leises Geräusch auf, ich warf, zur Flucht bereit, den Blick um mich her, ich sah Niemand: aber es kam auf dem sonnigen Sande an mir vorbei geglitten ein Menschenschatten, dem meinigen nicht unähnlich, welcher, allein daher wandelnd, von seinem Herrn abgekommen zu seyn schien.
Da erwachte in mir ein mächtiger Trieb: Schatten, dacht' ich, suchst du deinen Herrn? der will ich seyn. Und ich sprang hinzu, mich seiner zu bemächtigen; ich dachte nemlich, daß, wenn es mir glückte, in seine Spur zu treten, so, daß er mir an die Füße käme, er wohl daran hängen bleiben würde, und sich mit der Zeit an mich ge¬ wöhnen.
Der Schatten, auf meine Bewegung, nahm vor mir die Flucht, und ich mußte auf den leich¬ ten Flüchtling eine angestrengte Jagd beginnen, zu der mich allein der Gedanke, mich aus der furchtbaren Lage, in der ich war, zu retten, mit hinreichenden Kräften ausrüsten konnte. Er floh einem freilich noch entfernten Walde zu, in dessen Schatten ich ihn nothwendig hätte verlie¬ ren müssen, -- ich sah's, ein Schreck durchzuckte
leiſes Geraͤuſch auf, ich warf, zur Flucht bereit, den Blick um mich her, ich ſah Niemand: aber es kam auf dem ſonnigen Sande an mir vorbei geglitten ein Menſchenſchatten, dem meinigen nicht unaͤhnlich, welcher, allein daher wandelnd, von ſeinem Herrn abgekommen zu ſeyn ſchien.
Da erwachte in mir ein maͤchtiger Trieb: Schatten, dacht' ich, ſuchſt du deinen Herrn? der will ich ſeyn. Und ich ſprang hinzu, mich ſeiner zu bemaͤchtigen; ich dachte nemlich, daß, wenn es mir gluͤckte, in ſeine Spur zu treten, ſo, daß er mir an die Fuͤße kaͤme, er wohl daran haͤngen bleiben wuͤrde, und ſich mit der Zeit an mich ge¬ woͤhnen.
Der Schatten, auf meine Bewegung, nahm vor mir die Flucht, und ich mußte auf den leich¬ ten Fluͤchtling eine angeſtrengte Jagd beginnen, zu der mich allein der Gedanke, mich aus der furchtbaren Lage, in der ich war, zu retten, mit hinreichenden Kraͤften ausruͤſten konnte. Er floh einem freilich noch entfernten Walde zu, in deſſen Schatten ich ihn nothwendig haͤtte verlie¬ ren muͤſſen, — ich ſah’s, ein Schreck durchzuckte
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0092"n="72"/>
leiſes Geraͤuſch auf, ich warf, zur Flucht bereit,<lb/>
den Blick um mich her, ich ſah Niemand: aber<lb/>
es kam auf dem ſonnigen Sande an mir vorbei<lb/>
geglitten ein Menſchenſchatten, dem meinigen nicht<lb/>
unaͤhnlich, welcher, allein daher wandelnd, von<lb/>ſeinem Herrn abgekommen zu ſeyn ſchien.</p><lb/><p>Da erwachte in mir ein maͤchtiger Trieb:<lb/>
Schatten, dacht' ich, ſuchſt du deinen Herrn? der<lb/>
will ich ſeyn. Und ich ſprang hinzu, mich ſeiner<lb/>
zu bemaͤchtigen; ich dachte nemlich, daß, wenn es<lb/>
mir gluͤckte, in ſeine Spur zu treten, ſo, daß<lb/>
er mir an die Fuͤße kaͤme, er wohl daran haͤngen<lb/>
bleiben wuͤrde, und ſich mit der Zeit an mich ge¬<lb/>
woͤhnen.</p><lb/><p>Der Schatten, auf meine Bewegung, nahm<lb/>
vor mir die Flucht, und ich mußte auf den leich¬<lb/>
ten Fluͤchtling eine angeſtrengte Jagd beginnen,<lb/>
zu der mich allein der Gedanke, mich aus der<lb/>
furchtbaren Lage, in der ich war, zu retten,<lb/>
mit hinreichenden Kraͤften ausruͤſten konnte. Er<lb/>
floh einem freilich noch entfernten Walde zu, in<lb/>
deſſen Schatten ich ihn nothwendig haͤtte verlie¬<lb/>
ren muͤſſen, — ich ſah’s, ein Schreck durchzuckte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[72/0092]
leiſes Geraͤuſch auf, ich warf, zur Flucht bereit,
den Blick um mich her, ich ſah Niemand: aber
es kam auf dem ſonnigen Sande an mir vorbei
geglitten ein Menſchenſchatten, dem meinigen nicht
unaͤhnlich, welcher, allein daher wandelnd, von
ſeinem Herrn abgekommen zu ſeyn ſchien.
Da erwachte in mir ein maͤchtiger Trieb:
Schatten, dacht' ich, ſuchſt du deinen Herrn? der
will ich ſeyn. Und ich ſprang hinzu, mich ſeiner
zu bemaͤchtigen; ich dachte nemlich, daß, wenn es
mir gluͤckte, in ſeine Spur zu treten, ſo, daß
er mir an die Fuͤße kaͤme, er wohl daran haͤngen
bleiben wuͤrde, und ſich mit der Zeit an mich ge¬
woͤhnen.
Der Schatten, auf meine Bewegung, nahm
vor mir die Flucht, und ich mußte auf den leich¬
ten Fluͤchtling eine angeſtrengte Jagd beginnen,
zu der mich allein der Gedanke, mich aus der
furchtbaren Lage, in der ich war, zu retten,
mit hinreichenden Kraͤften ausruͤſten konnte. Er
floh einem freilich noch entfernten Walde zu, in
deſſen Schatten ich ihn nothwendig haͤtte verlie¬
ren muͤſſen, — ich ſah’s, ein Schreck durchzuckte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/92>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.