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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. München 1899.

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Die Entstehung einer neuen Welt.
Gott" (nicht zum Gold) und weil sie "einen würdigen, von keinerlei
Papismus gefärbten Gottesdienst" wollten, Neu-England! Innerhalb
fünfzehn Jahre hatten sich schon zwanzigtausend Engländer, meist
aus den bürgerlichen Ständen, dort niedergelassen. Bald darauf trat
Cromwell auf, der eigentliche Urheber der englischen Marine und
damit auch der englischen Weltmacht.1) Mit kühner Erkenntnis des
Notwendigen griff er ungescheut den spanischen Koloss an, entriss
ihm Jamaika und schickte sich an, Brasilien gleichfalls zu erobern, als
der Tod ihn seinem Vaterlande raubte. Dann stockte eine Zeit lang
die Bewegung: der Kampf gegen die Reaktionsgelüste katholisch ge-
sinnter Fürsten forderte wieder alle Kräfte; in England wie anderswo
waren die Jesuiten am Werke; von ihnen wurde Karl II. mit Mai-
tressen und Geld versorgt; Coleman, die Seele dieser Verschwörung
gegen die englische Nation, schrieb damals: "durch die gänzliche Aus-
rottung des pestilentialischen Irrglaubens in England -- -- -- werden
wir der protestantischen Religion in ganz Europa den Todesschlag ver-
setzen".2) Erst gegen das Jahr 1700, als Wilhelm von Oranien die
verräterischen Stuarts verjagt hatte und die Grundlagen des konstitu-
tionellen Staates endgültig festgestellt waren, sowie das Gesetz, dass in
Zukunft nie ein römischer Katholik den englischen Thron besteigen
dürfe (auch nicht als Gemahl oder Gemahlin), erst dann begann das
angelsächsische Werk der Ausbreitung von Neuem, unterstützt durch
zahlreiche deutsche Lutheraner und Reformierte, welche vor Verfol-
gungen flohen, sowie durch mährische Brüder. Bald (nämlich gegen
1730) lebten in den aufblühenden Kolonien England's über eine Million
Menschen, fast alle Protestanten und echte Germanen, unter denen der
sehr harte Kampf ums Dasein strenge Zuchtwahl übte. Auf diese Art ent-
stand eine neue grosse Nation, welche sich am Schluss des Jahrhunderts
vom Mutterlande gewaltsam trennte, eine neue antirömische Macht ersten
Ranges.3) Doch diese Abtrennung schwächte in nichts die Expansionskraft

1) Seeley: The expansion of England, 1895, S. 146.
2) Vergl. Green: History of the English people VI, 293. Man hat Kapital
daraus zu schlagen gesucht, dass einige Fälscher und Meineidige das ganze Land
durch die Aufdeckung eines angeblichen, erlogenen Komplotts der Jesuiten irre-
führten, doch wird hierdurch nichts gegen das Bestehen einer grossen internationalen
Verschwörung bewiesen, welche von Paris aus geleitet wurde und durch zahl-
reiche diplomatische Aktenstücke, sowie durch authentische Korrespondenz der
Jesuiten ausser allem Zweifel steht.
3) Am 3. September 1783 wurde der Vertrag unterschrieben, durch den
Alt-England seine Ansprüche auf Neu-England aufgab. Wie sehr auch in diesem

Die Entstehung einer neuen Welt.
Gott« (nicht zum Gold) und weil sie »einen würdigen, von keinerlei
Papismus gefärbten Gottesdienst« wollten, Neu-England! Innerhalb
fünfzehn Jahre hatten sich schon zwanzigtausend Engländer, meist
aus den bürgerlichen Ständen, dort niedergelassen. Bald darauf trat
Cromwell auf, der eigentliche Urheber der englischen Marine und
damit auch der englischen Weltmacht.1) Mit kühner Erkenntnis des
Notwendigen griff er ungescheut den spanischen Koloss an, entriss
ihm Jamaika und schickte sich an, Brasilien gleichfalls zu erobern, als
der Tod ihn seinem Vaterlande raubte. Dann stockte eine Zeit lang
die Bewegung: der Kampf gegen die Reaktionsgelüste katholisch ge-
sinnter Fürsten forderte wieder alle Kräfte; in England wie anderswo
waren die Jesuiten am Werke; von ihnen wurde Karl II. mit Mai-
tressen und Geld versorgt; Coleman, die Seele dieser Verschwörung
gegen die englische Nation, schrieb damals: »durch die gänzliche Aus-
rottung des pestilentialischen Irrglaubens in England — — — werden
wir der protestantischen Religion in ganz Europa den Todesschlag ver-
setzen«.2) Erst gegen das Jahr 1700, als Wilhelm von Oranien die
verräterischen Stuarts verjagt hatte und die Grundlagen des konstitu-
tionellen Staates endgültig festgestellt waren, sowie das Gesetz, dass in
Zukunft nie ein römischer Katholik den englischen Thron besteigen
dürfe (auch nicht als Gemahl oder Gemahlin), erst dann begann das
angelsächsische Werk der Ausbreitung von Neuem, unterstützt durch
zahlreiche deutsche Lutheraner und Reformierte, welche vor Verfol-
gungen flohen, sowie durch mährische Brüder. Bald (nämlich gegen
1730) lebten in den aufblühenden Kolonien England’s über eine Million
Menschen, fast alle Protestanten und echte Germanen, unter denen der
sehr harte Kampf ums Dasein strenge Zuchtwahl übte. Auf diese Art ent-
stand eine neue grosse Nation, welche sich am Schluss des Jahrhunderts
vom Mutterlande gewaltsam trennte, eine neue antirömische Macht ersten
Ranges.3) Doch diese Abtrennung schwächte in nichts die Expansionskraft

1) Seeley: The expansion of England, 1895, S. 146.
2) Vergl. Green: History of the English people VI, 293. Man hat Kapital
daraus zu schlagen gesucht, dass einige Fälscher und Meineidige das ganze Land
durch die Aufdeckung eines angeblichen, erlogenen Komplotts der Jesuiten irre-
führten, doch wird hierdurch nichts gegen das Bestehen einer grossen internationalen
Verschwörung bewiesen, welche von Paris aus geleitet wurde und durch zahl-
reiche diplomatische Aktenstücke, sowie durch authentische Korrespondenz der
Jesuiten ausser allem Zweifel steht.
3) Am 3. September 1783 wurde der Vertrag unterschrieben, durch den
Alt-England seine Ansprüche auf Neu-England aufgab. Wie sehr auch in diesem
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[856/0335] Die Entstehung einer neuen Welt. Gott« (nicht zum Gold) und weil sie »einen würdigen, von keinerlei Papismus gefärbten Gottesdienst« wollten, Neu-England! Innerhalb fünfzehn Jahre hatten sich schon zwanzigtausend Engländer, meist aus den bürgerlichen Ständen, dort niedergelassen. Bald darauf trat Cromwell auf, der eigentliche Urheber der englischen Marine und damit auch der englischen Weltmacht. 1) Mit kühner Erkenntnis des Notwendigen griff er ungescheut den spanischen Koloss an, entriss ihm Jamaika und schickte sich an, Brasilien gleichfalls zu erobern, als der Tod ihn seinem Vaterlande raubte. Dann stockte eine Zeit lang die Bewegung: der Kampf gegen die Reaktionsgelüste katholisch ge- sinnter Fürsten forderte wieder alle Kräfte; in England wie anderswo waren die Jesuiten am Werke; von ihnen wurde Karl II. mit Mai- tressen und Geld versorgt; Coleman, die Seele dieser Verschwörung gegen die englische Nation, schrieb damals: »durch die gänzliche Aus- rottung des pestilentialischen Irrglaubens in England — — — werden wir der protestantischen Religion in ganz Europa den Todesschlag ver- setzen«. 2) Erst gegen das Jahr 1700, als Wilhelm von Oranien die verräterischen Stuarts verjagt hatte und die Grundlagen des konstitu- tionellen Staates endgültig festgestellt waren, sowie das Gesetz, dass in Zukunft nie ein römischer Katholik den englischen Thron besteigen dürfe (auch nicht als Gemahl oder Gemahlin), erst dann begann das angelsächsische Werk der Ausbreitung von Neuem, unterstützt durch zahlreiche deutsche Lutheraner und Reformierte, welche vor Verfol- gungen flohen, sowie durch mährische Brüder. Bald (nämlich gegen 1730) lebten in den aufblühenden Kolonien England’s über eine Million Menschen, fast alle Protestanten und echte Germanen, unter denen der sehr harte Kampf ums Dasein strenge Zuchtwahl übte. Auf diese Art ent- stand eine neue grosse Nation, welche sich am Schluss des Jahrhunderts vom Mutterlande gewaltsam trennte, eine neue antirömische Macht ersten Ranges. 3) Doch diese Abtrennung schwächte in nichts die Expansionskraft 1) Seeley: The expansion of England, 1895, S. 146. 2) Vergl. Green: History of the English people VI, 293. Man hat Kapital daraus zu schlagen gesucht, dass einige Fälscher und Meineidige das ganze Land durch die Aufdeckung eines angeblichen, erlogenen Komplotts der Jesuiten irre- führten, doch wird hierdurch nichts gegen das Bestehen einer grossen internationalen Verschwörung bewiesen, welche von Paris aus geleitet wurde und durch zahl- reiche diplomatische Aktenstücke, sowie durch authentische Korrespondenz der Jesuiten ausser allem Zweifel steht. 3) Am 3. September 1783 wurde der Vertrag unterschrieben, durch den Alt-England seine Ansprüche auf Neu-England aufgab. Wie sehr auch in diesem

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. München 1899, S. 856. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen02_1899/335>, abgerufen am 22.11.2024.