſchen Stufe; es können daher beide einander nach Umſtänden über- oder untergeordnet ſein. Er braucht auch beide Ausdrücke abwechſelnd zur Bezeichnung deſſelben Verhältniſſes 105). Die in der allgemeinen 104) Gul. Rondeletii Libri de Piscibus marinis in quibus verae Pi- scium effigies expressae sunt. Lugduni, 1554. Universae aquatilium Histo- riae pars altera cum vivis ipsorum Imaginibus. ibid. 1555. Fol. 105) So führt er die einzelnen Formen der Gadoiden als Asellorum species auf, die Labroidformen als Turdorum genera, dazwiſchen aber die zehnte als de-

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/373>, abgerufen am 21.11.2024.