Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. München 1899.Die Entstehung einer neuen Welt. begann dieses Ausbauen sofort. Nicht allein besitzen wir vor demJahre 1800 eine lange Reihe von Sozialtheoretikern, unter denen der berühmte Philosoph Locke mit seinen klaren und sehr sozialistisch ge- arteten Auseinandersetzungen über Arbeit und Eigentum hervorragt,1) sondern das 16., das 17. und das 18. Jahrhundert brachten eine viel- leicht ebenso grosse Anzahl Versuche über ideale kommunistische Staats- umbildungen wie das unsere. Der Holländer Peter Cornelius z. B. schlägt schon im 17. Jahrhundert die Abschaffung aller Nationalitäten vor und die Bildung einer "Centralmagistratur," welche die Verwaltung der gemeinsamen Geschäfte der in zahlreichen "Aktiengesellschaften" (sic) vereinigten Menschengruppen besorgen soll,2) und Winstanley entwickelt in seinem Gesetz der Freiheit (1651) ein so vollendetes kommunistisches System mit Abschaffung alles persönlichen Eigentums, Abschaffung (bei Todesstrafe) alles Kaufens und Verkaufens, Abschaffung aller spiritualisti- schen Religion, mit alljährlicher Neuwahl sämtlicher Beamten durch das Volk u. s. w., dass er wirklich für Nachfolger wenig übrig liess.3) More, als Blut von unserem Blut, so genau gewusst, was wir brauchen, dass sein Buch, 400 Jahre alt, doch nicht veraltet ist, sondern seine Geltung behält. Gegen den damals erst in der Ausbildung begriffenen monarchischen Absolutismus wendet sich More mit der ganzen Wucht altgermanischer Überzeugung: dennoch ist er kein Republikaner, einen König soll Utopia haben. Unbeschränkte religiöse Gewissensfreiheit soll in seinem Idealstaate Gesetz sein: doch ist er nicht des- wegen wie unsere heutigen pseudomosaischen Sozialisten ein antireligiöser, ethischer Doktrinär, im Gegenteil, wer den Gott im Busen nicht empfindet, bleibt in Utopia von allen Ämtern ausgeschlossen. Was also More von Marx und Engels trennt, ist nicht ein Fortschritt der Zeit, sondern der Gegensatz zwischen Germanentum und Judentum. Die englische Arbeiterschaft des heutigen Tages, und namentlich solche führende Männer wie William Morris, stehen More offenbar viel näher als Marx; dasselbe wird sich bei den deutschen Sozialisten zeigen, sobald sie mit freundlicher Bestimmtheit ihre jüdischen Führer gebeten haben werden, sich der Angelegenheiten ihres eigenen Volkes anzunehmen. 1) Siehe namentlich den Second Essay on Civil Government, § 27. 2) Vergl. Gooch: The history of English democratic ideas, 1898, p. 209 fg. 3) Ziemlich Ausführliches über Winstanley in der Geschichte des Sozialismus
in Einzeldarstellungen, I, 594 fg. E. Bernstein, der Verfasser dieses Abschnittes, ist überhaupt der Wiederentdecker des Winstanley; doch hält sich Bernstein an eine einzige Schrift und hat ausserdem so gar kein Verständnis für einen germanischen Charakter, dass man über Winstanley's Persönlichkeit in dem kleinen Werk von Gooch, p. 214 fg., 224 fg., viel mehr erfahren wird. -- Die schärfste Abweisung aller kommunistischen Ideen zu jener Zeit finden wir wohl bei Oliver Cromwell, der -- obwohl er selber ein Volksmann war -- den Vorschlag, das allgemeine Wahlrecht für das Parlament einzuführen, energisch verwarf, als eine Einrichtung, die "notwendig zur Anarchie führe". Die Entstehung einer neuen Welt. begann dieses Ausbauen sofort. Nicht allein besitzen wir vor demJahre 1800 eine lange Reihe von Sozialtheoretikern, unter denen der berühmte Philosoph Locke mit seinen klaren und sehr sozialistisch ge- arteten Auseinandersetzungen über Arbeit und Eigentum hervorragt,1) sondern das 16., das 17. und das 18. Jahrhundert brachten eine viel- leicht ebenso grosse Anzahl Versuche über ideale kommunistische Staats- umbildungen wie das unsere. Der Holländer Peter Cornelius z. B. schlägt schon im 17. Jahrhundert die Abschaffung aller Nationalitäten vor und die Bildung einer »Centralmagistratur,« welche die Verwaltung der gemeinsamen Geschäfte der in zahlreichen »Aktiengesellschaften« (sic) vereinigten Menschengruppen besorgen soll,2) und Winstanley entwickelt in seinem Gesetz der Freiheit (1651) ein so vollendetes kommunistisches System mit Abschaffung alles persönlichen Eigentums, Abschaffung (bei Todesstrafe) alles Kaufens und Verkaufens, Abschaffung aller spiritualisti- schen Religion, mit alljährlicher Neuwahl sämtlicher Beamten durch das Volk u. s. w., dass er wirklich für Nachfolger wenig übrig liess.3) More, als Blut von unserem Blut, so genau gewusst, was wir brauchen, dass sein Buch, 400 Jahre alt, doch nicht veraltet ist, sondern seine Geltung behält. Gegen den damals erst in der Ausbildung begriffenen monarchischen Absolutismus wendet sich More mit der ganzen Wucht altgermanischer Überzeugung: dennoch ist er kein Republikaner, einen König soll Utopia haben. Unbeschränkte religiöse Gewissensfreiheit soll in seinem Idealstaate Gesetz sein: doch ist er nicht des- wegen wie unsere heutigen pseudomosaischen Sozialisten ein antireligiöser, ethischer Doktrinär, im Gegenteil, wer den Gott im Busen nicht empfindet, bleibt in Utopia von allen Ämtern ausgeschlossen. Was also More von Marx und Engels trennt, ist nicht ein Fortschritt der Zeit, sondern der Gegensatz zwischen Germanentum und Judentum. Die englische Arbeiterschaft des heutigen Tages, und namentlich solche führende Männer wie William Morris, stehen More offenbar viel näher als Marx; dasselbe wird sich bei den deutschen Sozialisten zeigen, sobald sie mit freundlicher Bestimmtheit ihre jüdischen Führer gebeten haben werden, sich der Angelegenheiten ihres eigenen Volkes anzunehmen. 1) Siehe namentlich den Second Essay on Civil Government, § 27. 2) Vergl. Gooch: The history of English democratic ideas, 1898, p. 209 fg. 3) Ziemlich Ausführliches über Winstanley in der Geschichte des Sozialismus
in Einzeldarstellungen, I, 594 fg. E. Bernstein, der Verfasser dieses Abschnittes, ist überhaupt der Wiederentdecker des Winstanley; doch hält sich Bernstein an eine einzige Schrift und hat ausserdem so gar kein Verständnis für einen germanischen Charakter, dass man über Winstanley’s Persönlichkeit in dem kleinen Werk von Gooch, p. 214 fg., 224 fg., viel mehr erfahren wird. — Die schärfste Abweisung aller kommunistischen Ideen zu jener Zeit finden wir wohl bei Oliver Cromwell, der — obwohl er selber ein Volksmann war — den Vorschlag, das allgemeine Wahlrecht für das Parlament einzuführen, energisch verwarf, als eine Einrichtung, die »notwendig zur Anarchie führe«. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0315" n="836"/><fw place="top" type="header">Die Entstehung einer neuen Welt.</fw><lb/> begann dieses Ausbauen sofort. Nicht allein besitzen wir vor dem<lb/> Jahre 1800 eine lange Reihe von Sozialtheoretikern, unter denen der<lb/> berühmte Philosoph Locke mit seinen klaren und sehr sozialistisch ge-<lb/> arteten Auseinandersetzungen über Arbeit und Eigentum hervorragt,<note place="foot" n="1)">Siehe namentlich den <hi rendition="#i">Second Essay on Civil Government,</hi> § 27.</note><lb/> sondern das 16., das 17. und das 18. Jahrhundert brachten eine viel-<lb/> leicht ebenso grosse Anzahl Versuche über ideale kommunistische Staats-<lb/> umbildungen wie das unsere. Der Holländer Peter Cornelius z. B.<lb/> schlägt schon im 17. Jahrhundert die Abschaffung aller Nationalitäten<lb/> vor und die Bildung einer »Centralmagistratur,« welche die Verwaltung<lb/> der gemeinsamen Geschäfte der in zahlreichen »Aktiengesellschaften« <hi rendition="#i">(sic)</hi><lb/> vereinigten Menschengruppen besorgen soll,<note place="foot" n="2)">Vergl. Gooch: <hi rendition="#i">The history of English democratic ideas,</hi> 1898, p. 209 fg.</note> und Winstanley entwickelt<lb/> in seinem <hi rendition="#i">Gesetz der Freiheit</hi> (1651) ein so vollendetes kommunistisches<lb/> System mit Abschaffung alles persönlichen Eigentums, Abschaffung (bei<lb/> Todesstrafe) alles Kaufens und Verkaufens, Abschaffung aller spiritualisti-<lb/> schen Religion, mit alljährlicher Neuwahl sämtlicher Beamten durch das<lb/> Volk u. s. w., dass er wirklich für Nachfolger wenig übrig liess.<note place="foot" n="3)">Ziemlich Ausführliches über Winstanley in der <hi rendition="#i">Geschichte des Sozialismus<lb/> in Einzeldarstellungen,</hi> I, 594 fg. E. Bernstein, der Verfasser dieses Abschnittes, ist<lb/> überhaupt der Wiederentdecker des Winstanley; doch hält sich Bernstein an eine<lb/> einzige Schrift und hat ausserdem so gar kein Verständnis für einen germanischen<lb/> Charakter, dass man über Winstanley’s Persönlichkeit in dem kleinen Werk von<lb/> Gooch, p. 214 fg., 224 fg., viel mehr erfahren wird. — Die schärfste Abweisung<lb/> aller kommunistischen Ideen zu jener Zeit finden wir wohl bei Oliver Cromwell,<lb/> der — obwohl er selber ein Volksmann war — den Vorschlag, das allgemeine<lb/> Wahlrecht für das Parlament einzuführen, energisch verwarf, als eine Einrichtung,<lb/> die »notwendig zur Anarchie führe«.</note></p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_24_2" prev="#seg2pn_24_1" place="foot" n="1)">More, als Blut von unserem Blut, so genau gewusst, was wir brauchen, dass sein<lb/> Buch, 400 Jahre alt, doch nicht veraltet ist, sondern seine Geltung behält. Gegen<lb/> den damals erst in der Ausbildung begriffenen monarchischen Absolutismus wendet<lb/> sich More mit der ganzen Wucht altgermanischer Überzeugung: dennoch ist er<lb/> kein Republikaner, einen König soll Utopia haben. Unbeschränkte religiöse<lb/> Gewissensfreiheit soll in seinem Idealstaate Gesetz sein: doch ist er nicht des-<lb/> wegen wie unsere heutigen pseudomosaischen Sozialisten ein antireligiöser, ethischer<lb/> Doktrinär, im Gegenteil, wer den Gott im Busen nicht empfindet, bleibt in Utopia<lb/> von allen Ämtern ausgeschlossen. Was also More von Marx und Engels trennt,<lb/> ist nicht ein Fortschritt der Zeit, sondern der Gegensatz zwischen Germanentum<lb/> und Judentum. Die englische Arbeiterschaft des heutigen Tages, und namentlich<lb/> solche führende Männer wie William Morris, stehen More offenbar viel näher als<lb/> Marx; dasselbe wird sich bei den deutschen Sozialisten zeigen, sobald sie mit<lb/> freundlicher Bestimmtheit ihre jüdischen Führer gebeten haben werden, sich der<lb/> Angelegenheiten ihres eigenen Volkes anzunehmen.</note> </p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [836/0315]
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begann dieses Ausbauen sofort. Nicht allein besitzen wir vor dem
Jahre 1800 eine lange Reihe von Sozialtheoretikern, unter denen der
berühmte Philosoph Locke mit seinen klaren und sehr sozialistisch ge-
arteten Auseinandersetzungen über Arbeit und Eigentum hervorragt, 1)
sondern das 16., das 17. und das 18. Jahrhundert brachten eine viel-
leicht ebenso grosse Anzahl Versuche über ideale kommunistische Staats-
umbildungen wie das unsere. Der Holländer Peter Cornelius z. B.
schlägt schon im 17. Jahrhundert die Abschaffung aller Nationalitäten
vor und die Bildung einer »Centralmagistratur,« welche die Verwaltung
der gemeinsamen Geschäfte der in zahlreichen »Aktiengesellschaften« (sic)
vereinigten Menschengruppen besorgen soll, 2) und Winstanley entwickelt
in seinem Gesetz der Freiheit (1651) ein so vollendetes kommunistisches
System mit Abschaffung alles persönlichen Eigentums, Abschaffung (bei
Todesstrafe) alles Kaufens und Verkaufens, Abschaffung aller spiritualisti-
schen Religion, mit alljährlicher Neuwahl sämtlicher Beamten durch das
Volk u. s. w., dass er wirklich für Nachfolger wenig übrig liess. 3)
1)
1) Siehe namentlich den Second Essay on Civil Government, § 27.
2) Vergl. Gooch: The history of English democratic ideas, 1898, p. 209 fg.
3) Ziemlich Ausführliches über Winstanley in der Geschichte des Sozialismus
in Einzeldarstellungen, I, 594 fg. E. Bernstein, der Verfasser dieses Abschnittes, ist
überhaupt der Wiederentdecker des Winstanley; doch hält sich Bernstein an eine
einzige Schrift und hat ausserdem so gar kein Verständnis für einen germanischen
Charakter, dass man über Winstanley’s Persönlichkeit in dem kleinen Werk von
Gooch, p. 214 fg., 224 fg., viel mehr erfahren wird. — Die schärfste Abweisung
aller kommunistischen Ideen zu jener Zeit finden wir wohl bei Oliver Cromwell,
der — obwohl er selber ein Volksmann war — den Vorschlag, das allgemeine
Wahlrecht für das Parlament einzuführen, energisch verwarf, als eine Einrichtung,
die »notwendig zur Anarchie führe«.
1) More, als Blut von unserem Blut, so genau gewusst, was wir brauchen, dass sein
Buch, 400 Jahre alt, doch nicht veraltet ist, sondern seine Geltung behält. Gegen
den damals erst in der Ausbildung begriffenen monarchischen Absolutismus wendet
sich More mit der ganzen Wucht altgermanischer Überzeugung: dennoch ist er
kein Republikaner, einen König soll Utopia haben. Unbeschränkte religiöse
Gewissensfreiheit soll in seinem Idealstaate Gesetz sein: doch ist er nicht des-
wegen wie unsere heutigen pseudomosaischen Sozialisten ein antireligiöser, ethischer
Doktrinär, im Gegenteil, wer den Gott im Busen nicht empfindet, bleibt in Utopia
von allen Ämtern ausgeschlossen. Was also More von Marx und Engels trennt,
ist nicht ein Fortschritt der Zeit, sondern der Gegensatz zwischen Germanentum
und Judentum. Die englische Arbeiterschaft des heutigen Tages, und namentlich
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Marx; dasselbe wird sich bei den deutschen Sozialisten zeigen, sobald sie mit
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