Wie ich längst der syrischen Küste den Weg, auf den ich mich zum letzten Mal vom Hause ent¬ fernt hatte, zurücklegte, sah ich mir meinen ar¬ men Figaro entgegen kommen. Dieser vortreffli¬ che Pudel schien seinen Herrn, den er lange zu Hause erwartet haben mochte, auf die Spur nach¬ gehen zu wollen. Ich stand still, und rief ihm zu. Er sprang bellend an mich mit tausend rüh¬ renden Äußerungen seiner unschuldigen ausgelasse¬ nen Freude. Ich nahm ihn unter dem Arm, denn freilich konnte er mir nicht folgen, und brachte ihn mit mir wieder nach Hause.
Ich fand dort Alles in der alten Ordnung, und kehrte nach und nach, so wie ich wieder Kräfte bekam, zu meinen vormaligen Beschäftigungen und zu meiner alten Lebensweise zurück. Nur daß ich mich ein ganzes Jahr hindurch der mir ganz un¬ zuträglichen Polar-Kälte enthielt. --
Und so, mein lieber Chamisso, leb' ich noch heute. Meine Stiefel nutzen sich nicht ab, wie das sehr gelehrte Werk des berühmten Tieckius, de rebus gestis Pollicilli, es mich
Wie ich laͤngſt der ſyriſchen Kuͤſte den Weg, auf den ich mich zum letzten Mal vom Hauſe ent¬ fernt hatte, zuruͤcklegte, ſah ich mir meinen ar¬ men Figaro entgegen kommen. Dieſer vortreffli¬ che Pudel ſchien ſeinen Herrn, den er lange zu Hauſe erwartet haben mochte, auf die Spur nach¬ gehen zu wollen. Ich ſtand ſtill, und rief ihm zu. Er ſprang bellend an mich mit tauſend ruͤh¬ renden Äußerungen ſeiner unſchuldigen ausgelaſſe¬ nen Freude. Ich nahm ihn unter dem Arm, denn freilich konnte er mir nicht folgen, und brachte ihn mit mir wieder nach Hauſe.
Ich fand dort Alles in der alten Ordnung, und kehrte nach und nach, ſo wie ich wieder Kraͤfte bekam, zu meinen vormaligen Beſchaͤftigungen und zu meiner alten Lebensweiſe zuruͤck. Nur daß ich mich ein ganzes Jahr hindurch der mir ganz un¬ zutraͤglichen Polar-Kaͤlte enthielt. —
Und ſo, mein lieber Chamiſſo, leb' ich noch heute. Meine Stiefel nutzen ſich nicht ab, wie das ſehr gelehrte Werk des beruͤhmten Tieckius, de rebus gestis Pollicilli, es mich
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Wie ich laͤngſt der ſyriſchen Kuͤſte den Weg,
auf den ich mich zum letzten Mal vom Hauſe ent¬
fernt hatte, zuruͤcklegte, ſah ich mir meinen ar¬
men Figaro entgegen kommen. Dieſer vortreffli¬
che Pudel ſchien ſeinen Herrn, den er lange zu
Hauſe erwartet haben mochte, auf die Spur nach¬
gehen zu wollen. Ich ſtand ſtill, und rief ihm
zu. Er ſprang bellend an mich mit tauſend ruͤh¬
renden Äußerungen ſeiner unſchuldigen ausgelaſſe¬
nen Freude. Ich nahm ihn unter dem Arm,
denn freilich konnte er mir nicht folgen, und brachte
ihn mit mir wieder nach Hauſe.
Ich fand dort Alles in der alten Ordnung,
und kehrte nach und nach, ſo wie ich wieder Kraͤfte
bekam, zu meinen vormaligen Beſchaͤftigungen und
zu meiner alten Lebensweiſe zuruͤck. Nur daß ich
mich ein ganzes Jahr hindurch der mir ganz un¬
zutraͤglichen Polar-Kaͤlte enthielt. —
Und ſo, mein lieber Chamiſſo, leb' ich
noch heute. Meine Stiefel nutzen ſich nicht
ab, wie das ſehr gelehrte Werk des beruͤhmten
Tieckius, de rebus gestis Pollicilli, es mich
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Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/144>, abgerufen am 17.07.2024.
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