Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Periode der encyklopädischen Darstellungen.
hatte in Italien den Unterricht Faloppia's, Eustachio's und Ulysses
Aldrovandi
's, in Montpellier den Rondelet's genossen und war dann
als französischer Feldarzt, zuletzt als Nürnberger Stadtarzt thätig ge-
wesen. Wohl vorzüglich durch Eustachio, welcher in einer weitergehen-
den Berücksichtigung zootomischen Materials seiner Darstellung eine
sicherer Unterlage zu geben suchte, zu ähnlichen Vergleichungen, und
durch Aldrovandi, seiner Mittheilung zufolge, zur Untersuchung der
Entwickelung des Hühnchens angeregt, untersuchte Coiter nicht nur
diese, sowie die Knochen des menschlichen Foetus und Kindes, um sie
mit dem Skelete des Erwachsenen zu vergleichen, sondern zog auch in
Bezug auf die Weichtheile die andern Wirbelthierclassen (mit Ausnahme
der Fische) in den Kreis der Betrachtungen126). Was zunächst die von
Coiter gegebenen osteologischen Darstellungen betrifft, so geht er bei
Vergleichung des Affenskelets mit dem menschlichen noch nicht überall
auf solche Punkte ein, welche jetzt als maßgebende bei einer Verglei-
chung gelten; er hebt aber doch manches Wichtige hervor. Für die
ganze Betrachtungsweise damaliger Zeit ist es charakteristisch, daß
Coiter zwar bei Schilderung des fötalen Schädels die weit offenen
Nähte und das spätere Vergrößern und Verwachsen der einzelnen
Schädelknochen beschreibt, aber doch bei dem Affenschädel einen ziem-
lichen Nachdruck auf die Verschiedenheit der Nähte legt. Er beschrieb;
aber er verglich nicht sowohl um das Gemeinsame, als um die Ver-
schiedenheiten hervorzuheben. So sind auch seine Darstellungen ver-
schiedener Skelete 127) Gesammtbilder; nur von der Schildkröte bildet

126) Externarum et internarum principalium humani corporis partium
tabulae etc. Noriberg. 1573.
Hier finden sich die Vergleichung des Affenskelets,
die Embryonalskelete, die Entwickelung des Hühnchen und die zootomischen No-
tizen. Die Skeletabbildungen sind den Lectiones G. Fallopii de partibus simi-
laribus humani corporis. Noriberg. 1575.
angehängt.
127) Die vier Tafeln geben Abbildungen der Skelete I. von Porcellus,
Martes, Lepus, Psittacus, II. Vulpes, Erinaceus, Sciurus, Talpa, Musculus,
Rana, III. Capra, Vespertilio, Testudo nemoralis, Pullus gallinaceus mon-
strosus, IV. Grus, Carbo aquaticus, Sturnus, Lacerta
und die Schädel von
Picus und Jynx. Die Tafeln I, II und IV sind gleich groß und von Coiter gezeich-
net, auch mit V. C. D. bezeichnet. Die Tafel III besteht aus drei Platten, welche
zusammen die Größe der übrigen haben. Die eine mit Capra und Vespertilio

Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.
hatte in Italien den Unterricht Faloppia's, Euſtachio's und Ulyſſes
Aldrovandi
's, in Montpellier den Rondelet's genoſſen und war dann
als franzöſiſcher Feldarzt, zuletzt als Nürnberger Stadtarzt thätig ge-
weſen. Wohl vorzüglich durch Euſtachio, welcher in einer weitergehen-
den Berückſichtigung zootomiſchen Materials ſeiner Darſtellung eine
ſicherer Unterlage zu geben ſuchte, zu ähnlichen Vergleichungen, und
durch Aldrovandi, ſeiner Mittheilung zufolge, zur Unterſuchung der
Entwickelung des Hühnchens angeregt, unterſuchte Coiter nicht nur
dieſe, ſowie die Knochen des menſchlichen Foetus und Kindes, um ſie
mit dem Skelete des Erwachſenen zu vergleichen, ſondern zog auch in
Bezug auf die Weichtheile die andern Wirbelthierclaſſen (mit Ausnahme
der Fiſche) in den Kreis der Betrachtungen126). Was zunächſt die von
Coiter gegebenen oſteologiſchen Darſtellungen betrifft, ſo geht er bei
Vergleichung des Affenſkelets mit dem menſchlichen noch nicht überall
auf ſolche Punkte ein, welche jetzt als maßgebende bei einer Verglei-
chung gelten; er hebt aber doch manches Wichtige hervor. Für die
ganze Betrachtungsweiſe damaliger Zeit iſt es charakteriſtiſch, daß
Coiter zwar bei Schilderung des fötalen Schädels die weit offenen
Nähte und das ſpätere Vergrößern und Verwachſen der einzelnen
Schädelknochen beſchreibt, aber doch bei dem Affenſchädel einen ziem-
lichen Nachdruck auf die Verſchiedenheit der Nähte legt. Er beſchrieb;
aber er verglich nicht ſowohl um das Gemeinſame, als um die Ver-
ſchiedenheiten hervorzuheben. So ſind auch ſeine Darſtellungen ver-
ſchiedener Skelete 127) Geſammtbilder; nur von der Schildkröte bildet

126) Externarum et internarum principalium humani corporis partium
tabulae etc. Noriberg. 1573.
Hier finden ſich die Vergleichung des Affenſkelets,
die Embryonalſkelete, die Entwickelung des Hühnchen und die zootomiſchen No-
tizen. Die Skeletabbildungen ſind den Lectiones G. Fallopii de partibus simi-
laribus humani corporis. Noriberg. 1575.
angehängt.
127) Die vier Tafeln geben Abbildungen der Skelete I. von Porcellus,
Martes, Lepus, Psittacus, II. Vulpes, Erinaceus, Sciurus, Talpa, Musculus,
Rana, III. Capra, Vespertilio, Testudo nemoralis, Pullus gallinaceus mon-
strosus, IV. Grus, Carbo aquaticus, Sturnus, Lacerta
und die Schädel von
Picus und Jynx. Die Tafeln I, II und IV ſind gleich groß und von Coiter gezeich-
net, auch mit V. C. D. bezeichnet. Die Tafel III beſteht aus drei Platten, welche
zuſammen die Größe der übrigen haben. Die eine mit Capra und Vespertilio
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0389" n="378"/><fw place="top" type="header">Periode der encyklopädi&#x017F;chen Dar&#x017F;tellungen.</fw><lb/>
hatte in Italien den Unterricht <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117498564">Faloppia</persName>'s, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100125670">Eu&#x017F;tachio</persName>'s und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118898825">Uly&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Aldrovandi</persName>'s, in Montpellier den <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117593966">Rondelet</persName>'s geno&#x017F;&#x017F;en und war dann<lb/>
als franzö&#x017F;i&#x017F;cher Feldarzt, zuletzt als Nürnberger Stadtarzt thätig ge-<lb/>
we&#x017F;en. Wohl vorzüglich durch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100125670">Eu&#x017F;tachio</persName>, welcher in einer weitergehen-<lb/>
den Berück&#x017F;ichtigung zootomi&#x017F;chen Materials &#x017F;einer Dar&#x017F;tellung eine<lb/>
&#x017F;icherer Unterlage zu geben &#x017F;uchte, zu ähnlichen Vergleichungen, und<lb/>
durch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118898825">Aldrovandi</persName>, &#x017F;einer Mittheilung zufolge, zur Unter&#x017F;uchung der<lb/>
Entwickelung des Hühnchens angeregt, unter&#x017F;uchte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName> nicht nur<lb/>
die&#x017F;e, &#x017F;owie die Knochen des men&#x017F;chlichen Foetus und Kindes, um &#x017F;ie<lb/>
mit dem Skelete des Erwach&#x017F;enen zu vergleichen, &#x017F;ondern zog auch in<lb/>
Bezug auf die Weichtheile die andern Wirbelthiercla&#x017F;&#x017F;en (mit Ausnahme<lb/>
der Fi&#x017F;che) in den Kreis der Betrachtungen<note place="foot" n="126)"><hi rendition="#aq">Externarum et internarum principalium humani corporis partium<lb/>
tabulae etc. Noriberg. 1573.</hi> Hier finden &#x017F;ich die Vergleichung des Affen&#x017F;kelets,<lb/>
die Embryonal&#x017F;kelete, die Entwickelung des Hühnchen und die zootomi&#x017F;chen No-<lb/>
tizen. Die Skeletabbildungen &#x017F;ind den <hi rendition="#aq">Lectiones G. Fallopii de partibus simi-<lb/>
laribus humani corporis. Noriberg. 1575.</hi> angehängt.</note>. Was zunäch&#x017F;t die von<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName> gegebenen o&#x017F;teologi&#x017F;chen Dar&#x017F;tellungen betrifft, &#x017F;o geht er bei<lb/>
Vergleichung des Affen&#x017F;kelets mit dem men&#x017F;chlichen noch nicht überall<lb/>
auf &#x017F;olche Punkte ein, welche jetzt als maßgebende bei einer Verglei-<lb/>
chung gelten; er hebt aber doch manches Wichtige hervor. Für die<lb/>
ganze Betrachtungswei&#x017F;e damaliger Zeit i&#x017F;t es charakteri&#x017F;ti&#x017F;ch, daß<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName> zwar bei Schilderung des fötalen Schädels die weit offenen<lb/>
Nähte und das &#x017F;pätere Vergrößern und Verwach&#x017F;en der einzelnen<lb/>
Schädelknochen be&#x017F;chreibt, aber doch bei dem Affen&#x017F;chädel einen ziem-<lb/>
lichen Nachdruck auf die Ver&#x017F;chiedenheit der Nähte legt. Er be&#x017F;chrieb;<lb/>
aber er verglich nicht &#x017F;owohl um das Gemein&#x017F;ame, als um die Ver-<lb/>
&#x017F;chiedenheiten hervorzuheben. So &#x017F;ind auch &#x017F;eine Dar&#x017F;tellungen ver-<lb/>
&#x017F;chiedener Skelete <note xml:id="seg2pn_26_1" next="#seg2pn_26_2" place="foot" n="127)">Die vier Tafeln geben Abbildungen der Skelete <hi rendition="#aq">I.</hi> von <hi rendition="#aq">Porcellus,<lb/>
Martes, Lepus, Psittacus, II. Vulpes, Erinaceus, Sciurus, Talpa, Musculus,<lb/>
Rana, III. Capra, Vespertilio, Testudo nemoralis, Pullus gallinaceus mon-<lb/>
strosus, IV. Grus, Carbo aquaticus, Sturnus, Lacerta</hi> und die Schädel von<lb/><hi rendition="#aq">Picus</hi> und <hi rendition="#aq">Jynx.</hi> Die Tafeln <hi rendition="#aq">I, II</hi> und <hi rendition="#aq">IV</hi> &#x017F;ind gleich groß und von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/128678232">Coiter</persName> gezeich-<lb/>
net, auch mit <hi rendition="#aq">V. C. D.</hi> bezeichnet. Die Tafel <hi rendition="#aq">III</hi> be&#x017F;teht aus drei Platten, welche<lb/>
zu&#x017F;ammen die Größe der übrigen haben. Die eine mit <hi rendition="#aq">Capra</hi> und <hi rendition="#aq">Vespertilio</hi></note> Ge&#x017F;ammtbilder; nur von der Schildkröte bildet<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[378/0389] Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen. hatte in Italien den Unterricht Faloppia's, Euſtachio's und Ulyſſes Aldrovandi's, in Montpellier den Rondelet's genoſſen und war dann als franzöſiſcher Feldarzt, zuletzt als Nürnberger Stadtarzt thätig ge- weſen. Wohl vorzüglich durch Euſtachio, welcher in einer weitergehen- den Berückſichtigung zootomiſchen Materials ſeiner Darſtellung eine ſicherer Unterlage zu geben ſuchte, zu ähnlichen Vergleichungen, und durch Aldrovandi, ſeiner Mittheilung zufolge, zur Unterſuchung der Entwickelung des Hühnchens angeregt, unterſuchte Coiter nicht nur dieſe, ſowie die Knochen des menſchlichen Foetus und Kindes, um ſie mit dem Skelete des Erwachſenen zu vergleichen, ſondern zog auch in Bezug auf die Weichtheile die andern Wirbelthierclaſſen (mit Ausnahme der Fiſche) in den Kreis der Betrachtungen 126). Was zunächſt die von Coiter gegebenen oſteologiſchen Darſtellungen betrifft, ſo geht er bei Vergleichung des Affenſkelets mit dem menſchlichen noch nicht überall auf ſolche Punkte ein, welche jetzt als maßgebende bei einer Verglei- chung gelten; er hebt aber doch manches Wichtige hervor. Für die ganze Betrachtungsweiſe damaliger Zeit iſt es charakteriſtiſch, daß Coiter zwar bei Schilderung des fötalen Schädels die weit offenen Nähte und das ſpätere Vergrößern und Verwachſen der einzelnen Schädelknochen beſchreibt, aber doch bei dem Affenſchädel einen ziem- lichen Nachdruck auf die Verſchiedenheit der Nähte legt. Er beſchrieb; aber er verglich nicht ſowohl um das Gemeinſame, als um die Ver- ſchiedenheiten hervorzuheben. So ſind auch ſeine Darſtellungen ver- ſchiedener Skelete 127) Geſammtbilder; nur von der Schildkröte bildet 126) Externarum et internarum principalium humani corporis partium tabulae etc. Noriberg. 1573. Hier finden ſich die Vergleichung des Affenſkelets, die Embryonalſkelete, die Entwickelung des Hühnchen und die zootomiſchen No- tizen. Die Skeletabbildungen ſind den Lectiones G. Fallopii de partibus simi- laribus humani corporis. Noriberg. 1575. angehängt. 127) Die vier Tafeln geben Abbildungen der Skelete I. von Porcellus, Martes, Lepus, Psittacus, II. Vulpes, Erinaceus, Sciurus, Talpa, Musculus, Rana, III. Capra, Vespertilio, Testudo nemoralis, Pullus gallinaceus mon- strosus, IV. Grus, Carbo aquaticus, Sturnus, Lacerta und die Schädel von Picus und Jynx. Die Tafeln I, II und IV ſind gleich groß und von Coiter gezeich- net, auch mit V. C. D. bezeichnet. Die Tafel III beſteht aus drei Platten, welche zuſammen die Größe der übrigen haben. Die eine mit Capra und Vespertilio

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/389
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/389>, abgerufen am 22.11.2024.