Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Arbeiten über einzelne Classen und Formen.
lich dem Zustande der Chemie zu seiner Zeit entsprechend und daher für
jetzt nicht richtig, aber doch im Allgemeinen ganz zutreffend ist122).
Eine Beziehung dieser fossilen zu den jetzt lebenden Thierformen lag
ihm aber noch ferner, als Gesner. Später auftretende Arbeiten
gehen nun, mögen sie das Vorkommen dieser fossilen Formen von einer
allgemeinen Sindfluth oder von sonst welchen Ursachen abhängig ma-
chen, doch wenigstens von der Ueberzeugung aus, daß es sich bei den-
selben wirklich um thierische Reste handele. Die Deutung einzelner
Funde, z. B. fossiler Knochen war freilich in Folge des Mangels an
Vergleichungsmaterial meist eine falsche. So hielt Felix Plater123)
große in der Nähe von Luzern gefundene Knochen (eines Elephas?)
für die Knochen eines Riesen, bestochen von der Aehnlichkeit der kleinen
(Fußwurzel-) Knochen mit den entsprechenden menschlichen Knochen.
Einzelne Fossilien bildet auch Fabius Columna ab; auch fieng
Ferrante Imperato schon an, solche zu sammeln; er sagt aus-
drücklich, daß die versteinerten Muscheln von Muschelthieren herrühren
und durch Uebertragung oder durch Veränderungen im Verhältnisse
vom Land zum Wasser aufs Trockne und selbst auf Berge gekommen
seien124). Hielt man nun aber auch die fossilen Formen für Reste ge-
storbener Thiere, so glaubte man doch noch nicht, diese als ganz aus-
gestorben betrachten zu dürfen. Es sei hier an Joh. Sperling's oben
erwähnte Aeußerung erinnert (S. 309). Dadurch beschränkte sich vor-
läufig das Interesse, was diese Funde darboten, auf die Oertlichkeit
ihres Vorkommens.


122) Discours admirables de la nature des eaux et fontaines, tant na-
turelles qu' artificielles, des metaux, des sels et salins, des pierres. (Paris,
1580).
Ausgabe der Oeuvres de Palissy von P. A. Cap. Paris, 1844. p. 266.
272 flge.
123) Fel. Plater, Observationes. Basileae (1641) 1680. p. 566.
124) Ferr. Imperato, Historia naturale (1599). 2. Ausg. Venezia,
1672. Fossile finden sich auch beschrieben und abgebildet im Museum Calceolarii
a Bern. Ceruto inceptum, ab Andr. Chiocco descriptum. Venetiis, 1622.

Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen.
lich dem Zuſtande der Chemie zu ſeiner Zeit entſprechend und daher für
jetzt nicht richtig, aber doch im Allgemeinen ganz zutreffend iſt122).
Eine Beziehung dieſer foſſilen zu den jetzt lebenden Thierformen lag
ihm aber noch ferner, als Gesner. Später auftretende Arbeiten
gehen nun, mögen ſie das Vorkommen dieſer foſſilen Formen von einer
allgemeinen Sindfluth oder von ſonſt welchen Urſachen abhängig ma-
chen, doch wenigſtens von der Ueberzeugung aus, daß es ſich bei den-
ſelben wirklich um thieriſche Reſte handele. Die Deutung einzelner
Funde, z. B. foſſiler Knochen war freilich in Folge des Mangels an
Vergleichungsmaterial meiſt eine falſche. So hielt Felix Plater123)
große in der Nähe von Luzern gefundene Knochen (eines Elephas?)
für die Knochen eines Rieſen, beſtochen von der Aehnlichkeit der kleinen
(Fußwurzel-) Knochen mit den entſprechenden menſchlichen Knochen.
Einzelne Foſſilien bildet auch Fabius Columna ab; auch fieng
Ferrante Imperato ſchon an, ſolche zu ſammeln; er ſagt aus-
drücklich, daß die verſteinerten Muſcheln von Muſchelthieren herrühren
und durch Uebertragung oder durch Veränderungen im Verhältniſſe
vom Land zum Waſſer aufs Trockne und ſelbſt auf Berge gekommen
ſeien124). Hielt man nun aber auch die foſſilen Formen für Reſte ge-
ſtorbener Thiere, ſo glaubte man doch noch nicht, dieſe als ganz aus-
geſtorben betrachten zu dürfen. Es ſei hier an Joh. Sperling's oben
erwähnte Aeußerung erinnert (S. 309). Dadurch beſchränkte ſich vor-
läufig das Intereſſe, was dieſe Funde darboten, auf die Oertlichkeit
ihres Vorkommens.


122) Discours admirables de la nature des eaux et fontaines, tant na-
turelles qu' artificielles, des métaux, des sels et salins, des pierres. (Paris,
1580).
Ausgabe der Oeuvres de Palissy von P. A. Cap. Paris, 1844. p. 266.
272 flge.
123) Fel. Plater, Observationes. Basileae (1641) 1680. p. 566.
124) Ferr. Imperato, Historia naturale (1599). 2. Ausg. Venezia,
1672. Foſſile finden ſich auch beſchrieben und abgebildet im Museum Calceolarii
a Bern. Ceruto inceptum, ab Andr. Chiocco descriptum. Venetiis, 1622.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0386" n="375"/><fw place="top" type="header">Arbeiten über einzelne Cla&#x017F;&#x017F;en und Formen.</fw><lb/>
lich dem Zu&#x017F;tande der Chemie zu &#x017F;einer Zeit ent&#x017F;prechend und daher für<lb/>
jetzt nicht richtig, aber doch im Allgemeinen ganz zutreffend i&#x017F;t<note place="foot" n="122)"><hi rendition="#aq">Discours admirables de la nature des eaux et fontaines, tant na-<lb/>
turelles qu' artificielles, des métaux, des sels et salins, des pierres. (Paris,<lb/>
1580).</hi> Ausgabe der <hi rendition="#aq">Oeuvres de <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118789325">Palissy</persName></hi> von <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117672483">P. A. <hi rendition="#g">Cap</hi></persName>. Paris, 1844. p. 266.</hi><lb/>
272 flge.</note>.<lb/>
Eine Beziehung die&#x017F;er fo&#x017F;&#x017F;ilen zu den jetzt lebenden Thierformen lag<lb/>
ihm aber noch ferner, als <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118694413">Gesner</persName></hi>. Später auftretende Arbeiten<lb/>
gehen nun, mögen &#x017F;ie das Vorkommen die&#x017F;er fo&#x017F;&#x017F;ilen Formen von einer<lb/>
allgemeinen Sindfluth oder von &#x017F;on&#x017F;t welchen Ur&#x017F;achen abhängig ma-<lb/>
chen, doch wenig&#x017F;tens von der Ueberzeugung aus, daß es &#x017F;ich bei den-<lb/>
&#x017F;elben wirklich um thieri&#x017F;che Re&#x017F;te handele. Die Deutung einzelner<lb/>
Funde, z. B. fo&#x017F;&#x017F;iler Knochen war freilich in Folge des Mangels an<lb/>
Vergleichungsmaterial mei&#x017F;t eine fal&#x017F;che. So hielt <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/100397581">Felix Plater</persName></hi><note place="foot" n="123)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/100397581">Fel. Plater</persName></hi>, Observationes. Basileae (1641) 1680. p. 566.</hi></note><lb/>
große in der Nähe von Luzern gefundene Knochen (eines <hi rendition="#aq">Elephas?</hi>)<lb/>
für die Knochen eines Rie&#x017F;en, be&#x017F;tochen von der Aehnlichkeit der kleinen<lb/>
(Fußwurzel-) Knochen mit den ent&#x017F;prechenden men&#x017F;chlichen Knochen.<lb/>
Einzelne Fo&#x017F;&#x017F;ilien bildet auch <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119174022">Fabius Columna</persName></hi> ab; auch fieng<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117138533">Ferrante Imperato</persName></hi> &#x017F;chon an, &#x017F;olche zu &#x017F;ammeln; er &#x017F;agt aus-<lb/>
drücklich, daß die ver&#x017F;teinerten Mu&#x017F;cheln von Mu&#x017F;chelthieren herrühren<lb/>
und durch Uebertragung oder durch Veränderungen im Verhältni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
vom Land zum Wa&#x017F;&#x017F;er aufs Trockne und &#x017F;elb&#x017F;t auf Berge gekommen<lb/>
&#x017F;eien<note place="foot" n="124)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117138533">Ferr. Imperato</persName></hi>, Historia naturale</hi> (1599). 2. Ausg. <hi rendition="#aq">Venezia,</hi><lb/>
1672. Fo&#x017F;&#x017F;ile finden &#x017F;ich auch be&#x017F;chrieben und abgebildet im <hi rendition="#aq">Museum Calceolarii<lb/>
a Bern. Ceruto inceptum, ab Andr. Chiocco descriptum. Venetiis, 1622.</hi></note>. Hielt man nun aber auch die fo&#x017F;&#x017F;ilen Formen für Re&#x017F;te <hi rendition="#g">ge</hi>-<lb/>
&#x017F;torbener Thiere, &#x017F;o glaubte man doch noch nicht, die&#x017F;e als ganz <hi rendition="#g">aus</hi>-<lb/>
ge&#x017F;torben betrachten zu dürfen. Es &#x017F;ei hier an <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117492752">Joh. Sperling</persName>'s oben<lb/>
erwähnte Aeußerung erinnert (S. 309). Dadurch be&#x017F;chränkte &#x017F;ich vor-<lb/>
läufig das Intere&#x017F;&#x017F;e, was die&#x017F;e Funde darboten, auf die Oertlichkeit<lb/>
ihres Vorkommens.</p>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0386] Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen. lich dem Zuſtande der Chemie zu ſeiner Zeit entſprechend und daher für jetzt nicht richtig, aber doch im Allgemeinen ganz zutreffend iſt 122). Eine Beziehung dieſer foſſilen zu den jetzt lebenden Thierformen lag ihm aber noch ferner, als Gesner. Später auftretende Arbeiten gehen nun, mögen ſie das Vorkommen dieſer foſſilen Formen von einer allgemeinen Sindfluth oder von ſonſt welchen Urſachen abhängig ma- chen, doch wenigſtens von der Ueberzeugung aus, daß es ſich bei den- ſelben wirklich um thieriſche Reſte handele. Die Deutung einzelner Funde, z. B. foſſiler Knochen war freilich in Folge des Mangels an Vergleichungsmaterial meiſt eine falſche. So hielt Felix Plater 123) große in der Nähe von Luzern gefundene Knochen (eines Elephas?) für die Knochen eines Rieſen, beſtochen von der Aehnlichkeit der kleinen (Fußwurzel-) Knochen mit den entſprechenden menſchlichen Knochen. Einzelne Foſſilien bildet auch Fabius Columna ab; auch fieng Ferrante Imperato ſchon an, ſolche zu ſammeln; er ſagt aus- drücklich, daß die verſteinerten Muſcheln von Muſchelthieren herrühren und durch Uebertragung oder durch Veränderungen im Verhältniſſe vom Land zum Waſſer aufs Trockne und ſelbſt auf Berge gekommen ſeien 124). Hielt man nun aber auch die foſſilen Formen für Reſte ge- ſtorbener Thiere, ſo glaubte man doch noch nicht, dieſe als ganz aus- geſtorben betrachten zu dürfen. Es ſei hier an Joh. Sperling's oben erwähnte Aeußerung erinnert (S. 309). Dadurch beſchränkte ſich vor- läufig das Intereſſe, was dieſe Funde darboten, auf die Oertlichkeit ihres Vorkommens. 122) Discours admirables de la nature des eaux et fontaines, tant na- turelles qu' artificielles, des métaux, des sels et salins, des pierres. (Paris, 1580). Ausgabe der Oeuvres de Palissy von P. A. Cap. Paris, 1844. p. 266. 272 flge. 123) Fel. Plater, Observationes. Basileae (1641) 1680. p. 566. 124) Ferr. Imperato, Historia naturale (1599). 2. Ausg. Venezia, 1672. Foſſile finden ſich auch beſchrieben und abgebildet im Museum Calceolarii a Bern. Ceruto inceptum, ab Andr. Chiocco descriptum. Venetiis, 1622.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/386
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/386>, abgerufen am 21.11.2024.