Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.Vorwort. wählten Laufbahn entfernt, so hat er sich doch, neben dem unvergäng-lichen Eindruck der Methodik und der unbedingten Achtung vor den Thatsachen, welche die Naturforschung ihren Jüngern einprägt, für alle Wissenschaft Verehrung und leidenschaftliche Liebe bewahrt. Jedoch er durfte und er musste sich sagen, dass es etwas giebt, höher und heiliger als alles Wissen: das ist das Leben selbst. Was hier ge- schrieben steht, ist erlebt. Manche thatsächliche Angabe mag ein überkommener Irrtum, manches Urteil ein Vorurteil, manche Schluss- folgerung ein Denkfehler sein, ganz unwahr ist nichts; denn die verwaiste Vernunft lügt häufig, das volle Leben nie: ein bloss Ge- dachtes kann ein luftiges Nichts, die Irrfahrt eines losgerissenen Individuums sein, dagegen wurzelt ein tief Gefühltes in Ausser- und Überpersönlichem, und mag auch Vorurteil und Ignoranz die Deutung manchmal fehlgestalten, ein Kern lebendiger Wahrheit muss darin liegen. Als Wappeninschrift hat der Verfasser den Spruch geerbt: Spes et Fides. Er deutet ihn auf das Menschengeschlecht. So lange es noch echte Was hier vorliegt, ist der erste Band eines umfassender gedachten 1) Über die genaue Bedeutung, welche in diesem Buche dem Worte
"Germane" beigelegt wird, siehe das sechste Kapitel. Vorwort. wählten Laufbahn entfernt, so hat er sich doch, neben dem unvergäng-lichen Eindruck der Methodik und der unbedingten Achtung vor den Thatsachen, welche die Naturforschung ihren Jüngern einprägt, für alle Wissenschaft Verehrung und leidenschaftliche Liebe bewahrt. Jedoch er durfte und er musste sich sagen, dass es etwas giebt, höher und heiliger als alles Wissen: das ist das Leben selbst. Was hier ge- schrieben steht, ist erlebt. Manche thatsächliche Angabe mag ein überkommener Irrtum, manches Urteil ein Vorurteil, manche Schluss- folgerung ein Denkfehler sein, ganz unwahr ist nichts; denn die verwaiste Vernunft lügt häufig, das volle Leben nie: ein bloss Ge- dachtes kann ein luftiges Nichts, die Irrfahrt eines losgerissenen Individuums sein, dagegen wurzelt ein tief Gefühltes in Ausser- und Überpersönlichem, und mag auch Vorurteil und Ignoranz die Deutung manchmal fehlgestalten, ein Kern lebendiger Wahrheit muss darin liegen. Als Wappeninschrift hat der Verfasser den Spruch geerbt: Spes et Fides. Er deutet ihn auf das Menschengeschlecht. So lange es noch echte Was hier vorliegt, ist der erste Band eines umfassender gedachten 1) Über die genaue Bedeutung, welche in diesem Buche dem Worte
»Germane« beigelegt wird, siehe das sechste Kapitel. <TEI> <text> <front> <div type="preface" n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="X"/><fw place="top" type="header">Vorwort.</fw><lb/> wählten Laufbahn entfernt, so hat er sich doch, neben dem unvergäng-<lb/> lichen Eindruck der Methodik und der unbedingten Achtung vor den<lb/> Thatsachen, welche die Naturforschung ihren Jüngern einprägt, für<lb/> alle Wissenschaft Verehrung und leidenschaftliche Liebe bewahrt.<lb/> Jedoch er durfte und er musste sich sagen, dass es etwas giebt, höher<lb/> und heiliger als alles Wissen: das ist das Leben selbst. Was hier ge-<lb/> schrieben steht, ist <hi rendition="#g">erlebt.</hi> Manche thatsächliche Angabe mag ein<lb/> überkommener Irrtum, manches Urteil ein Vorurteil, manche Schluss-<lb/> folgerung ein Denkfehler sein, ganz unwahr ist nichts; denn die<lb/> verwaiste Vernunft lügt häufig, das volle Leben nie: ein bloss Ge-<lb/> dachtes kann ein luftiges Nichts, die Irrfahrt eines losgerissenen<lb/> Individuums sein, dagegen wurzelt ein tief Gefühltes in Ausser- und<lb/> Überpersönlichem, und mag auch Vorurteil und Ignoranz die Deutung<lb/> manchmal fehlgestalten, ein Kern lebendiger Wahrheit muss darin<lb/> liegen.</p><lb/> <p>Als Wappeninschrift hat der Verfasser den Spruch geerbt:</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#i">Spes et Fides.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Er deutet ihn auf das Menschengeschlecht. So lange es noch echte<lb/> Germanen auf der Welt giebt, so lange können und wollen wir hoffen<lb/> und glauben.<note place="foot" n="1)">Über die genaue Bedeutung, welche in diesem Buche dem Worte<lb/> »Germane« beigelegt wird, siehe das sechste Kapitel.</note> Dies die Grundüberzeugung, aus der das vorliegende<lb/> Werk hervorgegangen ist.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Was hier vorliegt, ist der erste Band eines umfassender gedachten<lb/> Werkes, wie das die allgemeine Einleitung meldet. Dieser Band bildet<lb/> aber ein durchaus selbständiges Ganzes, welches die »Grundlagen«<lb/> der Strömungen, Ideen, Gestaltungen unseres Jahrhunderts behandelt.<lb/> Der zweite Band wird erst dann erscheinen, wenn die vielen fach-<lb/> männischen Sammelwerke über das neunzehnte Jahrhundert vollendet<lb/> vorliegen, so dass ein zusammenfassender Überblick möglich wird,<lb/> ohne die Gefahr, Wesentliches übersehen zu haben. Inzwischen<lb/> bildet dieser Band eine Ergänzung zu jenen Specialerörterungen, sowie<lb/> zu jedem Überblick über die Geschichte des Jahrhunderts, eine Er-<lb/> gänzung, welche hoffentlich Manchem ebenso sehr Bedürfnis sein<lb/> wird, wie es dem Verfasser Bedürfnis war, sich gerade über diese<lb/> Grundlagen Klarheit zu verschaffen.</p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [X/0017]
Vorwort.
wählten Laufbahn entfernt, so hat er sich doch, neben dem unvergäng-
lichen Eindruck der Methodik und der unbedingten Achtung vor den
Thatsachen, welche die Naturforschung ihren Jüngern einprägt, für
alle Wissenschaft Verehrung und leidenschaftliche Liebe bewahrt.
Jedoch er durfte und er musste sich sagen, dass es etwas giebt, höher
und heiliger als alles Wissen: das ist das Leben selbst. Was hier ge-
schrieben steht, ist erlebt. Manche thatsächliche Angabe mag ein
überkommener Irrtum, manches Urteil ein Vorurteil, manche Schluss-
folgerung ein Denkfehler sein, ganz unwahr ist nichts; denn die
verwaiste Vernunft lügt häufig, das volle Leben nie: ein bloss Ge-
dachtes kann ein luftiges Nichts, die Irrfahrt eines losgerissenen
Individuums sein, dagegen wurzelt ein tief Gefühltes in Ausser- und
Überpersönlichem, und mag auch Vorurteil und Ignoranz die Deutung
manchmal fehlgestalten, ein Kern lebendiger Wahrheit muss darin
liegen.
Als Wappeninschrift hat der Verfasser den Spruch geerbt:
Spes et Fides.
Er deutet ihn auf das Menschengeschlecht. So lange es noch echte
Germanen auf der Welt giebt, so lange können und wollen wir hoffen
und glauben. 1) Dies die Grundüberzeugung, aus der das vorliegende
Werk hervorgegangen ist.
Was hier vorliegt, ist der erste Band eines umfassender gedachten
Werkes, wie das die allgemeine Einleitung meldet. Dieser Band bildet
aber ein durchaus selbständiges Ganzes, welches die »Grundlagen«
der Strömungen, Ideen, Gestaltungen unseres Jahrhunderts behandelt.
Der zweite Band wird erst dann erscheinen, wenn die vielen fach-
männischen Sammelwerke über das neunzehnte Jahrhundert vollendet
vorliegen, so dass ein zusammenfassender Überblick möglich wird,
ohne die Gefahr, Wesentliches übersehen zu haben. Inzwischen
bildet dieser Band eine Ergänzung zu jenen Specialerörterungen, sowie
zu jedem Überblick über die Geschichte des Jahrhunderts, eine Er-
gänzung, welche hoffentlich Manchem ebenso sehr Bedürfnis sein
wird, wie es dem Verfasser Bedürfnis war, sich gerade über diese
Grundlagen Klarheit zu verschaffen.
1) Über die genaue Bedeutung, welche in diesem Buche dem Worte
»Germane« beigelegt wird, siehe das sechste Kapitel.
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