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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Morphologie.
Schritt zur richtigen Beurtheilung des Materials, an welchem die Ent-
wickelung verläuft, machte C. E. von Baer durch die Entdeckung des
Eies der Säugethiere. Die von Regner de Graaf beschriebenen und
von ihm für die wahren Eier gehaltenen Follikel des Eierstocks hatten
verschiedene Forscher nach der Begattung bersten gesehn (Kuhlmann
1750, W. Cruikshank 1797, Prevost und Dumas 1822, u. A.).
Auch hatten Cruikshank und Prevost und Dumas wahrscheinlicherweise
das wahre Ei bald nach dem Austritt aus dem Follikel, sogar im Eier-
stocke selbst gesehn. Doch war man im Allgemeinen immer noch der
Ansicht zugethan, daß sich aus dem ausgetretenen Follikelinhalte erst in
den Tuben unter Einwirkung des männlichen Samens der eigentliche
Keim bilde. Da trat von Baer 1827 mit dem Nachweise des Eies
innerhalb des Follikels auf und zeigte damit, daß auch bei den Säuge-
thieren das Ei vorgebildet im Eierstocke enthalten sei, daß also dasselbe
Bildungsgesetz durch das ganze Thierreich herrsche. Zur Förderung
der Kenntniß der Natur des Eies trug dann wesentlich bei, daß Joh.
Evang. Purkinje
1825 im Vogelei das Keimbläschen entdeckt
hatte; von Baer wies dann dessen Existenz 1827 in den Eiern des
Frosches, der Mollusken, Würmer und Gliederthiere nach, Purkinje
selbst bei den Entozoen und Arachniden und endlich 1834 Coste bei den
Säugethieren, was kurz darauf selbständig auch von Wharton Jones
gefunden wurde. von Baer selbst hatte es hier nicht sicher erkannt.
Zuletzt fand dann Rudolph Wagner 1835 den Keimfleck und
wies sein Vorkommen in den Eiern vieler Thierclassen nach. Weitere
Beiträge zur genaueren Kenntniß des Säugethiereies gaben noch Va-
lentin
(in Ad. Bernhardt's Dissertation, 1835) und K. Krause,
welcher zuerst die Dotterhaut beschrieb (1837). Allmählich bereitete
sich die Erklärung dieser verschiedenen Funde vor. Von besonderer Be-
deutung war zunächst noch eine andere Entdeckung, deren Wichtigkeit
für die ganze Theorie des Aufbaues thierischer Körper zwar nicht so-
fort erkannt wurde, deren Erkenntniß sogar durch Schwann's Zellen-
bildungstheorie für kurze Zeit gehemmt wurde, welche aber die inzwischen
erlangten Aufschlüsse über die wahre Natur und die Zusammensetzung
des Eies und seine Beziehung zu den späteren Formelementen des

Periode der Morphologie.
Schritt zur richtigen Beurtheilung des Materials, an welchem die Ent-
wickelung verläuft, machte C. E. von Baer durch die Entdeckung des
Eies der Säugethiere. Die von Regner de Graaf beſchriebenen und
von ihm für die wahren Eier gehaltenen Follikel des Eierſtocks hatten
verſchiedene Forſcher nach der Begattung berſten geſehn (Kuhlmann
1750, W. Cruikſhank 1797, Prevoſt und Dumas 1822, u. A.).
Auch hatten Cruikſhank und Prevoſt und Dumas wahrſcheinlicherweiſe
das wahre Ei bald nach dem Austritt aus dem Follikel, ſogar im Eier-
ſtocke ſelbſt geſehn. Doch war man im Allgemeinen immer noch der
Anſicht zugethan, daß ſich aus dem ausgetretenen Follikelinhalte erſt in
den Tuben unter Einwirkung des männlichen Samens der eigentliche
Keim bilde. Da trat von Baer 1827 mit dem Nachweiſe des Eies
innerhalb des Follikels auf und zeigte damit, daß auch bei den Säuge-
thieren das Ei vorgebildet im Eierſtocke enthalten ſei, daß alſo daſſelbe
Bildungsgeſetz durch das ganze Thierreich herrſche. Zur Förderung
der Kenntniß der Natur des Eies trug dann weſentlich bei, daß Joh.
Evang. Purkinje
1825 im Vogelei das Keimbläschen entdeckt
hatte; von Baer wies dann deſſen Exiſtenz 1827 in den Eiern des
Froſches, der Mollusken, Würmer und Gliederthiere nach, Purkinje
ſelbſt bei den Entozoen und Arachniden und endlich 1834 Coſte bei den
Säugethieren, was kurz darauf ſelbſtändig auch von Wharton Jones
gefunden wurde. von Baer ſelbſt hatte es hier nicht ſicher erkannt.
Zuletzt fand dann Rudolph Wagner 1835 den Keimfleck und
wies ſein Vorkommen in den Eiern vieler Thierclaſſen nach. Weitere
Beiträge zur genaueren Kenntniß des Säugethiereies gaben noch Va-
lentin
(in Ad. Bernhardt's Diſſertation, 1835) und K. Krauſe,
welcher zuerſt die Dotterhaut beſchrieb (1837). Allmählich bereitete
ſich die Erklärung dieſer verſchiedenen Funde vor. Von beſonderer Be-
deutung war zunächſt noch eine andere Entdeckung, deren Wichtigkeit
für die ganze Theorie des Aufbaues thieriſcher Körper zwar nicht ſo-
fort erkannt wurde, deren Erkenntniß ſogar durch Schwann's Zellen-
bildungstheorie für kurze Zeit gehemmt wurde, welche aber die inzwiſchen
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des Eies und ſeine Beziehung zu den ſpäteren Formelementen des

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[628/0639] Periode der Morphologie. Schritt zur richtigen Beurtheilung des Materials, an welchem die Ent- wickelung verläuft, machte C. E. von Baer durch die Entdeckung des Eies der Säugethiere. Die von Regner de Graaf beſchriebenen und von ihm für die wahren Eier gehaltenen Follikel des Eierſtocks hatten verſchiedene Forſcher nach der Begattung berſten geſehn (Kuhlmann 1750, W. Cruikſhank 1797, Prevoſt und Dumas 1822, u. A.). Auch hatten Cruikſhank und Prevoſt und Dumas wahrſcheinlicherweiſe das wahre Ei bald nach dem Austritt aus dem Follikel, ſogar im Eier- ſtocke ſelbſt geſehn. Doch war man im Allgemeinen immer noch der Anſicht zugethan, daß ſich aus dem ausgetretenen Follikelinhalte erſt in den Tuben unter Einwirkung des männlichen Samens der eigentliche Keim bilde. Da trat von Baer 1827 mit dem Nachweiſe des Eies innerhalb des Follikels auf und zeigte damit, daß auch bei den Säuge- thieren das Ei vorgebildet im Eierſtocke enthalten ſei, daß alſo daſſelbe Bildungsgeſetz durch das ganze Thierreich herrſche. Zur Förderung der Kenntniß der Natur des Eies trug dann weſentlich bei, daß Joh. Evang. Purkinje 1825 im Vogelei das Keimbläschen entdeckt hatte; von Baer wies dann deſſen Exiſtenz 1827 in den Eiern des Froſches, der Mollusken, Würmer und Gliederthiere nach, Purkinje ſelbſt bei den Entozoen und Arachniden und endlich 1834 Coſte bei den Säugethieren, was kurz darauf ſelbſtändig auch von Wharton Jones gefunden wurde. von Baer ſelbſt hatte es hier nicht ſicher erkannt. Zuletzt fand dann Rudolph Wagner 1835 den Keimfleck und wies ſein Vorkommen in den Eiern vieler Thierclaſſen nach. Weitere Beiträge zur genaueren Kenntniß des Säugethiereies gaben noch Va- lentin (in Ad. Bernhardt's Diſſertation, 1835) und K. Krauſe, welcher zuerſt die Dotterhaut beſchrieb (1837). Allmählich bereitete ſich die Erklärung dieſer verſchiedenen Funde vor. Von beſonderer Be- deutung war zunächſt noch eine andere Entdeckung, deren Wichtigkeit für die ganze Theorie des Aufbaues thieriſcher Körper zwar nicht ſo- fort erkannt wurde, deren Erkenntniß ſogar durch Schwann's Zellen- bildungstheorie für kurze Zeit gehemmt wurde, welche aber die inzwiſchen erlangten Aufſchlüſſe über die wahre Natur und die Zuſammenſetzung des Eies und ſeine Beziehung zu den ſpäteren Formelementen des

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/639>, abgerufen am 22.11.2024.