Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Oken. Erkenntniß läge schon fix und fertig im Geiste und brauche nur intuitivangeschaut und entwickelt zu werden. Dies zeigt seine Ansicht von der "Methode". Darunter versteht er nicht etwa irgend eine heuristische Form des Denkens, sondern nur die Art der Darstellung, welche denn im ärgsten Sinne dogmatisch ist. Er erklärt: "die logische Methode habe ich jederzeit verworfen. Die andere Methode ist die naturphiloso- phische, die ich mir geschaffen habe, um die Ebenbildlichkeit des Einzelnen mit dem Göttlichen u. s. f. herauszuheben, z. B. der Organismus ist das Ebenbild des Planeten, er muß daher kuglig sein" u. s. f. "Diese Methode ist nicht die wahrhaft ableitende, sondern die gewissermaßen dictatorische, aus der die Folgen hervorspringen, ohne daß man weiß wie." Neben dieser Methode, welche nach Oken zum Wesen der ganzen Wissenschaft gehört, benutzt er nun angeblich noch die sachliche, welche zum Wesen des einzelnen Gegenstandes gehört; z. B. "naturphil. Meth.: das Organische muß ein Bläschen sein, weil es das Ebenbild des Planeten ist; sachliche Meth.: das Organische muß ein Bläschen werden, weil es ein galvanischer Proceß ist, der nur zwischen den Ele- menten stattfinden kann." Man sieht, beide "Methoden" kommen auf dasselbe hinaus. Es ist hier ebensowenig von einer Erkennung der logi- schen Urtheilsformen und der Bedeutung des Subjects, als von einer Prüfung der realen Gültigkeit der Voraussetzungen in diesen der logischen Form nach hypothetischen Urtheilen die Rede. Oken hat aber doch einen Einfluß gehabt, welcher dem Schaden, Oken. Erkenntniß läge ſchon fix und fertig im Geiſte und brauche nur intuitivangeſchaut und entwickelt zu werden. Dies zeigt ſeine Anſicht von der „Methode“. Darunter verſteht er nicht etwa irgend eine heuriſtiſche Form des Denkens, ſondern nur die Art der Darſtellung, welche denn im ärgſten Sinne dogmatiſch iſt. Er erklärt: „die logiſche Methode habe ich jederzeit verworfen. Die andere Methode iſt die naturphiloſo- phiſche, die ich mir geſchaffen habe, um die Ebenbildlichkeit des Einzelnen mit dem Göttlichen u. ſ. f. herauszuheben, z. B. der Organismus iſt das Ebenbild des Planeten, er muß daher kuglig ſein“ u. ſ. f. „Dieſe Methode iſt nicht die wahrhaft ableitende, ſondern die gewiſſermaßen dictatoriſche, aus der die Folgen hervorſpringen, ohne daß man weiß wie.“ Neben dieſer Methode, welche nach Oken zum Weſen der ganzen Wiſſenſchaft gehört, benutzt er nun angeblich noch die ſachliche, welche zum Weſen des einzelnen Gegenſtandes gehört; z. B. „naturphil. Meth.: das Organiſche muß ein Bläschen ſein, weil es das Ebenbild des Planeten iſt; ſachliche Meth.: das Organiſche muß ein Bläschen werden, weil es ein galvaniſcher Proceß iſt, der nur zwiſchen den Ele- menten ſtattfinden kann.“ Man ſieht, beide „Methoden“ kommen auf daſſelbe hinaus. Es iſt hier ebenſowenig von einer Erkennung der logi- ſchen Urtheilsformen und der Bedeutung des Subjects, als von einer Prüfung der realen Gültigkeit der Vorausſetzungen in dieſen der logiſchen Form nach hypothetiſchen Urtheilen die Rede. Oken hat aber doch einen Einfluß gehabt, welcher dem Schaden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0596" n="585"/><fw place="top" type="header"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118589717">Oken</persName>.</fw><lb/> Erkenntniß läge ſchon fix und fertig im Geiſte und brauche nur intuitiv<lb/> angeſchaut und entwickelt zu werden. Dies zeigt ſeine Anſicht von der<lb/> „Methode“. 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Oken.
Erkenntniß läge ſchon fix und fertig im Geiſte und brauche nur intuitiv
angeſchaut und entwickelt zu werden. Dies zeigt ſeine Anſicht von der
„Methode“. Darunter verſteht er nicht etwa irgend eine heuriſtiſche
Form des Denkens, ſondern nur die Art der Darſtellung, welche denn
im ärgſten Sinne dogmatiſch iſt. Er erklärt: „die logiſche Methode
habe ich jederzeit verworfen. Die andere Methode iſt die naturphiloſo-
phiſche, die ich mir geſchaffen habe, um die Ebenbildlichkeit des Einzelnen
mit dem Göttlichen u. ſ. f. herauszuheben, z. B. der Organismus iſt
das Ebenbild des Planeten, er muß daher kuglig ſein“ u. ſ. f. „Dieſe
Methode iſt nicht die wahrhaft ableitende, ſondern die gewiſſermaßen
dictatoriſche, aus der die Folgen hervorſpringen, ohne daß man weiß
wie.“ Neben dieſer Methode, welche nach Oken zum Weſen der ganzen
Wiſſenſchaft gehört, benutzt er nun angeblich noch die ſachliche, welche
zum Weſen des einzelnen Gegenſtandes gehört; z. B. „naturphil.
Meth.: das Organiſche muß ein Bläschen ſein, weil es das Ebenbild
des Planeten iſt; ſachliche Meth.: das Organiſche muß ein Bläschen
werden, weil es ein galvaniſcher Proceß iſt, der nur zwiſchen den Ele-
menten ſtattfinden kann.“ Man ſieht, beide „Methoden“ kommen auf
daſſelbe hinaus. Es iſt hier ebenſowenig von einer Erkennung der logi-
ſchen Urtheilsformen und der Bedeutung des Subjects, als von einer
Prüfung der realen Gültigkeit der Vorausſetzungen in dieſen der logiſchen
Form nach hypothetiſchen Urtheilen die Rede.
Oken hat aber doch einen Einfluß gehabt, welcher dem Schaden,
welchen er mit ſeiner Naturphiloſophie anrichtete, anregend entgegen-
wirkte. Derſelbe beruht nur zum geringſten Theile auf ſeinen eigenen
Forſchungen; denn dieſe waren ſtets durch ſeine vorgefaßten Meinungen
getrübt. Mit ſeinen Unterſuchungen über das Nabelbläschen z. B.
beſtätigte er allerdings zum Theil Wolff'ſche Angaben und machte ſie
weiter bekannt, ſtellte ſie indeſſen in einem ſo zweifelhaften Lichte dar,
daß er die gewünſchte Aufklärung größtentheils wieder vereitelte. Daß
er trotz ſeiner embryologiſchen Unterſuchungen ſich nicht zu einer vor-
urtheilsfreien Anerkennung der Thatſachen erheben konnte, beweiſt ſeine
Kritik der Pander'ſchen Arbeit über das Hühnchen. Hier ſagt er kurz
und entſchieden: „So können die Sachen alle nicht ſein. Der Leib ent-
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