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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814.

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Schnee und Eisfelder lagen. Die Luft war sehr
kalt, ich sah mich um, der Wald war hinter mir
verschwunden. Ich machte noch einige Schritte --
um mich herrschte die Stille des Todes, unabseh¬
bar dehnte sich das Eis, worauf ich stand, und
worauf ein dichter Nebel schwer ruhte; die Sonne
stand blutig am Rande des Horizontes. Die Kälte
war unerträglich. Ich wußte nicht, wie mir ge¬
schehen war, der erstarrende Frost zwang mich,
meine Schritte zu beschleunigen, ich vernahm nur
das Gebrause ferner Gewässer, ein Schritt, und
ich war am Eisufer eines Ozeans. Unzählbare
Heerden von Seehunden stürzten sich vor mir
rauschend in die Fluth. Ich folgte diesem Ufer,
ich sah wieder nackte Felsen, Land, Birken- und
Tannenwälder, ich lief noch ein Paar Minuten
gerade vor mir hin. Es ward erstickend heiß, ich
sah mich um, ich stand zwischen schön gebauten
Reisfeldern unter Maulbeerbäumen, ich setzte mich
in deren Schatten, ich sah nach meiner Uhr, ich
hatte vor nicht einer Viertelstunde den Markt¬
flecken verlassen, -- ich glaubte zu träumen, ich
biß mich in die Zunge, um mich zu erwecken;
aber ich wachte wirklich. -- Ich schloß die Augen

Schnee und Eisfelder lagen. Die Luft war ſehr
kalt, ich ſah mich um, der Wald war hinter mir
verſchwunden. Ich machte noch einige Schritte —
um mich herrſchte die Stille des Todes, unabſeh¬
bar dehnte ſich das Eis, worauf ich ſtand, und
worauf ein dichter Nebel ſchwer ruhte; die Sonne
ſtand blutig am Rande des Horizontes. Die Kaͤlte
war unertraͤglich. Ich wußte nicht, wie mir ge¬
ſchehen war, der erſtarrende Froſt zwang mich,
meine Schritte zu beſchleunigen, ich vernahm nur
das Gebrauſe ferner Gewaͤſſer, ein Schritt, und
ich war am Eisufer eines Ozeans. Unzaͤhlbare
Heerden von Seehunden ſtuͤrzten ſich vor mir
rauſchend in die Fluth. Ich folgte dieſem Ufer,
ich ſah wieder nackte Felſen, Land, Birken- und
Tannenwaͤlder, ich lief noch ein Paar Minuten
gerade vor mir hin. Es ward erſtickend heiß, ich
ſah mich um, ich ſtand zwiſchen ſchoͤn gebauten
Reisfeldern unter Maulbeerbaͤumen, ich ſetzte mich
in deren Schatten, ich ſah nach meiner Uhr, ich
hatte vor nicht einer Viertelſtunde den Markt¬
flecken verlaſſen, — ich glaubte zu traͤumen, ich
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aber ich wachte wirklich. — Ich ſchloß die Augen

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[109/0129] Schnee und Eisfelder lagen. Die Luft war ſehr kalt, ich ſah mich um, der Wald war hinter mir verſchwunden. Ich machte noch einige Schritte — um mich herrſchte die Stille des Todes, unabſeh¬ bar dehnte ſich das Eis, worauf ich ſtand, und worauf ein dichter Nebel ſchwer ruhte; die Sonne ſtand blutig am Rande des Horizontes. Die Kaͤlte war unertraͤglich. Ich wußte nicht, wie mir ge¬ ſchehen war, der erſtarrende Froſt zwang mich, meine Schritte zu beſchleunigen, ich vernahm nur das Gebrauſe ferner Gewaͤſſer, ein Schritt, und ich war am Eisufer eines Ozeans. Unzaͤhlbare Heerden von Seehunden ſtuͤrzten ſich vor mir rauſchend in die Fluth. Ich folgte dieſem Ufer, ich ſah wieder nackte Felſen, Land, Birken- und Tannenwaͤlder, ich lief noch ein Paar Minuten gerade vor mir hin. Es ward erſtickend heiß, ich ſah mich um, ich ſtand zwiſchen ſchoͤn gebauten Reisfeldern unter Maulbeerbaͤumen, ich ſetzte mich in deren Schatten, ich ſah nach meiner Uhr, ich hatte vor nicht einer Viertelſtunde den Markt¬ flecken verlaſſen, — ich glaubte zu traͤumen, ich biß mich in die Zunge, um mich zu erwecken; aber ich wachte wirklich. — Ich ſchloß die Augen

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/129>, abgerufen am 21.11.2024.