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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Systematik.
durch den glänzenden Stil und die blendenden Schilderungen den
Mangel an folgerichtigen Schlüssen sowie selbst an den nöthigen that-
sächlichen Unterlagen zu übersehen verleitete, welche beide aber, sowohl
Buffon als der viel besonnenere Bonnet die Nothwendigkeit erkennen
ließen, den zoologischen Einzelnerfahrungen durch allgemeine Ideen einen
geistigen Zusammenhalt zu geben. Georges Louis Leclerc,
1707 in Montbard geboren, war der Sohn eines begüterten Parla-
mentsraths von Burgund, Benjamin Leclerc. Er nannte sich später,
der Sitte der Zeit folgend, nach einer seiner Besitzungen de Buffon,
unter welchem Namen er auch in den Grafenstand erhoben wurde.
Anfangs mathematischen Studien ergeben, wurde er 1733 Mitglied
der Akademie der Wissenschaften in Paris als Geometer. Nun war
der Pflanzengarten in Paris von den mit der Leitung beauftragten
ersten Leibärzten des Königs bedeutend vernachlässigt und endlich zur
Abhülfe dieses Uebelstandes der als Chemiker und Physiker bekannte
Charles Francois de Cisternay Dufay zu dessen Vorstand bestellt
worden. Vor seinem Tode bezeichnete Dufay dem Minister den jungen
Buffon als seinen wünschenswerthesten Nachfolger. Und mit der Er-
nennung zum Intendanten des Pflanzengartens 1739 betrachtete
Buffon die Hebung dieser Anstalt und die Pflege der Naturgeschichte
als seine Lebensaufgabe. Da er durch ein schwaches Gesicht an anhal-
tendem eignen Beobachten gehindert wurde, verband er sich nach einigen
Jahren mit dem gleichfalls (1716) in Montbard geborenen Louis
Marie Daubenton
(gest. 1799 in Paris), welcher den anatomi-
schen Theil der von Buffon beabsichtigten Thierschilderungen übernahm.
Buffon war ein Feind des strengen Systematisirens und erblickte in
den Versuchen Linne's, die Naturgegenstände nach einzelnen, freilich
aus ihrer Gesammtorganisation abgeleiteten Merkmalen in gewisse
größere und kleinere Gruppen zu ordnen, einen der Naturbetrachtung
auferlegten Zwang. Diesem strengen methodischen Gange entschloß
er sich deshalb eine Naturbeschreibung gegenüberzustellen, welche theils
durch den Reichthum der Detailschilderungen, theils durch einen mög-
lichst weitumfassenden Gesichtspunkt sowohl der Beschäftigung mit der
Natur neue Reize verleihen als auch den einzelnen Thatsachen eine be-

Periode der Syſtematik.
durch den glänzenden Stil und die blendenden Schilderungen den
Mangel an folgerichtigen Schlüſſen ſowie ſelbſt an den nöthigen that-
ſächlichen Unterlagen zu überſehen verleitete, welche beide aber, ſowohl
Buffon als der viel beſonnenere Bonnet die Nothwendigkeit erkennen
ließen, den zoologiſchen Einzelnerfahrungen durch allgemeine Ideen einen
geiſtigen Zuſammenhalt zu geben. Georges Louis Leclerc,
1707 in Montbard geboren, war der Sohn eines begüterten Parla-
mentsraths von Burgund, Benjamin Leclerc. Er nannte ſich ſpäter,
der Sitte der Zeit folgend, nach einer ſeiner Beſitzungen de Buffon,
unter welchem Namen er auch in den Grafenſtand erhoben wurde.
Anfangs mathematiſchen Studien ergeben, wurde er 1733 Mitglied
der Akademie der Wiſſenſchaften in Paris als Geometer. Nun war
der Pflanzengarten in Paris von den mit der Leitung beauftragten
erſten Leibärzten des Königs bedeutend vernachläſſigt und endlich zur
Abhülfe dieſes Uebelſtandes der als Chemiker und Phyſiker bekannte
Charles François de Ciſternay Dufay zu deſſen Vorſtand beſtellt
worden. Vor ſeinem Tode bezeichnete Dufay dem Miniſter den jungen
Buffon als ſeinen wünſchenswertheſten Nachfolger. Und mit der Er-
nennung zum Intendanten des Pflanzengartens 1739 betrachtete
Buffon die Hebung dieſer Anſtalt und die Pflege der Naturgeſchichte
als ſeine Lebensaufgabe. Da er durch ein ſchwaches Geſicht an anhal-
tendem eignen Beobachten gehindert wurde, verband er ſich nach einigen
Jahren mit dem gleichfalls (1716) in Montbard geborenen Louis
Marie Daubenton
(geſt. 1799 in Paris), welcher den anatomi-
ſchen Theil der von Buffon beabſichtigten Thierſchilderungen übernahm.
Buffon war ein Feind des ſtrengen Syſtematiſirens und erblickte in
den Verſuchen Linné's, die Naturgegenſtände nach einzelnen, freilich
aus ihrer Geſammtorganiſation abgeleiteten Merkmalen in gewiſſe
größere und kleinere Gruppen zu ordnen, einen der Naturbetrachtung
auferlegten Zwang. Dieſem ſtrengen methodiſchen Gange entſchloß
er ſich deshalb eine Naturbeſchreibung gegenüberzuſtellen, welche theils
durch den Reichthum der Detailſchilderungen, theils durch einen mög-
lichſt weitumfaſſenden Geſichtspunkt ſowohl der Beſchäftigung mit der
Natur neue Reize verleihen als auch den einzelnen Thatſachen eine be-

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[522/0533] Periode der Syſtematik. durch den glänzenden Stil und die blendenden Schilderungen den Mangel an folgerichtigen Schlüſſen ſowie ſelbſt an den nöthigen that- ſächlichen Unterlagen zu überſehen verleitete, welche beide aber, ſowohl Buffon als der viel beſonnenere Bonnet die Nothwendigkeit erkennen ließen, den zoologiſchen Einzelnerfahrungen durch allgemeine Ideen einen geiſtigen Zuſammenhalt zu geben. Georges Louis Leclerc, 1707 in Montbard geboren, war der Sohn eines begüterten Parla- mentsraths von Burgund, Benjamin Leclerc. Er nannte ſich ſpäter, der Sitte der Zeit folgend, nach einer ſeiner Beſitzungen de Buffon, unter welchem Namen er auch in den Grafenſtand erhoben wurde. Anfangs mathematiſchen Studien ergeben, wurde er 1733 Mitglied der Akademie der Wiſſenſchaften in Paris als Geometer. Nun war der Pflanzengarten in Paris von den mit der Leitung beauftragten erſten Leibärzten des Königs bedeutend vernachläſſigt und endlich zur Abhülfe dieſes Uebelſtandes der als Chemiker und Phyſiker bekannte Charles François de Ciſternay Dufay zu deſſen Vorſtand beſtellt worden. Vor ſeinem Tode bezeichnete Dufay dem Miniſter den jungen Buffon als ſeinen wünſchenswertheſten Nachfolger. Und mit der Er- nennung zum Intendanten des Pflanzengartens 1739 betrachtete Buffon die Hebung dieſer Anſtalt und die Pflege der Naturgeſchichte als ſeine Lebensaufgabe. Da er durch ein ſchwaches Geſicht an anhal- tendem eignen Beobachten gehindert wurde, verband er ſich nach einigen Jahren mit dem gleichfalls (1716) in Montbard geborenen Louis Marie Daubenton (geſt. 1799 in Paris), welcher den anatomi- ſchen Theil der von Buffon beabſichtigten Thierſchilderungen übernahm. Buffon war ein Feind des ſtrengen Syſtematiſirens und erblickte in den Verſuchen Linné's, die Naturgegenſtände nach einzelnen, freilich aus ihrer Geſammtorganiſation abgeleiteten Merkmalen in gewiſſe größere und kleinere Gruppen zu ordnen, einen der Naturbetrachtung auferlegten Zwang. Dieſem ſtrengen methodiſchen Gange entſchloß er ſich deshalb eine Naturbeſchreibung gegenüberzuſtellen, welche theils durch den Reichthum der Detailſchilderungen, theils durch einen mög- lichſt weitumfaſſenden Geſichtspunkt ſowohl der Beſchäftigung mit der Natur neue Reize verleihen als auch den einzelnen Thatſachen eine be-

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/533>, abgerufen am 22.11.2024.