Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Zootomische und vergleichend-anatomische Leistungen. er Schädel und Brustschild besonders ab, ebenso wie er vom Spechtund Wendehals nur Abbildungen des Schädels gibt. Trotzdem daß Coiter zuerst wieder die Entwickelung des Hühnchens verfolgte, so wäre doch der Gedanke, auch der Vergleichung überhaupt eine entwickelungs- geschichtliche Grundlage zu geben, bei ihm ein Anachronismus gewesen. Er sieht zwar am dritten Tage der Bebrütung das Herz pulsiren, schildert den Sinus terminalis und verfolgt die Formenveränderungen des Fötus von Tag zu Tag. Aber bei der noch mangelnden Einsicht in die allgemeinen anatomischen Verhältnisse der Wirbelthiere konnte natürlich von einem richtigen Erfassen der allmählichen Formenent- wickelung des Vogelkörpers nicht die Rede sein. Wie endlich Coiter bei den Skeleten nur die Formen einfach nebeneinanderstellt, ohne den Versuch zu machen, die einzelnen Theile weiter aufeinander zurückzu- führen, als sich aus der allgemeinen Architektonik des Körperbaues und der sich hieran anschließenden Terminologie ergibt, so sind auch seine Bemerkungen über einzelne anatomische Verhältnisse der Säuge- thiere, Vögel und Reptilien nur zootomische Notizen ohne irgend welche Vergleichung, dagegen mit einzelnen Angaben über den Gebrauch ver- schiedener Theile durchsetzt. Aber auch hierbei gelangt er noch nicht zu einer Verfolgung derselben Function durch eine größere Reihe thieri- scher Formen. Außer den Thieren, deren Skelete er schildert, hat er noch Schwein, Schaf, mehrere Vögel, die Viper u. a. zergliedert. Hatte auch Coiter in Bezug auf die Vergleichung des Knochengerüstes der Vögel mit dem des Menschen einen, und zwar des Vergleichungs- ziels sich noch bewußteren Vorgänger in Belon (s. oben S. 348), so treten doch mit ihm die Schilderungen aus der Thieranatomie zuerst selbständig auf, allerdings noch in einer Form, welche sich nur als eine Erweiterung des Streites für und wider Galen darstellt. Noch umfassender in der Richtung seiner Untersuchungen war trägt Coiter's Zeichen, die Testudo ist ohne Zeichen, das Skelet des Pullus galli-
naceus ist mit G. P. D. (Georg Penz?) bezeichnet. Es sind also nicht sämmtliche Figuren von Coiter gezeichnet, wie Choulant angibt (Geschichte der anatomi- schen Abbildung. Leipzig, 1852. S. 66). Zootomiſche und vergleichend-anatomiſche Leiſtungen. er Schädel und Bruſtſchild beſonders ab, ebenſo wie er vom Spechtund Wendehals nur Abbildungen des Schädels gibt. Trotzdem daß Coiter zuerſt wieder die Entwickelung des Hühnchens verfolgte, ſo wäre doch der Gedanke, auch der Vergleichung überhaupt eine entwickelungs- geſchichtliche Grundlage zu geben, bei ihm ein Anachronismus geweſen. Er ſieht zwar am dritten Tage der Bebrütung das Herz pulſiren, ſchildert den Sinus terminalis und verfolgt die Formenveränderungen des Fötus von Tag zu Tag. Aber bei der noch mangelnden Einſicht in die allgemeinen anatomiſchen Verhältniſſe der Wirbelthiere konnte natürlich von einem richtigen Erfaſſen der allmählichen Formenent- wickelung des Vogelkörpers nicht die Rede ſein. Wie endlich Coiter bei den Skeleten nur die Formen einfach nebeneinanderſtellt, ohne den Verſuch zu machen, die einzelnen Theile weiter aufeinander zurückzu- führen, als ſich aus der allgemeinen Architektonik des Körperbaues und der ſich hieran anſchließenden Terminologie ergibt, ſo ſind auch ſeine Bemerkungen über einzelne anatomiſche Verhältniſſe der Säuge- thiere, Vögel und Reptilien nur zootomiſche Notizen ohne irgend welche Vergleichung, dagegen mit einzelnen Angaben über den Gebrauch ver- ſchiedener Theile durchſetzt. Aber auch hierbei gelangt er noch nicht zu einer Verfolgung derſelben Function durch eine größere Reihe thieri- ſcher Formen. Außer den Thieren, deren Skelete er ſchildert, hat er noch Schwein, Schaf, mehrere Vögel, die Viper u. a. zergliedert. Hatte auch Coiter in Bezug auf die Vergleichung des Knochengerüſtes der Vögel mit dem des Menſchen einen, und zwar des Vergleichungs- ziels ſich noch bewußteren Vorgänger in Belon (ſ. oben S. 348), ſo treten doch mit ihm die Schilderungen aus der Thieranatomie zuerſt ſelbſtändig auf, allerdings noch in einer Form, welche ſich nur als eine Erweiterung des Streites für und wider Galen darſtellt. Noch umfaſſender in der Richtung ſeiner Unterſuchungen war trägt Coiter's Zeichen, die Testudo iſt ohne Zeichen, das Skelet des Pullus galli-
naceus iſt mit G. P. D. (Georg Penz?) bezeichnet. Es ſind alſo nicht ſämmtliche Figuren von Coiter gezeichnet, wie Choulant angibt (Geſchichte der anatomi- ſchen Abbildung. Leipzig, 1852. S. 66). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0390" n="379"/><fw place="top" type="header">Zootomiſche und vergleichend-anatomiſche Leiſtungen.</fw><lb/> er Schädel und Bruſtſchild beſonders ab, ebenſo wie er vom Specht<lb/> und Wendehals nur Abbildungen des Schädels gibt. Trotzdem daß<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName> zuerſt wieder die Entwickelung des Hühnchens verfolgte, ſo wäre<lb/> doch der Gedanke, auch der Vergleichung überhaupt eine entwickelungs-<lb/> geſchichtliche Grundlage zu geben, bei ihm ein Anachronismus geweſen.<lb/> Er ſieht zwar am dritten Tage der Bebrütung das Herz pulſiren,<lb/> ſchildert den <hi rendition="#aq">Sinus terminalis</hi> und verfolgt die Formenveränderungen<lb/> des Fötus von Tag zu Tag. Aber bei der noch mangelnden Einſicht<lb/> in die allgemeinen anatomiſchen Verhältniſſe der Wirbelthiere konnte<lb/> natürlich von einem richtigen Erfaſſen der allmählichen Formenent-<lb/> wickelung des Vogelkörpers nicht die Rede ſein. Wie endlich <persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName> bei<lb/> den Skeleten nur die Formen einfach nebeneinanderſtellt, ohne den<lb/> Verſuch zu machen, die einzelnen Theile weiter aufeinander zurückzu-<lb/> führen, als ſich aus der allgemeinen Architektonik des Körperbaues<lb/> und der ſich hieran anſchließenden Terminologie ergibt, ſo ſind auch<lb/> ſeine Bemerkungen über einzelne anatomiſche Verhältniſſe der Säuge-<lb/> thiere, Vögel und Reptilien nur zootomiſche Notizen ohne irgend welche<lb/> Vergleichung, dagegen mit einzelnen Angaben über den Gebrauch ver-<lb/> ſchiedener Theile durchſetzt. Aber auch hierbei gelangt er noch nicht zu<lb/> einer Verfolgung derſelben Function durch eine größere Reihe thieri-<lb/> ſcher Formen. Außer den Thieren, deren Skelete er ſchildert, hat er<lb/> noch Schwein, Schaf, mehrere Vögel, die Viper u. a. zergliedert.<lb/> Hatte auch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName> in Bezug auf die Vergleichung des Knochengerüſtes<lb/> der Vögel mit dem des Menſchen einen, und zwar des Vergleichungs-<lb/> ziels ſich noch bewußteren Vorgänger in <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118120646">Belon</persName></hi> (ſ. oben S. 348), ſo<lb/> treten doch mit ihm die Schilderungen aus der Thieranatomie zuerſt<lb/> ſelbſtändig auf, allerdings noch in einer Form, welche ſich nur als<lb/> eine Erweiterung des Streites für und wider <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118537202">Galen</persName> darſtellt.</p><lb/> <p>Noch umfaſſender in der Richtung ſeiner Unterſuchungen war<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName>'s Zeitgenoſſe <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119215357">Hieronymus Fabricius</persName></hi> aus Aquapendente<lb/><note xml:id="seg2pn_26_2" prev="#seg2pn_26_1" place="foot" n="127)">trägt <persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName>'s Zeichen, die <hi rendition="#aq">Testudo</hi> iſt ohne Zeichen, das Skelet des <hi rendition="#aq">Pullus galli-<lb/> naceus</hi> iſt mit <hi rendition="#aq">G. P. D.</hi> (<persName ref="http://d-nb.info/gnd/118592602">Georg Penz</persName>?) bezeichnet. Es ſind alſo nicht ſämmtliche<lb/> Figuren von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName> gezeichnet, wie <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116507136">Choulant</persName></hi> angibt (Geſchichte der anatomi-<lb/> ſchen Abbildung. Leipzig, 1852. S. 66).</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [379/0390]
Zootomiſche und vergleichend-anatomiſche Leiſtungen.
er Schädel und Bruſtſchild beſonders ab, ebenſo wie er vom Specht
und Wendehals nur Abbildungen des Schädels gibt. Trotzdem daß
Coiter zuerſt wieder die Entwickelung des Hühnchens verfolgte, ſo wäre
doch der Gedanke, auch der Vergleichung überhaupt eine entwickelungs-
geſchichtliche Grundlage zu geben, bei ihm ein Anachronismus geweſen.
Er ſieht zwar am dritten Tage der Bebrütung das Herz pulſiren,
ſchildert den Sinus terminalis und verfolgt die Formenveränderungen
des Fötus von Tag zu Tag. Aber bei der noch mangelnden Einſicht
in die allgemeinen anatomiſchen Verhältniſſe der Wirbelthiere konnte
natürlich von einem richtigen Erfaſſen der allmählichen Formenent-
wickelung des Vogelkörpers nicht die Rede ſein. Wie endlich Coiter bei
den Skeleten nur die Formen einfach nebeneinanderſtellt, ohne den
Verſuch zu machen, die einzelnen Theile weiter aufeinander zurückzu-
führen, als ſich aus der allgemeinen Architektonik des Körperbaues
und der ſich hieran anſchließenden Terminologie ergibt, ſo ſind auch
ſeine Bemerkungen über einzelne anatomiſche Verhältniſſe der Säuge-
thiere, Vögel und Reptilien nur zootomiſche Notizen ohne irgend welche
Vergleichung, dagegen mit einzelnen Angaben über den Gebrauch ver-
ſchiedener Theile durchſetzt. Aber auch hierbei gelangt er noch nicht zu
einer Verfolgung derſelben Function durch eine größere Reihe thieri-
ſcher Formen. Außer den Thieren, deren Skelete er ſchildert, hat er
noch Schwein, Schaf, mehrere Vögel, die Viper u. a. zergliedert.
Hatte auch Coiter in Bezug auf die Vergleichung des Knochengerüſtes
der Vögel mit dem des Menſchen einen, und zwar des Vergleichungs-
ziels ſich noch bewußteren Vorgänger in Belon (ſ. oben S. 348), ſo
treten doch mit ihm die Schilderungen aus der Thieranatomie zuerſt
ſelbſtändig auf, allerdings noch in einer Form, welche ſich nur als
eine Erweiterung des Streites für und wider Galen darſtellt.
Noch umfaſſender in der Richtung ſeiner Unterſuchungen war
Coiter's Zeitgenoſſe Hieronymus Fabricius aus Aquapendente
127)
127) trägt Coiter's Zeichen, die Testudo iſt ohne Zeichen, das Skelet des Pullus galli-
naceus iſt mit G. P. D. (Georg Penz?) bezeichnet. Es ſind alſo nicht ſämmtliche
Figuren von Coiter gezeichnet, wie Choulant angibt (Geſchichte der anatomi-
ſchen Abbildung. Leipzig, 1852. S. 66).
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