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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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Anm. Wenn ich hier das tiefste C des Klaviers als den tiefsten Ton einer runden Scheibe bey 2|0
angenommen habe, so ist es nicht etwa so zu verstehen, als ob man sich wirklich einer Scheibe
bedienen könne, welche diese so tiefen Töne sowohl wie auch alle die übrigen höhten gäbe. Es
würden nähmlich an einer Scheibe, die groß und dünn genug wäre, um die höchsten hier er-
wähnten Töne zu geben, die tiefern Töne entweder gar nicht, oder nur mit vieler Mühe, und
sowohl in Ansehung der Figur, als in Ansehung der Töne nur sehr unvollkommen können hervor-
gebracht werden. Man bediene sich also zu Hervorbringung der einfachern Schwingungsarten
kleinerer, und zu Hervorbringung der mehr zusammengesetzten Schwingungsarten größerer Schei-
ben, und transponire die Töne gehörig, indem hier nicht von absoluter Höhe derse[lb]en, die bey
jeder Scheibe anders seyn kann, sondern von den Verhältnissen der Töne unter einander die [Re]de
ist. Die größten von mir untersuchten Scheiben hatten etwa 2 Rheinländische Fuß, und die
kleinsten nur wenige Zoll im Durchmesser.
141.

Außer den bisher erwähnten Schwingungsarten, wo eine runde Scheibe als ganz
frey anzusehen ist, sind, wie ich es auch schon an einer Quadratscheibe §. 117. gezeigt habe,
noch andere möglich, die in die Reihen der vorigen gar nicht gehören, und von denselben eben
so verschieden sind, wie die Schwingungen eines Stabes, dessen eines Ende aufgestemmt ist
(§. 81.) von den Schwingungen eines freyen Stabes (§. 82). Einige dergleichen Klangsigu-
ren habe ich von Fig. 122 bis 126. abgebildet, und die Stelle, wo man die Scheibe anstemmen
muß, durch die oberwärts nach dem Rande zu befindlichen Punkte, welche den sich daselbst
eben sowohl wie auf den Knotenlinien anhäufenden Sand vorstellen, die Stelle, wo man die
Scheide mit der Spitze des Daumen und noch eines Fingers hält, durch n und die Stelle, wo
man streicht, durch p bezeichnet. Fig. 122. ist in ihrer Art eben das, was an einem Stabe,
dessen eines Ende an einen festen Körper angestemmt ist, die erste Schwingungsart Fig. 22. ist;
der Ton ist ungefähr um eine große Sexte tiefer als bey Fig. 99. Bey Fig. 123. ist der Ton
fast um eine Octave und einen ganzen Ton, bey Fig. 124. um etwas mehr als eine Octave und
eine Quinte, bey Fig. 125. beynahe um zwey Octaven und eine große Terz, bey Fig. 126. um
2 Octaven und eine kleine Sexte höher, als bey Fig. 122.

V. Ueber elliptische Scheiben.
142.

An elliptischen Scheiben haben die Schwingungsarten, wenn beyde Durchmesser der.
Scheibe nur wenig verschieden sind, viele Aehnlichkeit mit den Schwingungen einer runden

Anm. Wenn ich hier das tiefſte C des Klaviers als den tiefſten Ton einer runden Scheibe bey 2|0
angenommen habe, ſo iſt es nicht etwa ſo zu verſtehen, als ob man ſich wirklich einer Scheibe
bedienen koͤnne, welche dieſe ſo tiefen Toͤne ſowohl wie auch alle die uͤbrigen hoͤhten gaͤbe. Es
wuͤrden naͤhmlich an einer Scheibe, die groß und duͤnn genug waͤre, um die hoͤchſten hier er-
waͤhnten Toͤne zu geben, die tiefern Toͤne entweder gar nicht, oder nur mit vieler Muͤhe, und
ſowohl in Anſehung der Figur, als in Anſehung der Toͤne nur ſehr unvollkommen koͤnnen hervor-
gebracht werden. Man bediene ſich alſo zu Hervorbringung der einfachern Schwingungsarten
kleinerer, und zu Hervorbringung der mehr zuſammengeſetzten Schwingungsarten groͤßerer Schei-
ben, und transponire die Toͤne gehoͤrig, indem hier nicht von abſoluter Hoͤhe derſe[lb]en, die bey
jeder Scheibe anders ſeyn kann, ſondern von den Verhaͤltniſſen der Toͤne unter einander die [Re]de
iſt. Die groͤßten von mir unterſuchten Scheiben hatten etwa 2 Rheinlaͤndiſche Fuß, und die
kleinſten nur wenige Zoll im Durchmeſſer.
141.

Außer den bisher erwaͤhnten Schwingungsarten, wo eine runde Scheibe als ganz
frey anzuſehen iſt, ſind, wie ich es auch ſchon an einer Quadratſcheibe §. 117. gezeigt habe,
noch andere moͤglich, die in die Reihen der vorigen gar nicht gehoͤren, und von denſelben eben
ſo verſchieden ſind, wie die Schwingungen eines Stabes, deſſen eines Ende aufgeſtemmt iſt
(§. 81.) von den Schwingungen eines freyen Stabes (§. 82). Einige dergleichen Klangſigu-
ren habe ich von Fig. 122 bis 126. abgebildet, und die Stelle, wo man die Scheibe anſtemmen
muß, durch die oberwaͤrts nach dem Rande zu befindlichen Punkte, welche den ſich daſelbſt
eben ſowohl wie auf den Knotenlinien anhaͤufenden Sand vorſtellen, die Stelle, wo man die
Scheide mit der Spitze des Daumen und noch eines Fingers haͤlt, durch n und die Stelle, wo
man ſtreicht, durch p bezeichnet. Fig. 122. iſt in ihrer Art eben das, was an einem Stabe,
deſſen eines Ende an einen feſten Koͤrper angeſtemmt iſt, die erſte Schwingungsart Fig. 22. iſt;
der Ton iſt ungefaͤhr um eine große Sexte tiefer als bey Fig. 99. Bey Fig. 123. iſt der Ton
faſt um eine Octave und einen ganzen Ton, bey Fig. 124. um etwas mehr als eine Octave und
eine Quinte, bey Fig. 125. beynahe um zwey Octaven und eine große Terz, bey Fig. 126. um
2 Octaven und eine kleine Sexte hoͤher, als bey Fig. 122.

V. Ueber elliptiſche Scheiben.
142.

An elliptiſchen Scheiben haben die Schwingungsarten, wenn beyde Durchmeſſer der.
Scheibe nur wenig verſchieden ſind, viele Aehnlichkeit mit den Schwingungen einer runden

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[166/0200] Anm. Wenn ich hier das tiefſte C des Klaviers als den tiefſten Ton einer runden Scheibe bey 2|0 angenommen habe, ſo iſt es nicht etwa ſo zu verſtehen, als ob man ſich wirklich einer Scheibe bedienen koͤnne, welche dieſe ſo tiefen Toͤne ſowohl wie auch alle die uͤbrigen hoͤhten gaͤbe. Es wuͤrden naͤhmlich an einer Scheibe, die groß und duͤnn genug waͤre, um die hoͤchſten hier er- waͤhnten Toͤne zu geben, die tiefern Toͤne entweder gar nicht, oder nur mit vieler Muͤhe, und ſowohl in Anſehung der Figur, als in Anſehung der Toͤne nur ſehr unvollkommen koͤnnen hervor- gebracht werden. Man bediene ſich alſo zu Hervorbringung der einfachern Schwingungsarten kleinerer, und zu Hervorbringung der mehr zuſammengeſetzten Schwingungsarten groͤßerer Schei- ben, und transponire die Toͤne gehoͤrig, indem hier nicht von abſoluter Hoͤhe derſelben, die bey jeder Scheibe anders ſeyn kann, ſondern von den Verhaͤltniſſen der Toͤne unter einander die Rede iſt. Die groͤßten von mir unterſuchten Scheiben hatten etwa 2 Rheinlaͤndiſche Fuß, und die kleinſten nur wenige Zoll im Durchmeſſer. 141. Außer den bisher erwaͤhnten Schwingungsarten, wo eine runde Scheibe als ganz frey anzuſehen iſt, ſind, wie ich es auch ſchon an einer Quadratſcheibe §. 117. gezeigt habe, noch andere moͤglich, die in die Reihen der vorigen gar nicht gehoͤren, und von denſelben eben ſo verſchieden ſind, wie die Schwingungen eines Stabes, deſſen eines Ende aufgeſtemmt iſt (§. 81.) von den Schwingungen eines freyen Stabes (§. 82). Einige dergleichen Klangſigu- ren habe ich von Fig. 122 bis 126. abgebildet, und die Stelle, wo man die Scheibe anſtemmen muß, durch die oberwaͤrts nach dem Rande zu befindlichen Punkte, welche den ſich daſelbſt eben ſowohl wie auf den Knotenlinien anhaͤufenden Sand vorſtellen, die Stelle, wo man die Scheide mit der Spitze des Daumen und noch eines Fingers haͤlt, durch n und die Stelle, wo man ſtreicht, durch p bezeichnet. Fig. 122. iſt in ihrer Art eben das, was an einem Stabe, deſſen eines Ende an einen feſten Koͤrper angeſtemmt iſt, die erſte Schwingungsart Fig. 22. iſt; der Ton iſt ungefaͤhr um eine große Sexte tiefer als bey Fig. 99. Bey Fig. 123. iſt der Ton faſt um eine Octave und einen ganzen Ton, bey Fig. 124. um etwas mehr als eine Octave und eine Quinte, bey Fig. 125. beynahe um zwey Octaven und eine große Terz, bey Fig. 126. um 2 Octaven und eine kleine Sexte hoͤher, als bey Fig. 122. V. Ueber elliptiſche Scheiben. 142. An elliptiſchen Scheiben haben die Schwingungsarten, wenn beyde Durchmeſſer der. Scheibe nur wenig verſchieden ſind, viele Aehnlichkeit mit den Schwingungen einer runden

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/200>, abgerufen am 19.05.2024.