Eben die schöne Fanny, der ich am dritten Ort wieder begegnete, schenkte mir, ohne sich zu erinnern, mich jemals gesehen zu haben, einige Aufmerksamkeit, denn jetzt hatt' ich Witz und Ver¬ stand. -- Wenn ich redete, hörte man zu, und ich wußte selber nicht, wie ich zu der Kunst ge¬ kommen war, das Gespräch so leicht zu führen und zu beherrschen. Der Eindruck, den ich auf die Schöne gemacht zu haben einsah, machte aus mir, was sie eben begehrte, einen Narren, und ich folgte ihr seither mit tausend Mühen durch Schatten und Dämmerung, wo ich nur konnte. Ich war nur eitel darauf, sie über mich eitel zu machen, und konnte mir, selbst mit dem besten Willen nicht, den Rausch aus dem Kopf ins Herz zwingen.
Aber wozu die ganz gemeine Geschichte dir lang und breit wiederholen? -- Du selber hast sie mir oft genug von andern Ehrenleuten erzählt. -- Zu dem alten wohlbekannten Spiele, worin ich gutmüthig eine abgedroschene Rolle übernommen, kam freilich eine ganz eigens gedichtete Katastro¬ phe hinzu, mir und ihr und Allen unerwartet.
C
Eben die ſchoͤne Fanny, der ich am dritten Ort wieder begegnete, ſchenkte mir, ohne ſich zu erinnern, mich jemals geſehen zu haben, einige Aufmerkſamkeit, denn jetzt hatt' ich Witz und Ver¬ ſtand. — Wenn ich redete, hoͤrte man zu, und ich wußte ſelber nicht, wie ich zu der Kunſt ge¬ kommen war, das Geſpraͤch ſo leicht zu fuͤhren und zu beherrſchen. Der Eindruck, den ich auf die Schoͤne gemacht zu haben einſah, machte aus mir, was ſie eben begehrte, einen Narren, und ich folgte ihr ſeither mit tauſend Muͤhen durch Schatten und Daͤmmerung, wo ich nur konnte. Ich war nur eitel darauf, ſie uͤber mich eitel zu machen, und konnte mir, ſelbſt mit dem beſten Willen nicht, den Rauſch aus dem Kopf ins Herz zwingen.
Aber wozu die ganz gemeine Geſchichte dir lang und breit wiederholen? — Du ſelber haſt ſie mir oft genug von andern Ehrenleuten erzaͤhlt. — Zu dem alten wohlbekannten Spiele, worin ich gutmuͤthig eine abgedroſchene Rolle uͤbernommen, kam freilich eine ganz eigens gedichtete Kataſtro¬ phe hinzu, mir und ihr und Allen unerwartet.
C
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0053"n="33"/><p>Eben die ſchoͤne <hirendition="#g">Fanny</hi>, der ich am dritten<lb/>
Ort wieder begegnete, ſchenkte mir, ohne ſich zu<lb/>
erinnern, mich jemals geſehen zu haben, einige<lb/>
Aufmerkſamkeit, denn jetzt hatt' ich Witz und Ver¬<lb/>ſtand. — Wenn ich redete, hoͤrte man zu, und<lb/>
ich wußte ſelber nicht, wie ich zu der Kunſt ge¬<lb/>
kommen war, das Geſpraͤch ſo leicht zu fuͤhren<lb/>
und zu beherrſchen. Der Eindruck, den ich auf<lb/>
die Schoͤne gemacht zu haben einſah, machte aus<lb/>
mir, was ſie eben begehrte, einen Narren, und<lb/>
ich folgte ihr ſeither mit tauſend Muͤhen durch<lb/>
Schatten und Daͤmmerung, wo ich nur konnte.<lb/>
Ich war nur eitel darauf, ſie uͤber mich eitel zu<lb/>
machen, und konnte mir, ſelbſt mit dem beſten<lb/>
Willen nicht, den Rauſch aus dem Kopf ins<lb/>
Herz zwingen.</p><lb/><p>Aber wozu die ganz gemeine Geſchichte dir<lb/>
lang und breit wiederholen? — Du ſelber haſt ſie<lb/>
mir oft genug von andern Ehrenleuten erzaͤhlt. —<lb/>
Zu dem alten wohlbekannten Spiele, worin ich<lb/>
gutmuͤthig eine abgedroſchene Rolle uͤbernommen,<lb/>
kam freilich eine ganz eigens gedichtete Kataſtro¬<lb/>
phe hinzu, mir und ihr und Allen unerwartet.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">C<lb/></fw></div></body></text></TEI>
[33/0053]
Eben die ſchoͤne Fanny, der ich am dritten
Ort wieder begegnete, ſchenkte mir, ohne ſich zu
erinnern, mich jemals geſehen zu haben, einige
Aufmerkſamkeit, denn jetzt hatt' ich Witz und Ver¬
ſtand. — Wenn ich redete, hoͤrte man zu, und
ich wußte ſelber nicht, wie ich zu der Kunſt ge¬
kommen war, das Geſpraͤch ſo leicht zu fuͤhren
und zu beherrſchen. Der Eindruck, den ich auf
die Schoͤne gemacht zu haben einſah, machte aus
mir, was ſie eben begehrte, einen Narren, und
ich folgte ihr ſeither mit tauſend Muͤhen durch
Schatten und Daͤmmerung, wo ich nur konnte.
Ich war nur eitel darauf, ſie uͤber mich eitel zu
machen, und konnte mir, ſelbſt mit dem beſten
Willen nicht, den Rauſch aus dem Kopf ins
Herz zwingen.
Aber wozu die ganz gemeine Geſchichte dir
lang und breit wiederholen? — Du ſelber haſt ſie
mir oft genug von andern Ehrenleuten erzaͤhlt. —
Zu dem alten wohlbekannten Spiele, worin ich
gutmuͤthig eine abgedroſchene Rolle uͤbernommen,
kam freilich eine ganz eigens gedichtete Kataſtro¬
phe hinzu, mir und ihr und Allen unerwartet.
C
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/53>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.