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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Gottes in die Welt oder die Idee des für sich bestehenden Ganzen,
welches in seinen Theilen dargestellt ist, soll das Princip sein (wie z. B.
Blainville meint), von welchem aus die Wissenschaft der Organisation
gefühlt, definirt und formulirt werden könne. Was also von sogenannter
Philosophie bei Oken etwa zu finden wäre, geht von logischen Grund-
fehlern aus, enthält willkürliche phantastische Erschleichungen und spricht
sowohl dem allgemein gültigen Sprachgebrauche, wie dem gesunden
Menschenverstande Hohn. Es ist daher auch unmöglich, daß dieselbe
befruchtend oder anregend gewirkt haben könne.

Was von dieser Philosophie im Allgemeinen gilt, gilt auch für die
einzelnen Ausführungen. So sind seine allgemeinen physiologischen,
wie vergleichend-anatomischen und systematischen Darstellungen in ihrer
sogenannt philosophischen Begründung durch und durch verfehlt, und
wenn einige seiner Angaben sich als wahr oder weiterer Entwickelung
fähig herausgestellt haben, so ist dies ein zufälliges Zusammentreffen
(wie sich von den Schädelwirbeln nachweisen läßt) oder es entspringt
anderen Quellen, als seiner Philosophie. Seine allgemeinen physiolo-
gischen Grundsätze sind die folgenden. Das Absolute zerfällt ursprüng-
lich in drei Ideen: die erste, die Ousia, =0, ist das Wesen aller Wesen;
in der zweiten erscheint die Ousia sich selbst, sie zerfällt in zwei, + -,
dies ist die innere Urthätigkeit, die Entelechie Gottes; in der dritten
Idee ist die Ousia entelechial, das träge Nichts bleibend und thätig zu-
gleich gesetzt; diese Art göttlichen Seins und Denkens ist die Form.
Alle Kräfte sind nun Entelechien; es gibt daher keine einfache Kraft in
der Welt, jede ist eine Position von + - oder eine Polarität. Es
gibt keine andere Lebenskraft als die galvanische Polarität. "Das Leben
beruht in den Entelechien der drei irdischen Elemente (Erde, Wasser,
Luft), welche zu den drei Grundprocessen des Lebens werden (Erd- oder
Ernährungsproceß, Wasser- oder Verdauungsproceß, Luft- oder Ath-
mungsproceß) und in welchen drei Processen der Galvanismus besteht."
Jede Bewegung beruht auf dem galvanischen Proceß. Selbstbewegungs-
proceß ist mit Lebensproceß identisch. Das Vermögen organischer Leiber,
Polarerregungen wahrzunehmen, ist Reizbarkeit. Bewegen ist der Bezug
des Centrums auf die Peripherie, Empfindung der Bezug der Peripherie

Gottes in die Welt oder die Idee des für ſich beſtehenden Ganzen,
welches in ſeinen Theilen dargeſtellt iſt, ſoll das Princip ſein (wie z. B.
Blainville meint), von welchem aus die Wiſſenſchaft der Organiſation
gefühlt, definirt und formulirt werden könne. Was alſo von ſogenannter
Philoſophie bei Oken etwa zu finden wäre, geht von logiſchen Grund-
fehlern aus, enthält willkürliche phantaſtiſche Erſchleichungen und ſpricht
ſowohl dem allgemein gültigen Sprachgebrauche, wie dem geſunden
Menſchenverſtande Hohn. Es iſt daher auch unmöglich, daß dieſelbe
befruchtend oder anregend gewirkt haben könne.

Was von dieſer Philoſophie im Allgemeinen gilt, gilt auch für die
einzelnen Ausführungen. So ſind ſeine allgemeinen phyſiologiſchen,
wie vergleichend-anatomiſchen und ſyſtematiſchen Darſtellungen in ihrer
ſogenannt philoſophiſchen Begründung durch und durch verfehlt, und
wenn einige ſeiner Angaben ſich als wahr oder weiterer Entwickelung
fähig herausgeſtellt haben, ſo iſt dies ein zufälliges Zuſammentreffen
(wie ſich von den Schädelwirbeln nachweiſen läßt) oder es entſpringt
anderen Quellen, als ſeiner Philoſophie. Seine allgemeinen phyſiolo-
giſchen Grundſätze ſind die folgenden. Das Abſolute zerfällt urſprüng-
lich in drei Ideen: die erſte, die Ouſia, =0, iſt das Weſen aller Weſen;
in der zweiten erſcheint die Ouſia ſich ſelbſt, ſie zerfällt in zwei, + -,
dies iſt die innere Urthätigkeit, die Entelechie Gottes; in der dritten
Idee iſt die Ouſia entelechial, das träge Nichts bleibend und thätig zu-
gleich geſetzt; dieſe Art göttlichen Seins und Denkens iſt die Form.
Alle Kräfte ſind nun Entelechien; es gibt daher keine einfache Kraft in
der Welt, jede iſt eine Poſition von + - oder eine Polarität. Es
gibt keine andere Lebenskraft als die galvaniſche Polarität. „Das Leben
beruht in den Entelechien der drei irdiſchen Elemente (Erde, Waſſer,
Luft), welche zu den drei Grundproceſſen des Lebens werden (Erd- oder
Ernährungsproceß, Waſſer- oder Verdauungsproceß, Luft- oder Ath-
mungsproceß) und in welchen drei Proceſſen der Galvanismus beſteht.“
Jede Bewegung beruht auf dem galvaniſchen Proceß. Selbſtbewegungs-
proceß iſt mit Lebensproceß identiſch. Das Vermögen organiſcher Leiber,
Polarerregungen wahrzunehmen, iſt Reizbarkeit. Bewegen iſt der Bezug
des Centrums auf die Peripherie, Empfindung der Bezug der Peripherie

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[581/0592] Oken. Gottes in die Welt oder die Idee des für ſich beſtehenden Ganzen, welches in ſeinen Theilen dargeſtellt iſt, ſoll das Princip ſein (wie z. B. Blainville meint), von welchem aus die Wiſſenſchaft der Organiſation gefühlt, definirt und formulirt werden könne. Was alſo von ſogenannter Philoſophie bei Oken etwa zu finden wäre, geht von logiſchen Grund- fehlern aus, enthält willkürliche phantaſtiſche Erſchleichungen und ſpricht ſowohl dem allgemein gültigen Sprachgebrauche, wie dem geſunden Menſchenverſtande Hohn. Es iſt daher auch unmöglich, daß dieſelbe befruchtend oder anregend gewirkt haben könne. Was von dieſer Philoſophie im Allgemeinen gilt, gilt auch für die einzelnen Ausführungen. So ſind ſeine allgemeinen phyſiologiſchen, wie vergleichend-anatomiſchen und ſyſtematiſchen Darſtellungen in ihrer ſogenannt philoſophiſchen Begründung durch und durch verfehlt, und wenn einige ſeiner Angaben ſich als wahr oder weiterer Entwickelung fähig herausgeſtellt haben, ſo iſt dies ein zufälliges Zuſammentreffen (wie ſich von den Schädelwirbeln nachweiſen läßt) oder es entſpringt anderen Quellen, als ſeiner Philoſophie. Seine allgemeinen phyſiolo- giſchen Grundſätze ſind die folgenden. Das Abſolute zerfällt urſprüng- lich in drei Ideen: die erſte, die Ouſia, =0, iſt das Weſen aller Weſen; in der zweiten erſcheint die Ouſia ſich ſelbſt, ſie zerfällt in zwei, + -, dies iſt die innere Urthätigkeit, die Entelechie Gottes; in der dritten Idee iſt die Ouſia entelechial, das träge Nichts bleibend und thätig zu- gleich geſetzt; dieſe Art göttlichen Seins und Denkens iſt die Form. Alle Kräfte ſind nun Entelechien; es gibt daher keine einfache Kraft in der Welt, jede iſt eine Poſition von + - oder eine Polarität. Es gibt keine andere Lebenskraft als die galvaniſche Polarität. „Das Leben beruht in den Entelechien der drei irdiſchen Elemente (Erde, Waſſer, Luft), welche zu den drei Grundproceſſen des Lebens werden (Erd- oder Ernährungsproceß, Waſſer- oder Verdauungsproceß, Luft- oder Ath- mungsproceß) und in welchen drei Proceſſen der Galvanismus beſteht.“ Jede Bewegung beruht auf dem galvaniſchen Proceß. Selbſtbewegungs- proceß iſt mit Lebensproceß identiſch. Das Vermögen organiſcher Leiber, Polarerregungen wahrzunehmen, iſt Reizbarkeit. Bewegen iſt der Bezug des Centrums auf die Peripherie, Empfindung der Bezug der Peripherie

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/592>, abgerufen am 22.11.2024.