Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Vorwort. neuern Zeit zusammen, sondern bereits in das dreizehnte Jahrhundertfällt, konnte eine Darstellung der nicht bloß für die Geschichte der Zoo- logie wichtigen Erscheinungen, welche jenen Wendepunkt in der Cultur- geschichte auszeichnen, nicht ohne eingehende Untersuchung der noch weiter zurückliegenden Aeußerungen wissenschaftlichen Lebens gegeben werden. Wenn auch der Entwickelung der Vorstellungen von einzelnen Thieren, der Ansichten vom Leben und Treiben specieller Formen, welche häufig den Inhalt allgemeiner Anschauungen bedingt haben, nach dem Plane der vorliegenden Gesammtschilderung nicht nachgegangen werden konnte, so durfte doch eine ausführliche Besprechung der Lehr- und Unterrichtsmittel und Schriftwerke aus früherer Zeit, welche die Continuität jener zum großen Theile erhalten haben, um so weniger vermieden werden, als gerade dieser Seite der Geschichte der eigenen Wissenschaft von den Fachmännern so gut wie gar keine Aufmerksamkeit geschenkt worden ist. Es mag hier beispielsweise nur an die Zoologie der Araber und an den Physiologus erinnert werden. Jene kennt man auch heute meist nur aus den von Bochart und einigen wenigen Andern gegebenen Auszügen; dieser war wohl den Philologen in einzelnen Bearbeitungen bekannt, doch dürfte es auch für die Zoologen nicht unwichtig sein zu sehn, wie eine kleine Anzahl nicht einmal kritisch und vorurtheilsfrei zusammengestellter Angaben ein volles Jahrtausend hindurch den allgemeinen Anforderungen an ein populäres Thierbuch genügt zu haben scheint. Es galt hier aber nicht bloß den Fachgenossen Auskunft über im Ganzen wohl an Entdeckungen unfruchtbare Jahr- hunderte zu geben. Man begegnet gleich in den ersten Werken der neueren Zeit einer Menge höchst eigenthümlicher Anschauungen und wunderbarer Mittheilungen, welche für den Fortschritt nicht unwesent- liche Momente aus dem Zustande der Wissenschaft in jener Zeit selbst nicht, wohl aber aus ihrer Vorgeschichte zu erklären sind. Da diese in einer allgemeinen Culturgeschichte des Mittelalters höchstens andeutungs- weise berührt werden könnten, durfte die Schwierigkeit, den rothen Vorwort. neuern Zeit zuſammen, ſondern bereits in das dreizehnte Jahrhundertfällt, konnte eine Darſtellung der nicht bloß für die Geſchichte der Zoo- logie wichtigen Erſcheinungen, welche jenen Wendepunkt in der Cultur- geſchichte auszeichnen, nicht ohne eingehende Unterſuchung der noch weiter zurückliegenden Aeußerungen wiſſenſchaftlichen Lebens gegeben werden. Wenn auch der Entwickelung der Vorſtellungen von einzelnen Thieren, der Anſichten vom Leben und Treiben ſpecieller Formen, welche häufig den Inhalt allgemeiner Anſchauungen bedingt haben, nach dem Plane der vorliegenden Geſammtſchilderung nicht nachgegangen werden konnte, ſo durfte doch eine ausführliche Beſprechung der Lehr- und Unterrichtsmittel und Schriftwerke aus früherer Zeit, welche die Continuität jener zum großen Theile erhalten haben, um ſo weniger vermieden werden, als gerade dieſer Seite der Geſchichte der eigenen Wiſſenſchaft von den Fachmännern ſo gut wie gar keine Aufmerkſamkeit geſchenkt worden iſt. Es mag hier beiſpielsweiſe nur an die Zoologie der Araber und an den Phyſiologus erinnert werden. Jene kennt man auch heute meiſt nur aus den von Bochart und einigen wenigen Andern gegebenen Auszügen; dieſer war wohl den Philologen in einzelnen Bearbeitungen bekannt, doch dürfte es auch für die Zoologen nicht unwichtig ſein zu ſehn, wie eine kleine Anzahl nicht einmal kritiſch und vorurtheilsfrei zuſammengeſtellter Angaben ein volles Jahrtauſend hindurch den allgemeinen Anforderungen an ein populäres Thierbuch genügt zu haben ſcheint. Es galt hier aber nicht bloß den Fachgenoſſen Auskunft über im Ganzen wohl an Entdeckungen unfruchtbare Jahr- hunderte zu geben. Man begegnet gleich in den erſten Werken der neueren Zeit einer Menge höchſt eigenthümlicher Anſchauungen und wunderbarer Mittheilungen, welche für den Fortſchritt nicht unweſent- liche Momente aus dem Zuſtande der Wiſſenſchaft in jener Zeit ſelbſt nicht, wohl aber aus ihrer Vorgeſchichte zu erklären ſind. 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Vorwort.
neuern Zeit zuſammen, ſondern bereits in das dreizehnte Jahrhundert
fällt, konnte eine Darſtellung der nicht bloß für die Geſchichte der Zoo-
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geſchichte auszeichnen, nicht ohne eingehende Unterſuchung der noch
weiter zurückliegenden Aeußerungen wiſſenſchaftlichen Lebens gegeben
werden. Wenn auch der Entwickelung der Vorſtellungen von einzelnen
Thieren, der Anſichten vom Leben und Treiben ſpecieller Formen,
welche häufig den Inhalt allgemeiner Anſchauungen bedingt haben, nach
dem Plane der vorliegenden Geſammtſchilderung nicht nachgegangen
werden konnte, ſo durfte doch eine ausführliche Beſprechung der Lehr-
und Unterrichtsmittel und Schriftwerke aus früherer Zeit, welche die
Continuität jener zum großen Theile erhalten haben, um ſo weniger
vermieden werden, als gerade dieſer Seite der Geſchichte der eigenen
Wiſſenſchaft von den Fachmännern ſo gut wie gar keine Aufmerkſamkeit
geſchenkt worden iſt. Es mag hier beiſpielsweiſe nur an die Zoologie
der Araber und an den Phyſiologus erinnert werden. Jene kennt man
auch heute meiſt nur aus den von Bochart und einigen wenigen Andern
gegebenen Auszügen; dieſer war wohl den Philologen in einzelnen
Bearbeitungen bekannt, doch dürfte es auch für die Zoologen nicht
unwichtig ſein zu ſehn, wie eine kleine Anzahl nicht einmal kritiſch und
vorurtheilsfrei zuſammengeſtellter Angaben ein volles Jahrtauſend
hindurch den allgemeinen Anforderungen an ein populäres Thierbuch
genügt zu haben ſcheint. Es galt hier aber nicht bloß den Fachgenoſſen
Auskunft über im Ganzen wohl an Entdeckungen unfruchtbare Jahr-
hunderte zu geben. Man begegnet gleich in den erſten Werken der
neueren Zeit einer Menge höchſt eigenthümlicher Anſchauungen und
wunderbarer Mittheilungen, welche für den Fortſchritt nicht unweſent-
liche Momente aus dem Zuſtande der Wiſſenſchaft in jener Zeit ſelbſt
nicht, wohl aber aus ihrer Vorgeſchichte zu erklären ſind. Da dieſe in
einer allgemeinen Culturgeſchichte des Mittelalters höchſtens
andeutungs-
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