nach Belieben mit verschiedenen Namen belegen darf und daß es bei der Anordnung verschiedener Formen nach ihren gegenseitigen Beziehungen nicht bloß von Werth, sondern geradezu unerläßlich ist, für die einzelnen Ver- hältnisse auch gleiche, eine bestimmte Bedeutung enthaltende Bezeich- nungen zu haben.
Linne's Bestreben war nun nach diesen Richtungen hin vorzüglich darauf gerichtet, die Kunstsprache im weiteren Sinne festzustellen. Um hier das wenn auch Nothwendige, doch nicht Bedeutungsvollste zuerst zu nennen, so muß auf die in den Fundamenten enthaltenen Uebersichten der Theile und Merkmalsgruppen hingewiesen werden, welche er selbst, wie erwähnt, zwar nur für einzelne Theile ausgearbeitet hat, welche er aber in ähnlicher Weise seinen Schilderungen aller übrigen Classen zu Grunde gelegt hat. Für jede einzelne Classe entwarf er Listen, in welchen die äußeren und anatomischen Verhältnisse nach den vorkom- menden Verschiedenheiten in ihrer Form, ihrem Bau, ihrer Anordnung u. s. f. unter ein für allemal festgestellten Bezeichnungen aufgeführt werden, welche also den jeder Classe eignen Merkmalskreis umfassen45). Mittelst derselben wurde es möglich, einzelne Arten in kurzen, allgemein verständlichen und nicht zu mißdeutenden Definitionen oder "Diagnosen" zu kennzeichnen. Diese Diagnosen innerhalb einer bestimmten kleinen Zahl von Worten zu halten, war vielleicht schon zu Linne's Zeit eine zu eng gehaltene Vorschrift; sie hatte aber das Gute, die Beschreiber neuer Arten darauf hinzuweisen, daß nur die wichtigsten Unterschiede anzuführen seien; zu diesem Zwecke mußten aber wiederum die Formen selbst genauer und allseitiger beobachtet werden. Die Diagnosen zu erweitern, stellte sich dann als nothwendig heraus, als mit dem immer weiteren Eindringen in den Formenreichthum einzelner Gruppen die Schwierigkeit wuchs, die Verschiedenheit zweier oder mehrerer Formen aus wenig Merkmalen nachzuweisen. -- Noch wichtiger war die con- sequent durchgeführte Gliederung des Systems in Classen, Ordnungen, Gattungen, Arten und Varietäten. Während vor Linne, auch noch bei
45) So gibt Linne in der Fauna suecica vor der Schilderung der einzelnen Thiere eine Uebersicht der zu Merkmalen benutzten Theile unter der Rubrik "Ter- mini artis", 1746.
nach Belieben mit verſchiedenen Namen belegen darf und daß es bei der Anordnung verſchiedener Formen nach ihren gegenſeitigen Beziehungen nicht bloß von Werth, ſondern geradezu unerläßlich iſt, für die einzelnen Ver- hältniſſe auch gleiche, eine beſtimmte Bedeutung enthaltende Bezeich- nungen zu haben.
Linné's Beſtreben war nun nach dieſen Richtungen hin vorzüglich darauf gerichtet, die Kunſtſprache im weiteren Sinne feſtzuſtellen. Um hier das wenn auch Nothwendige, doch nicht Bedeutungsvollſte zuerſt zu nennen, ſo muß auf die in den Fundamenten enthaltenen Ueberſichten der Theile und Merkmalsgruppen hingewieſen werden, welche er ſelbſt, wie erwähnt, zwar nur für einzelne Theile ausgearbeitet hat, welche er aber in ähnlicher Weiſe ſeinen Schilderungen aller übrigen Claſſen zu Grunde gelegt hat. Für jede einzelne Claſſe entwarf er Liſten, in welchen die äußeren und anatomiſchen Verhältniſſe nach den vorkom- menden Verſchiedenheiten in ihrer Form, ihrem Bau, ihrer Anordnung u. ſ. f. unter ein für allemal feſtgeſtellten Bezeichnungen aufgeführt werden, welche alſo den jeder Claſſe eignen Merkmalskreis umfaſſen45). Mittelſt derſelben wurde es möglich, einzelne Arten in kurzen, allgemein verſtändlichen und nicht zu mißdeutenden Definitionen oder „Diagnoſen“ zu kennzeichnen. Dieſe Diagnoſen innerhalb einer beſtimmten kleinen Zahl von Worten zu halten, war vielleicht ſchon zu Linné's Zeit eine zu eng gehaltene Vorſchrift; ſie hatte aber das Gute, die Beſchreiber neuer Arten darauf hinzuweiſen, daß nur die wichtigſten Unterſchiede anzuführen ſeien; zu dieſem Zwecke mußten aber wiederum die Formen ſelbſt genauer und allſeitiger beobachtet werden. Die Diagnoſen zu erweitern, ſtellte ſich dann als nothwendig heraus, als mit dem immer weiteren Eindringen in den Formenreichthum einzelner Gruppen die Schwierigkeit wuchs, die Verſchiedenheit zweier oder mehrerer Formen aus wenig Merkmalen nachzuweiſen. — Noch wichtiger war die con- ſequent durchgeführte Gliederung des Syſtems in Claſſen, Ordnungen, Gattungen, Arten und Varietäten. Während vor Linné, auch noch bei
45) So gibt Linné in der Fauna suecica vor der Schilderung der einzelnen Thiere eine Ueberſicht der zu Merkmalen benutzten Theile unter der Rubrik »Ter- mini artis«, 1746.
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Carl von Linné.
nach Belieben mit verſchiedenen Namen belegen darf und daß es bei der
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nicht bloß von Werth, ſondern geradezu unerläßlich iſt, für die einzelnen Ver-
hältniſſe auch gleiche, eine beſtimmte Bedeutung enthaltende Bezeich-
nungen zu haben.
Linné's Beſtreben war nun nach dieſen Richtungen hin vorzüglich
darauf gerichtet, die Kunſtſprache im weiteren Sinne feſtzuſtellen. Um
hier das wenn auch Nothwendige, doch nicht Bedeutungsvollſte zuerſt
zu nennen, ſo muß auf die in den Fundamenten enthaltenen Ueberſichten
der Theile und Merkmalsgruppen hingewieſen werden, welche er ſelbſt,
wie erwähnt, zwar nur für einzelne Theile ausgearbeitet hat, welche
er aber in ähnlicher Weiſe ſeinen Schilderungen aller übrigen Claſſen
zu Grunde gelegt hat. Für jede einzelne Claſſe entwarf er Liſten, in
welchen die äußeren und anatomiſchen Verhältniſſe nach den vorkom-
menden Verſchiedenheiten in ihrer Form, ihrem Bau, ihrer Anordnung
u. ſ. f. unter ein für allemal feſtgeſtellten Bezeichnungen aufgeführt
werden, welche alſo den jeder Claſſe eignen Merkmalskreis umfaſſen 45).
Mittelſt derſelben wurde es möglich, einzelne Arten in kurzen, allgemein
verſtändlichen und nicht zu mißdeutenden Definitionen oder „Diagnoſen“
zu kennzeichnen. Dieſe Diagnoſen innerhalb einer beſtimmten kleinen
Zahl von Worten zu halten, war vielleicht ſchon zu Linné's Zeit eine
zu eng gehaltene Vorſchrift; ſie hatte aber das Gute, die Beſchreiber
neuer Arten darauf hinzuweiſen, daß nur die wichtigſten Unterſchiede
anzuführen ſeien; zu dieſem Zwecke mußten aber wiederum die Formen
ſelbſt genauer und allſeitiger beobachtet werden. Die Diagnoſen zu
erweitern, ſtellte ſich dann als nothwendig heraus, als mit dem immer
weiteren Eindringen in den Formenreichthum einzelner Gruppen die
Schwierigkeit wuchs, die Verſchiedenheit zweier oder mehrerer Formen
aus wenig Merkmalen nachzuweiſen. — Noch wichtiger war die con-
ſequent durchgeführte Gliederung des Syſtems in Claſſen, Ordnungen,
Gattungen, Arten und Varietäten. Während vor Linné, auch noch bei
45) So gibt Linné in der Fauna suecica vor der Schilderung der einzelnen
Thiere eine Ueberſicht der zu Merkmalen benutzten Theile unter der Rubrik »Ter-
mini artis«, 1746.
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/510>, abgerufen am 22.11.2024.
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