Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Periode der Systematik. staltet haben, tauchten schon bei ihm auf oder sind geradezu auf ihnzurückzuführen. Die Gerechtigkeit erfordert es daher, ein Gesammtbild seiner Thätigkeit zu geben. Peter Simon Pallas war am 22. September 1741 in Berlin geboren. Als Sohn eines Arztes wurde auch er zur Medicin bestimmt. Aber schon als Student fieng er, zur Naturgeschichte hingezogen, an, über eine naturgemäßere Anordnung mehrerer Thierclassen Betrachtungen anzustellen. Ein Aufenthalt in Leyden, wo er unter Albinus, Gaubius und Musschenbroek studirte, sowie eine von dort nach England unternommene Reise festigten den Entschluß in ihm, sich ganz der Naturgeschichte zu widmen. Mit neun- zehn Jahren wurde er Doctor und schon seine 1760 veröffentlichte Dissertation zeichnet sich durch Umsicht und Ruhe des Urtheils und scharfe Beobachtung aus. Er schildert darin mehrere Gattungen von Helminthen meist schärfer, als es bisher der Fall gewesen war. Die Frage nach dem Ursprunge der Würmer innerhalb anderer Thiere ver- weist er betreffs einer richtigen Beantwortung an den Versuch und die Beobachtung, wobei gleich hier bemerkt werden mag, daß er später58) zu beweisen sucht, die Eier der Würmer kämen von außen in den Kör- per der Wohnthiere. Eine Frucht seines Studiums in den holländischen und englischen Museen und Meeren war die 1766 erschienene Aufzäh- lung der Zoophyten. Außer der richtigen Auffassung des Polypenstocks als verkalkten Gesammttheils der Einzelthiere (im Gegensatz zu der Be- trachtung desselben als einfacher Gehäusbildung) und einer scharfen Charakterisirung der Gattungen und Arten bietet diese Schrift in ihrer Einleitung auch eine Bekämpfung der einreihigen als Stufenleiter er- faßten Anordnung der Thiere dar. An die Stelle dieser besonders durch Bonnet, wie erwähnt, befürworteten Idee führte Pallas zum erstenmale das Bild eines sich vielfach verzweigenden Baumes ein, dessen Aeste sich nur an ihrem Ursprunge berührten, während die Spitzen stets aus- einander giengen. In demselben Jahre erschienen seine zoologischen Miscellaneen. Dieselben enthalten mehrere später in den Spicilegien wieder abgedruckten und erweiterten Schilderungen neuer Thierformen, 58) Neue nord. Beiträge, Bd. 1. 1781. S. 43. Goeze sucht ihn in dem
Versuch einer Naturgeschichte der Eingeweidewürmer, 1782, S. 29, zu widerlegen. Periode der Syſtematik. ſtaltet haben, tauchten ſchon bei ihm auf oder ſind geradezu auf ihnzurückzuführen. Die Gerechtigkeit erfordert es daher, ein Geſammtbild ſeiner Thätigkeit zu geben. Peter Simon Pallas war am 22. September 1741 in Berlin geboren. Als Sohn eines Arztes wurde auch er zur Medicin beſtimmt. Aber ſchon als Student fieng er, zur Naturgeſchichte hingezogen, an, über eine naturgemäßere Anordnung mehrerer Thierclaſſen Betrachtungen anzuſtellen. Ein Aufenthalt in Leyden, wo er unter Albinus, Gaubius und Muſſchenbroek ſtudirte, ſowie eine von dort nach England unternommene Reiſe feſtigten den Entſchluß in ihm, ſich ganz der Naturgeſchichte zu widmen. Mit neun- zehn Jahren wurde er Doctor und ſchon ſeine 1760 veröffentlichte Diſſertation zeichnet ſich durch Umſicht und Ruhe des Urtheils und ſcharfe Beobachtung aus. Er ſchildert darin mehrere Gattungen von Helminthen meiſt ſchärfer, als es bisher der Fall geweſen war. Die Frage nach dem Urſprunge der Würmer innerhalb anderer Thiere ver- weiſt er betreffs einer richtigen Beantwortung an den Verſuch und die Beobachtung, wobei gleich hier bemerkt werden mag, daß er ſpäter58) zu beweiſen ſucht, die Eier der Würmer kämen von außen in den Kör- per der Wohnthiere. Eine Frucht ſeines Studiums in den holländiſchen und engliſchen Muſeen und Meeren war die 1766 erſchienene Aufzäh- lung der Zoophyten. Außer der richtigen Auffaſſung des Polypenſtocks als verkalkten Geſammttheils der Einzelthiere (im Gegenſatz zu der Be- trachtung deſſelben als einfacher Gehäusbildung) und einer ſcharfen Charakteriſirung der Gattungen und Arten bietet dieſe Schrift in ihrer Einleitung auch eine Bekämpfung der einreihigen als Stufenleiter er- faßten Anordnung der Thiere dar. An die Stelle dieſer beſonders durch Bonnet, wie erwähnt, befürworteten Idee führte Pallas zum erſtenmale das Bild eines ſich vielfach verzweigenden Baumes ein, deſſen Aeſte ſich nur an ihrem Urſprunge berührten, während die Spitzen ſtets aus- einander giengen. In demſelben Jahre erſchienen ſeine zoologiſchen Miscellaneen. Dieſelben enthalten mehrere ſpäter in den Spicilegien wieder abgedruckten und erweiterten Schilderungen neuer Thierformen, 58) Neue nord. Beiträge, Bd. 1. 1781. S. 43. Goeze ſucht ihn in dem
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ſtaltet haben, tauchten ſchon bei ihm auf oder ſind geradezu auf ihn
zurückzuführen. Die Gerechtigkeit erfordert es daher, ein Geſammtbild
ſeiner Thätigkeit zu geben. Peter Simon Pallas war am 22.
September 1741 in Berlin geboren. Als Sohn eines Arztes wurde
auch er zur Medicin beſtimmt. Aber ſchon als Student fieng er, zur
Naturgeſchichte hingezogen, an, über eine naturgemäßere Anordnung
mehrerer Thierclaſſen Betrachtungen anzuſtellen. Ein Aufenthalt in
Leyden, wo er unter Albinus, Gaubius und Muſſchenbroek ſtudirte,
ſowie eine von dort nach England unternommene Reiſe feſtigten den
Entſchluß in ihm, ſich ganz der Naturgeſchichte zu widmen. Mit neun-
zehn Jahren wurde er Doctor und ſchon ſeine 1760 veröffentlichte
Diſſertation zeichnet ſich durch Umſicht und Ruhe des Urtheils und
ſcharfe Beobachtung aus. Er ſchildert darin mehrere Gattungen von
Helminthen meiſt ſchärfer, als es bisher der Fall geweſen war. Die
Frage nach dem Urſprunge der Würmer innerhalb anderer Thiere ver-
weiſt er betreffs einer richtigen Beantwortung an den Verſuch und die
Beobachtung, wobei gleich hier bemerkt werden mag, daß er ſpäter 58)
zu beweiſen ſucht, die Eier der Würmer kämen von außen in den Kör-
per der Wohnthiere. Eine Frucht ſeines Studiums in den holländiſchen
und engliſchen Muſeen und Meeren war die 1766 erſchienene Aufzäh-
lung der Zoophyten. Außer der richtigen Auffaſſung des Polypenſtocks
als verkalkten Geſammttheils der Einzelthiere (im Gegenſatz zu der Be-
trachtung deſſelben als einfacher Gehäusbildung) und einer ſcharfen
Charakteriſirung der Gattungen und Arten bietet dieſe Schrift in ihrer
Einleitung auch eine Bekämpfung der einreihigen als Stufenleiter er-
faßten Anordnung der Thiere dar. An die Stelle dieſer beſonders durch
Bonnet, wie erwähnt, befürworteten Idee führte Pallas zum erſtenmale
das Bild eines ſich vielfach verzweigenden Baumes ein, deſſen Aeſte
ſich nur an ihrem Urſprunge berührten, während die Spitzen ſtets aus-
einander giengen. In demſelben Jahre erſchienen ſeine zoologiſchen
Miscellaneen. Dieſelben enthalten mehrere ſpäter in den Spicilegien
wieder abgedruckten und erweiterten Schilderungen neuer Thierformen,
58) Neue nord. Beiträge, Bd. 1. 1781. S. 43. Goeze ſucht ihn in dem
Verſuch einer Naturgeſchichte der Eingeweidewürmer, 1782, S. 29, zu widerlegen.
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