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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814.

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mir, alles vorhersehend, Anstalten treffend, und
wo Gefahr unversehens drohte, mich schnell mit
seinem Schatten überdeckend, denn er war größer
und stärker als ich. So wagt' ich mich wieder
unter die Menschen, und begann eine Rolle in
der Welt zu spielen. Ich mußte freilich viele
Eigenheiten und Launen scheinbar annehmen. Sol¬
che stehen aber dem Reichen gut, und so lange
die Wahrheit nur verborgen blieb, genoß ich alle
der Ehre und Achtung, die meinem Golde zukam.
Ich sah ruhiger dem über Jahr und Tag ver¬
heißenen Besuch des räthselhaften Unbekannten ent¬
gegen.

Ich fühlte sehr wohl, daß ich mich nicht lange
an einem Orte aufhalten durfte, wo man mich
schon ohne Schatten gesehen, und wo ich leicht
verrathen werden konnte; auch dacht' ich vielleicht
nur allein noch daran, wie ich mich bei Herrn John
gezeigt, und es war mir eine drückende Erinnerung,
demnach wollt' ich hier bloß Probe halten, um an¬
derswo leichter und zuversichtlicher auftreten zu kön¬
nen -- doch fand sich, was mich eine Zeitlang an
meine Eitelkeit festhielt: das ist im Menschen, wo
der Anker am zuverläßigsten Grund faßt.

Eben

mir, alles vorherſehend, Anſtalten treffend, und
wo Gefahr unverſehens drohte, mich ſchnell mit
ſeinem Schatten uͤberdeckend, denn er war groͤßer
und ſtaͤrker als ich. So wagt' ich mich wieder
unter die Menſchen, und begann eine Rolle in
der Welt zu ſpielen. Ich mußte freilich viele
Eigenheiten und Launen ſcheinbar annehmen. Sol¬
che ſtehen aber dem Reichen gut, und ſo lange
die Wahrheit nur verborgen blieb, genoß ich alle
der Ehre und Achtung, die meinem Golde zukam.
Ich ſah ruhiger dem uͤber Jahr und Tag ver¬
heißenen Beſuch des raͤthſelhaften Unbekannten ent¬
gegen.

Ich fuͤhlte ſehr wohl, daß ich mich nicht lange
an einem Orte aufhalten durfte, wo man mich
ſchon ohne Schatten geſehen, und wo ich leicht
verrathen werden konnte; auch dacht' ich vielleicht
nur allein noch daran, wie ich mich bei Herrn John
gezeigt, und es war mir eine druͤckende Erinnerung,
demnach wollt' ich hier bloß Probe halten, um an¬
derswo leichter und zuverſichtlicher auftreten zu koͤn¬
nen — doch fand ſich, was mich eine Zeitlang an
meine Eitelkeit feſthielt: das iſt im Menſchen, wo
der Anker am zuverlaͤßigſten Grund faßt.

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[32/0052] mir, alles vorherſehend, Anſtalten treffend, und wo Gefahr unverſehens drohte, mich ſchnell mit ſeinem Schatten uͤberdeckend, denn er war groͤßer und ſtaͤrker als ich. So wagt' ich mich wieder unter die Menſchen, und begann eine Rolle in der Welt zu ſpielen. Ich mußte freilich viele Eigenheiten und Launen ſcheinbar annehmen. Sol¬ che ſtehen aber dem Reichen gut, und ſo lange die Wahrheit nur verborgen blieb, genoß ich alle der Ehre und Achtung, die meinem Golde zukam. Ich ſah ruhiger dem uͤber Jahr und Tag ver¬ heißenen Beſuch des raͤthſelhaften Unbekannten ent¬ gegen. Ich fuͤhlte ſehr wohl, daß ich mich nicht lange an einem Orte aufhalten durfte, wo man mich ſchon ohne Schatten geſehen, und wo ich leicht verrathen werden konnte; auch dacht' ich vielleicht nur allein noch daran, wie ich mich bei Herrn John gezeigt, und es war mir eine druͤckende Erinnerung, demnach wollt' ich hier bloß Probe halten, um an¬ derswo leichter und zuverſichtlicher auftreten zu koͤn¬ nen — doch fand ſich, was mich eine Zeitlang an meine Eitelkeit feſthielt: das iſt im Menſchen, wo der Anker am zuverlaͤßigſten Grund faßt. Eben

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/52>, abgerufen am 21.11.2024.