Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

ward, einem schattenlosen Herrn zu dienen!" Er
schwieg, und ich hielt mein Gesicht in meinen
Händen. --

"Bendel," setzt' ich spät und zitternd hin¬
zu, "nun hast Du mein Vertrauen, nun kannst
Du es verrathen. Geh' hin und zeuge wider
mich." -- Er schien in schwerem Kampfe mit
sich selber, endlich stürzte er vor mir nieder, und
ergriff meine Hand, die er mit seinen Thränen be¬
netzte. "Nein," rief er aus, "was die Welt
auch meine, ich kann und werde um Schattens¬
willen meinen gütigen Herrn nicht verlassen, ich
werde recht, und nicht klug handeln, ich werde
bei Ihnen bleiben, Ihnen meinen Schatten bor¬
gen, Ihnen helfen, wo ich kann, mit Ihnen wei¬
nen." Ich fiel ihm um den Hals, ob solcher
ungewohnten Gesinnung staunend;[...] denn ich war
von ihm überzeugt, daß er es nicht um Geld
that.

Seitdem änderten sich in Etwas mein Schick¬
sal und meine Lebensweise. Es ist unbeschreiblich,
wie vorsorglich Bendel mein Gebrechen zu ver¬
helen wußte. Überall war er vor mir und mit

ward, einem ſchattenloſen Herrn zu dienen!„ Er
ſchwieg, und ich hielt mein Geſicht in meinen
Haͤnden. —

Bendel,„ ſetzt' ich ſpaͤt und zitternd hin¬
zu, “nun haſt Du mein Vertrauen, nun kannſt
Du es verrathen. Geh' hin und zeuge wider
mich.„ — Er ſchien in ſchwerem Kampfe mit
ſich ſelber, endlich ſtuͤrzte er vor mir nieder, und
ergriff meine Hand, die er mit ſeinen Thraͤnen be¬
netzte. “Nein,„ rief er aus, “was die Welt
auch meine, ich kann und werde um Schattens¬
willen meinen guͤtigen Herrn nicht verlaſſen, ich
werde recht, und nicht klug handeln, ich werde
bei Ihnen bleiben, Ihnen meinen Schatten bor¬
gen, Ihnen helfen, wo ich kann, mit Ihnen wei¬
nen.„ Ich fiel ihm um den Hals, ob ſolcher
ungewohnten Geſinnung ſtaunend;[…] denn ich war
von ihm uͤberzeugt, daß er es nicht um Geld
that.

Seitdem aͤnderten ſich in Etwas mein Schick¬
ſal und meine Lebensweiſe. Es iſt unbeſchreiblich,
wie vorſorglich Bendel mein Gebrechen zu ver¬
helen wußte. Überall war er vor mir und mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0051" n="31"/>
ward, einem &#x017F;chattenlo&#x017F;en Herrn zu dienen!&#x201E; Er<lb/>
&#x017F;chwieg, und ich hielt mein Ge&#x017F;icht in meinen<lb/>
Ha&#x0364;nden. &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201C;<hi rendition="#g">Bendel</hi>,&#x201E; &#x017F;etzt' ich &#x017F;pa&#x0364;t und zitternd hin¬<lb/>
zu, &#x201C;nun ha&#x017F;t Du mein Vertrauen, nun kann&#x017F;t<lb/>
Du es verrathen. Geh' hin und zeuge wider<lb/>
mich.&#x201E; &#x2014; Er &#x017F;chien in &#x017F;chwerem Kampfe mit<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elber, endlich &#x017F;tu&#x0364;rzte er vor mir nieder, und<lb/>
ergriff meine Hand, die er mit &#x017F;einen Thra&#x0364;nen be¬<lb/>
netzte. &#x201C;Nein,&#x201E; rief er aus, &#x201C;was die Welt<lb/>
auch meine, ich kann und werde um Schattens¬<lb/>
willen meinen gu&#x0364;tigen Herrn nicht verla&#x017F;&#x017F;en, ich<lb/>
werde recht, und nicht klug handeln, ich werde<lb/>
bei Ihnen bleiben, Ihnen meinen Schatten bor¬<lb/>
gen, Ihnen helfen, wo ich kann, mit Ihnen wei¬<lb/>
nen.&#x201E; Ich fiel ihm um den Hals, ob &#x017F;olcher<lb/>
ungewohnten Ge&#x017F;innung &#x017F;taunend;<choice><sic>.</sic><corr/></choice> denn ich war<lb/>
von ihm u&#x0364;berzeugt, daß er es nicht um Geld<lb/>
that.</p><lb/>
        <p>Seitdem a&#x0364;nderten &#x017F;ich in Etwas mein Schick¬<lb/>
&#x017F;al und meine Lebenswei&#x017F;e. Es i&#x017F;t unbe&#x017F;chreiblich,<lb/>
wie vor&#x017F;orglich <hi rendition="#g">Bendel</hi> mein Gebrechen zu ver¬<lb/>
helen wußte. Überall war er vor mir und mit<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0051] ward, einem ſchattenloſen Herrn zu dienen!„ Er ſchwieg, und ich hielt mein Geſicht in meinen Haͤnden. — “Bendel,„ ſetzt' ich ſpaͤt und zitternd hin¬ zu, “nun haſt Du mein Vertrauen, nun kannſt Du es verrathen. Geh' hin und zeuge wider mich.„ — Er ſchien in ſchwerem Kampfe mit ſich ſelber, endlich ſtuͤrzte er vor mir nieder, und ergriff meine Hand, die er mit ſeinen Thraͤnen be¬ netzte. “Nein,„ rief er aus, “was die Welt auch meine, ich kann und werde um Schattens¬ willen meinen guͤtigen Herrn nicht verlaſſen, ich werde recht, und nicht klug handeln, ich werde bei Ihnen bleiben, Ihnen meinen Schatten bor¬ gen, Ihnen helfen, wo ich kann, mit Ihnen wei¬ nen.„ Ich fiel ihm um den Hals, ob ſolcher ungewohnten Geſinnung ſtaunend; denn ich war von ihm uͤberzeugt, daß er es nicht um Geld that. Seitdem aͤnderten ſich in Etwas mein Schick¬ ſal und meine Lebensweiſe. Es iſt unbeſchreiblich, wie vorſorglich Bendel mein Gebrechen zu ver¬ helen wußte. Überall war er vor mir und mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/51
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/51>, abgerufen am 24.11.2024.