fruchtbare Reihe bahnbrechender Gesichtspunkte. Sie haben aber sämmtlich ihren Ursprung in der Zeit, wo das Auge zum erstenmale "bewaffnet" der Natur genähert wurde, wie die Sprache sinnig die Entschiedenheit andeutet, mit welcher die menschliche Forschung den Kampf um die Geheimnisse der Natur aufnimmt.
Der Zeit nach gehört die Erfindung des Mikroskops streng ge- nommen noch in die vorige Periode. Wirklich fruchtbar wird es erst in dieser. Nicht Cornelius Drebbel von Alkmaar, wie man lange Zeit annahm, sondern die Brillenschleifer Hans und Zacha- rias Janssen (Vater und Sohn) in Middelburg waren es, welche zum erstenmale, zwischen 1590 und 1600 etwa, Linsen zur Herstellung eines zusammengesetzten Mikroskops mit einander verbanden6). Ein- fache Vergrößerungsmittel, als geschnittene Steine oder geschliffene Gläser müssen zwar einzelnen Thatsachen nach zu schließen auch den Alten schon bekannt gewesen sein. Es läßt sich aber nicht nachweisen, daß derartige Hülfsmittel genauerer Untersuchung vor dem sechzehnten Jahrhundert auf Naturgegenstände angewendet worden wären. In der genannten Zeit scheinen einfache Mikroskope oder Lupen zwar schon benutzt worden zu sein; aber sowohl ihre Form, die ursprünglich feste Verbindung eines Objectes mit dem Vergrößerungsglase (Vitra pu- licaria), als besonders die Einrichtung der Mikroskope für Beob- achtung undurchsichtiger Gegenstände mit auffallendem Lichte ließen nicht sogleich den unendlichen Vortheil erkennen, welchen der freie Ge- brauch derselben ergeben mußte. Es ist hier nicht der Ort, die allmäh- lichen Wandlungen und Vervollkommnungen des Mikroskops zu schil- dern. Von Bedeutung ist seine Anwendung. Nicht zu verwundern ist es, daß nicht bloß die strenge, sich ihrer Aufgabe bewußte Forschung das neue vielverheißende Werkzeug in ihre Dienste nahm, sondern daß sich die dilettirende Liebhaberei desselben zur Förderung der Gemüths-
6) In Bezug auf die Geschichte der Erfindung des Mikroskops sowie die ver- schiedenen anfangs gebräuchlichen Formen des einfachen und zusammengesetzten s. P. Harting, Das Mikroskop. Theorie, Gebrauch und Geschichte. Aus dem Holländischen von F. W. Theile. Braunschweig, 1859. S. 599 flgde. S. 657 flgde.
Einführung des Mikroſkops.
fruchtbare Reihe bahnbrechender Geſichtspunkte. Sie haben aber ſämmtlich ihren Urſprung in der Zeit, wo das Auge zum erſtenmale „bewaffnet“ der Natur genähert wurde, wie die Sprache ſinnig die Entſchiedenheit andeutet, mit welcher die menſchliche Forſchung den Kampf um die Geheimniſſe der Natur aufnimmt.
Der Zeit nach gehört die Erfindung des Mikroſkops ſtreng ge- nommen noch in die vorige Periode. Wirklich fruchtbar wird es erſt in dieſer. Nicht Cornelius Drebbel von Alkmaar, wie man lange Zeit annahm, ſondern die Brillenſchleifer Hans und Zacha- rias Janſſen (Vater und Sohn) in Middelburg waren es, welche zum erſtenmale, zwiſchen 1590 und 1600 etwa, Linſen zur Herſtellung eines zuſammengeſetzten Mikroſkops mit einander verbanden6). Ein- fache Vergrößerungsmittel, als geſchnittene Steine oder geſchliffene Gläſer müſſen zwar einzelnen Thatſachen nach zu ſchließen auch den Alten ſchon bekannt geweſen ſein. Es läßt ſich aber nicht nachweiſen, daß derartige Hülfsmittel genauerer Unterſuchung vor dem ſechzehnten Jahrhundert auf Naturgegenſtände angewendet worden wären. In der genannten Zeit ſcheinen einfache Mikroſkope oder Lupen zwar ſchon benutzt worden zu ſein; aber ſowohl ihre Form, die urſprünglich feſte Verbindung eines Objectes mit dem Vergrößerungsglaſe (Vitra pu- licaria), als beſonders die Einrichtung der Mikroſkope für Beob- achtung undurchſichtiger Gegenſtände mit auffallendem Lichte ließen nicht ſogleich den unendlichen Vortheil erkennen, welchen der freie Ge- brauch derſelben ergeben mußte. Es iſt hier nicht der Ort, die allmäh- lichen Wandlungen und Vervollkommnungen des Mikroskops zu ſchil- dern. Von Bedeutung iſt ſeine Anwendung. Nicht zu verwundern iſt es, daß nicht bloß die ſtrenge, ſich ihrer Aufgabe bewußte Forſchung das neue vielverheißende Werkzeug in ihre Dienſte nahm, ſondern daß ſich die dilettirende Liebhaberei deſſelben zur Förderung der Gemüths-
6) In Bezug auf die Geſchichte der Erfindung des Mikroſkops ſowie die ver- ſchiedenen anfangs gebräuchlichen Formen des einfachen und zuſammengeſetzten ſ. P. Harting, Das Mikroskop. Theorie, Gebrauch und Geſchichte. Aus dem Holländiſchen von F. W. Theile. Braunſchweig, 1859. S. 599 flgde. S. 657 flgde.
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[393)[392]/0404]
Einführung des Mikroſkops.
fruchtbare Reihe bahnbrechender Geſichtspunkte. Sie haben aber
ſämmtlich ihren Urſprung in der Zeit, wo das Auge zum erſtenmale
„bewaffnet“ der Natur genähert wurde, wie die Sprache ſinnig die
Entſchiedenheit andeutet, mit welcher die menſchliche Forſchung den
Kampf um die Geheimniſſe der Natur aufnimmt.
Der Zeit nach gehört die Erfindung des Mikroſkops ſtreng ge-
nommen noch in die vorige Periode. Wirklich fruchtbar wird es erſt
in dieſer. Nicht Cornelius Drebbel von Alkmaar, wie man
lange Zeit annahm, ſondern die Brillenſchleifer Hans und Zacha-
rias Janſſen (Vater und Sohn) in Middelburg waren es, welche
zum erſtenmale, zwiſchen 1590 und 1600 etwa, Linſen zur Herſtellung
eines zuſammengeſetzten Mikroſkops mit einander verbanden 6). Ein-
fache Vergrößerungsmittel, als geſchnittene Steine oder geſchliffene
Gläſer müſſen zwar einzelnen Thatſachen nach zu ſchließen auch den
Alten ſchon bekannt geweſen ſein. Es läßt ſich aber nicht nachweiſen,
daß derartige Hülfsmittel genauerer Unterſuchung vor dem ſechzehnten
Jahrhundert auf Naturgegenſtände angewendet worden wären. In der
genannten Zeit ſcheinen einfache Mikroſkope oder Lupen zwar ſchon
benutzt worden zu ſein; aber ſowohl ihre Form, die urſprünglich feſte
Verbindung eines Objectes mit dem Vergrößerungsglaſe (Vitra pu-
licaria), als beſonders die Einrichtung der Mikroſkope für Beob-
achtung undurchſichtiger Gegenſtände mit auffallendem Lichte ließen
nicht ſogleich den unendlichen Vortheil erkennen, welchen der freie Ge-
brauch derſelben ergeben mußte. Es iſt hier nicht der Ort, die allmäh-
lichen Wandlungen und Vervollkommnungen des Mikroskops zu ſchil-
dern. Von Bedeutung iſt ſeine Anwendung. Nicht zu verwundern iſt
es, daß nicht bloß die ſtrenge, ſich ihrer Aufgabe bewußte Forſchung
das neue vielverheißende Werkzeug in ihre Dienſte nahm, ſondern daß
ſich die dilettirende Liebhaberei deſſelben zur Förderung der Gemüths-
6) In Bezug auf die Geſchichte der Erfindung des Mikroſkops ſowie die ver-
ſchiedenen anfangs gebräuchlichen Formen des einfachen und zuſammengeſetzten ſ.
P. Harting, Das Mikroskop. Theorie, Gebrauch und Geſchichte. Aus dem
Holländiſchen von F. W. Theile. Braunſchweig, 1859. S. 599 flgde. S. 657
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 393)[392]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/404>, abgerufen am 22.11.2024.
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