micum zuerst in Frankfurt a. M. 1720 erschien und 1742 wiederholt gedruckt (oder mit neuem Titel versehen?) wurde. Sie bietet eine reiche Sammlung der zootomischen Litteratur der damaligen Zeit dar. Dieses Amphitheater enthält nicht bloß (in lateinischer Uebersetzung, wie das ganze Werk lateinisch bearbeitet ist) die Sammlung der von den Pa- riser Zergliederern (s. unten) gegebenen Zootomien, sondern auch die auf Thieranatomie bezüglichen Aufsätze der königlichen Gesellschaft in London, der deutschen Akademie, der Kopenhagner Abhandlungen, so- wie eine Anzahl einzelner Dissertationen. Als Sammlung der mono- graphischen Arbeiten der damaligen Zeit ist das Amphitheater selbst heute noch nützlich. Allerdings sind, wie es in der Natur der Sache liegt, größere Monographien nicht darin zu finden; so fehlt beispiels- weise Caldesi's Anatomie der Schildkröten, Tyson's Anatomie des Schimpanse und ähnliches; dagegen ist die Zergliederung des ame- rikanischen Opossum von Tyson mit Abbildung des Skelets, der Beu- telknochen, der männlichen Genitalorgane im Valentini aufgenommen. Auch weist die mitgetheilte Anatomie einer Meduse von Anton von Heide, welche die erste ist, die ein einigermaßen befriedigendes Bild vom Bau dieses Thieres gibt, darauf hin, daß man auch den nie- deren Thieren eingehende Aufmerksamkeit zu widmen begonnen hatte. Desselben Heide Anatomie der Muschel, Untersuchungen über englische und holsteiner Austern, über Sepien, die Argonauta und andere wir- bellose Thiere (besonders viel Insecten) machen die in Valentini's Am- phitheater gegebene Uebersicht über den Stand der Zootomie im An- fang des vorigen Jahrhunderts zu einer verhältnißmäßig recht voll- ständigen.
Schon aus den kurzen in vorstehenden Angaben enthaltenen Quellenverweisungen geht hervor, daß die Gelehrten der damaligen Zeit nicht mehr überall auf die sich bloß zufällig bietende Möglichkeit eines gegenseitigen Verkehrs angewiesen waren, daß sie vielmehr schon einzelne Vereinigungspunkte theils für persönliche Berührung, theils zur Sammlung der litterarischen Arbeiten hatten, welche ihnen sowohl Gelegenheit zur zweckmäßigen Ordnung und Veröffentlichung ihrer Arbeiten, als besonders auch Anregung zu solchen und Nachricht von
micum zuerſt in Frankfurt a. M. 1720 erſchien und 1742 wiederholt gedruckt (oder mit neuem Titel verſehen?) wurde. Sie bietet eine reiche Sammlung der zootomiſchen Litteratur der damaligen Zeit dar. Dieſes Amphitheater enthält nicht bloß (in lateiniſcher Ueberſetzung, wie das ganze Werk lateiniſch bearbeitet iſt) die Sammlung der von den Pa- riſer Zergliederern (ſ. unten) gegebenen Zootomien, ſondern auch die auf Thieranatomie bezüglichen Aufſätze der königlichen Geſellſchaft in London, der deutſchen Akademie, der Kopenhagner Abhandlungen, ſo- wie eine Anzahl einzelner Diſſertationen. Als Sammlung der mono- graphiſchen Arbeiten der damaligen Zeit iſt das Amphitheater ſelbſt heute noch nützlich. Allerdings ſind, wie es in der Natur der Sache liegt, größere Monographien nicht darin zu finden; ſo fehlt beiſpiels- weiſe Caldeſi's Anatomie der Schildkröten, Tyſon's Anatomie des Schimpanſe und ähnliches; dagegen iſt die Zergliederung des ame- rikaniſchen Opoſſum von Tyſon mit Abbildung des Skelets, der Beu- telknochen, der männlichen Genitalorgane im Valentini aufgenommen. Auch weiſt die mitgetheilte Anatomie einer Meduſe von Anton von Heide, welche die erſte iſt, die ein einigermaßen befriedigendes Bild vom Bau dieſes Thieres gibt, darauf hin, daß man auch den nie- deren Thieren eingehende Aufmerkſamkeit zu widmen begonnen hatte. Deſſelben Heide Anatomie der Muſchel, Unterſuchungen über engliſche und holſteiner Auſtern, über Sepien, die Argonauta und andere wir- belloſe Thiere (beſonders viel Inſecten) machen die in Valentini's Am- phitheater gegebene Ueberſicht über den Stand der Zootomie im An- fang des vorigen Jahrhunderts zu einer verhältnißmäßig recht voll- ſtändigen.
Schon aus den kurzen in vorſtehenden Angaben enthaltenen Quellenverweiſungen geht hervor, daß die Gelehrten der damaligen Zeit nicht mehr überall auf die ſich bloß zufällig bietende Möglichkeit eines gegenſeitigen Verkehrs angewieſen waren, daß ſie vielmehr ſchon einzelne Vereinigungspunkte theils für perſönliche Berührung, theils zur Sammlung der litterariſchen Arbeiten hatten, welche ihnen ſowohl Gelegenheit zur zweckmäßigen Ordnung und Veröffentlichung ihrer Arbeiten, als beſonders auch Anregung zu ſolchen und Nachricht von
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[407/0418]
Blaes, Valentini.
micum zuerſt in Frankfurt a. M. 1720 erſchien und 1742 wiederholt
gedruckt (oder mit neuem Titel verſehen?) wurde. Sie bietet eine reiche
Sammlung der zootomiſchen Litteratur der damaligen Zeit dar. Dieſes
Amphitheater enthält nicht bloß (in lateiniſcher Ueberſetzung, wie das
ganze Werk lateiniſch bearbeitet iſt) die Sammlung der von den Pa-
riſer Zergliederern (ſ. unten) gegebenen Zootomien, ſondern auch die
auf Thieranatomie bezüglichen Aufſätze der königlichen Geſellſchaft in
London, der deutſchen Akademie, der Kopenhagner Abhandlungen, ſo-
wie eine Anzahl einzelner Diſſertationen. Als Sammlung der mono-
graphiſchen Arbeiten der damaligen Zeit iſt das Amphitheater ſelbſt
heute noch nützlich. Allerdings ſind, wie es in der Natur der Sache
liegt, größere Monographien nicht darin zu finden; ſo fehlt beiſpiels-
weiſe Caldeſi's Anatomie der Schildkröten, Tyſon's Anatomie
des Schimpanſe und ähnliches; dagegen iſt die Zergliederung des ame-
rikaniſchen Opoſſum von Tyſon mit Abbildung des Skelets, der Beu-
telknochen, der männlichen Genitalorgane im Valentini aufgenommen.
Auch weiſt die mitgetheilte Anatomie einer Meduſe von Anton von
Heide, welche die erſte iſt, die ein einigermaßen befriedigendes
Bild vom Bau dieſes Thieres gibt, darauf hin, daß man auch den nie-
deren Thieren eingehende Aufmerkſamkeit zu widmen begonnen hatte.
Deſſelben Heide Anatomie der Muſchel, Unterſuchungen über engliſche
und holſteiner Auſtern, über Sepien, die Argonauta und andere wir-
belloſe Thiere (beſonders viel Inſecten) machen die in Valentini's Am-
phitheater gegebene Ueberſicht über den Stand der Zootomie im An-
fang des vorigen Jahrhunderts zu einer verhältnißmäßig recht voll-
ſtändigen.
Schon aus den kurzen in vorſtehenden Angaben enthaltenen
Quellenverweiſungen geht hervor, daß die Gelehrten der damaligen
Zeit nicht mehr überall auf die ſich bloß zufällig bietende Möglichkeit
eines gegenſeitigen Verkehrs angewieſen waren, daß ſie vielmehr ſchon
einzelne Vereinigungspunkte theils für perſönliche Berührung, theils
zur Sammlung der litterariſchen Arbeiten hatten, welche ihnen ſowohl
Gelegenheit zur zweckmäßigen Ordnung und Veröffentlichung ihrer
Arbeiten, als beſonders auch Anregung zu ſolchen und Nachricht von
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/418>, abgerufen am 22.11.2024.
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