für deutsches Wesen ist es nun wohl, daß kaum drei Jahre nach dem Abschluß des westphälischen Friedens bei einzelnen Männern der Ge- danke an Gründung einer naturwissenschaftlichen Akademie rege und bald auch ausgeführt wurde. Es verlohnt sich auch hier, einen Blick auf die etwaige Förderung zu werfen, welche diesem Unternehmen aus der allgemeinen Theilnahme, namentlich aus dem Interesse an der Thierwelt erwachsen konnte. Die Zukunft der Wissenschaft lag aller- dings in den Händen der Gelehrten, besonders der Aerzte, welche allein den Beruf hatten, sich wissenschaftlich um die Natur zu bekümmern. Zu allen Zeiten aber hat die streng fachgemäße Forschung der belebten Natur eine Anregung von außen, theils in Folge besonders einschnei- dender praktischer Fragen oder zufälliger Funde, theils als Wirkung bedenklicher allgemein verbreiteter Irrthümer nicht entbehrt, aus einer solchen vielmehr häufig genug wichtige Vortheile gezogen.
Sieht man sich, um auch hier zu einem Einblick in die allgemein geläufige Auffassung und in die Stellung der Bevölkerung der Thier- welt gegenüber zu gelangen, in der nicht ärztlichen und nicht natur- wissenschaftlichen Litteratur um, so erhält man zum Theil merkwürdige Belege für die große, mehr als naive Leichtgläubigkeit, besonders aber wiederholt Zeugnisse für das zähe Leben so mancher älteren Sage. Das Zutrauen, was man jedem Berichte wunderbarer Begebenheiten entgegentrug, wurzelte allerdings vorzugsweise darin, daß die Beob- achtungskunst nur sehr mangelhaft entwickelt war. Man war einerseits vielen Naturerscheinungen gegenüber noch nicht vorbereitet, was man eigentlich zu sehen und zu erfassen haben werde, um es dann als eine weiter verwerthbare Thatsache benutzen zu können; andererseits be- gnügte man sich bei der Unkenntniß ja beim Fehlen jeder Ahnung eines gesetzmäßigen Verlaufes vieler Vorgänge mit äußerst unvollständigen Beobachtungen oder man ließ sich gar absichtlich, einer Ansicht zu Liebe, oder unabsichtlich täuschen, ohne das durch irgend eine Mitthei- lung etwa überlieferte Wunder genauer zu prüfen. Da man nun aber doch die Welt nicht einem planlosen Zufall preisgegeben annehmen konnte, so war es nicht allein die unzureichende Beobachtung, es war auch bei dem Mangel an nüchternem Urtheil über Naturerscheinungen,
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Ausgang des ſiebzehnten Jahrhunderts.
für deutſches Weſen iſt es nun wohl, daß kaum drei Jahre nach dem Abſchluß des weſtphäliſchen Friedens bei einzelnen Männern der Ge- danke an Gründung einer naturwiſſenſchaftlichen Akademie rege und bald auch ausgeführt wurde. Es verlohnt ſich auch hier, einen Blick auf die etwaige Förderung zu werfen, welche dieſem Unternehmen aus der allgemeinen Theilnahme, namentlich aus dem Intereſſe an der Thierwelt erwachſen konnte. Die Zukunft der Wiſſenſchaft lag aller- dings in den Händen der Gelehrten, beſonders der Aerzte, welche allein den Beruf hatten, ſich wiſſenſchaftlich um die Natur zu bekümmern. Zu allen Zeiten aber hat die ſtreng fachgemäße Forſchung der belebten Natur eine Anregung von außen, theils in Folge beſonders einſchnei- dender praktiſcher Fragen oder zufälliger Funde, theils als Wirkung bedenklicher allgemein verbreiteter Irrthümer nicht entbehrt, aus einer ſolchen vielmehr häufig genug wichtige Vortheile gezogen.
Sieht man ſich, um auch hier zu einem Einblick in die allgemein geläufige Auffaſſung und in die Stellung der Bevölkerung der Thier- welt gegenüber zu gelangen, in der nicht ärztlichen und nicht natur- wiſſenſchaftlichen Litteratur um, ſo erhält man zum Theil merkwürdige Belege für die große, mehr als naive Leichtgläubigkeit, beſonders aber wiederholt Zeugniſſe für das zähe Leben ſo mancher älteren Sage. Das Zutrauen, was man jedem Berichte wunderbarer Begebenheiten entgegentrug, wurzelte allerdings vorzugsweiſe darin, daß die Beob- achtungskunſt nur ſehr mangelhaft entwickelt war. Man war einerſeits vielen Naturerſcheinungen gegenüber noch nicht vorbereitet, was man eigentlich zu ſehen und zu erfaſſen haben werde, um es dann als eine weiter verwerthbare Thatſache benutzen zu können; andererſeits be- gnügte man ſich bei der Unkenntniß ja beim Fehlen jeder Ahnung eines geſetzmäßigen Verlaufes vieler Vorgänge mit äußerſt unvollſtändigen Beobachtungen oder man ließ ſich gar abſichtlich, einer Anſicht zu Liebe, oder unabſichtlich täuſchen, ohne das durch irgend eine Mitthei- lung etwa überlieferte Wunder genauer zu prüfen. Da man nun aber doch die Welt nicht einem planloſen Zufall preisgegeben annehmen konnte, ſo war es nicht allein die unzureichende Beobachtung, es war auch bei dem Mangel an nüchternem Urtheil über Naturerſcheinungen,
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Ausgang des ſiebzehnten Jahrhunderts.
für deutſches Weſen iſt es nun wohl, daß kaum drei Jahre nach dem
Abſchluß des weſtphäliſchen Friedens bei einzelnen Männern der Ge-
danke an Gründung einer naturwiſſenſchaftlichen Akademie rege und
bald auch ausgeführt wurde. Es verlohnt ſich auch hier, einen Blick
auf die etwaige Förderung zu werfen, welche dieſem Unternehmen aus
der allgemeinen Theilnahme, namentlich aus dem Intereſſe an der
Thierwelt erwachſen konnte. Die Zukunft der Wiſſenſchaft lag aller-
dings in den Händen der Gelehrten, beſonders der Aerzte, welche allein
den Beruf hatten, ſich wiſſenſchaftlich um die Natur zu bekümmern.
Zu allen Zeiten aber hat die ſtreng fachgemäße Forſchung der belebten
Natur eine Anregung von außen, theils in Folge beſonders einſchnei-
dender praktiſcher Fragen oder zufälliger Funde, theils als Wirkung
bedenklicher allgemein verbreiteter Irrthümer nicht entbehrt, aus einer
ſolchen vielmehr häufig genug wichtige Vortheile gezogen.
Sieht man ſich, um auch hier zu einem Einblick in die allgemein
geläufige Auffaſſung und in die Stellung der Bevölkerung der Thier-
welt gegenüber zu gelangen, in der nicht ärztlichen und nicht natur-
wiſſenſchaftlichen Litteratur um, ſo erhält man zum Theil merkwürdige
Belege für die große, mehr als naive Leichtgläubigkeit, beſonders aber
wiederholt Zeugniſſe für das zähe Leben ſo mancher älteren Sage.
Das Zutrauen, was man jedem Berichte wunderbarer Begebenheiten
entgegentrug, wurzelte allerdings vorzugsweiſe darin, daß die Beob-
achtungskunſt nur ſehr mangelhaft entwickelt war. Man war einerſeits
vielen Naturerſcheinungen gegenüber noch nicht vorbereitet, was man
eigentlich zu ſehen und zu erfaſſen haben werde, um es dann als eine
weiter verwerthbare Thatſache benutzen zu können; andererſeits be-
gnügte man ſich bei der Unkenntniß ja beim Fehlen jeder Ahnung eines
geſetzmäßigen Verlaufes vieler Vorgänge mit äußerſt unvollſtändigen
Beobachtungen oder man ließ ſich gar abſichtlich, einer Anſicht zu
Liebe, oder unabſichtlich täuſchen, ohne das durch irgend eine Mitthei-
lung etwa überlieferte Wunder genauer zu prüfen. Da man nun aber
doch die Welt nicht einem planloſen Zufall preisgegeben annehmen
konnte, ſo war es nicht allein die unzureichende Beobachtung, es war
auch bei dem Mangel an nüchternem Urtheil über Naturerſcheinungen,
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/398>, abgerufen am 22.11.2024.
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