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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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die eine eigentliche Multiplication der Tonverhältnisse ist, oder auch durch harmonische Sub-
traction
der Jntervalle, welche in einer Division eines Verhältnisses durch das andere
besteht. Man finder also bey dieser Art der Darstellung eben dasselbe, was bisher hier auf
etwas andere Art ist vorgetragen worden.

Will man die arithmetische Theilung weiter fortsetzen, so findet man nach
und nach die §. 27. erwähnte natürliche Reihe der Schwingungszahlen 1, 2, 3, 4, 5,
6, 7, und so fort; aber durch weitere Fortsetzung der harmonischen Theilung würde man
die Reihe der diesen Tönen zukommenden Saitenlängen 1, 1/2, 1/3 , 1/4, 1/5 , 1/6 , u. s. w.
erhalten.

Die geometrische Theilung, durch welche man Verhältnisse erhält, deren
Quotienten gleich sind, läßt sich zwar nicht zu Findung der Jntervalle anwenden, desto
brauchbarer ist sie aber, wie im folgenden Abschnitte wird gezeigt werden, zu gewissen noth-
wendigen Abänderungen derselben.

1. Anm. Marpurg hat in seiner sehr lehrreichen Schrift: Versuch über die musikalische Tem-
peratur (Breßlan 1776. 8.) im 11ten §. ein Versehen begangen, indem er die harmenische Thei-
lung der großen Serte nicht erwähnt, dagegen aber gesagt hat, daß die kleine Sexte sich in
die Quarte und kleine Terz theilen lasse, da man doch durch eine solche Theilung ganz andere
Verhältnisse, nähmlich und erhalten würde.
2. Anm. Leibnitz erwähnt in epist. ad diversus tom. I. ep. 154. eine Theilung der Saite des
Monochords in extrema et media ratione, er will nähmlich, daß die Saite so in 2 Theile ge-
theilt werde, daß die ganze Saite sich zu dem größern Theile, wie dieser zum kleinern Theile ver-
halte. Bemerkungen darüber von Hrn. Senator Schübler in Heilbronn finden sich in Boßlers
musikalischen Correspondenz der deutschen filarmonischen Gesellschaft 1791. Nr. 23 und 24. Es ist
diese Theilung eben dasselbe, was von einigen ältern Mathematikern, die besondere Eigenschaften
da[r]in finden wollten, sectio aurea, oder sectio divina genennt worden ist. Da ich hier die Ton-
verhältnisse nicht aus den Saitenlängen, sondern aus den Schwingungszahlen herleite, so müßte
hier die Aufgabe so ausgedrückt werden: zu einer gegebenen Zahl zwey stetige geometrische Propor-
tionalzahlen zu finden, deren Summe der gegebenen Zahl gleich ist. Wenn die gegebene Zahl 1
ist, so wird die zweyte Zahl seyn = und die dritte Zahl = , die gesuchten Zahlen
werden also seyn 1 : 0,618033988 .. : 0,381966011 .. Das Verhältniß der dritten Zahl zur 2ten,
und dieser zur ersten fällt zwischen die kleine und große Sexte, und das Verhältniß der dritten
zur ersten fällt zwischen die große Terz und Quarte. Zu Erhaltung brauchbarer Jntervalle scheint
diese Rechnungsart nicht anwendbar zu seyn.
E

die eine eigentliche Multiplication der Tonverhaͤltniſſe iſt, oder auch durch harmoniſche Sub-
traction
der Jntervalle, welche in einer Diviſion eines Verhaͤltniſſes durch das andere
beſteht. Man finder alſo bey dieſer Art der Darſtellung eben daſſelbe, was bisher hier auf
etwas andere Art iſt vorgetragen worden.

Will man die arithmetiſche Theilung weiter fortſetzen, ſo findet man nach
und nach die §. 27. erwaͤhnte natuͤrliche Reihe der Schwingungszahlen 1, 2, 3, 4, 5,
6, 7, und ſo fort; aber durch weitere Fortſetzung der harmoniſchen Theilung wuͤrde man
die Reihe der dieſen Toͤnen zukommenden Saitenlaͤngen 1, ½, ⅓, ¼, ⅕, ⅙, ⅐ u. ſ. w.
erhalten.

Die geometriſche Theilung, durch welche man Verhaͤltniſſe erhaͤlt, deren
Quotienten gleich ſind, laͤßt ſich zwar nicht zu Findung der Jntervalle anwenden, deſto
brauchbarer iſt ſie aber, wie im folgenden Abſchnitte wird gezeigt werden, zu gewiſſen noth-
wendigen Abaͤnderungen derſelben.

1. Anm. Marpurg hat in ſeiner ſehr lehrreichen Schrift: Verſuch uͤber die muſikaliſche Tem-
peratur (Breßlan 1776. 8.) im 11ten §. ein Verſehen begangen, indem er die harmeniſche Thei-
lung der großen Serte nicht erwaͤhnt, dagegen aber geſagt hat, daß die kleine Sexte ſich in
die Quarte und kleine Terz theilen laſſe, da man doch durch eine ſolche Theilung ganz andere
Verhaͤltniſſe, naͤhmlich und erhalten wuͤrde.
2. Anm. Leibnitz erwaͤhnt in epist. ad diversus tom. I. ep. 154. eine Theilung der Saite des
Monochords in extrema et media ratione, er will naͤhmlich, daß die Saite ſo in 2 Theile ge-
theilt werde, daß die ganze Saite ſich zu dem groͤßern Theile, wie dieſer zum kleinern Theile ver-
halte. Bemerkungen daruͤber von Hrn. Senator Schuͤbler in Heilbronn finden ſich in Boßlers
muſikaliſchen Correſpondenz der deutſchen filarmoniſchen Geſellſchaft 1791. Nr. 23 und 24. Es iſt
dieſe Theilung eben daſſelbe, was von einigen aͤltern Mathematikern, die beſondere Eigenſchaften
da[r]in finden wollten, sectio aurea, oder sectio divina genennt worden iſt. Da ich hier die Ton-
verhaͤltniſſe nicht aus den Saitenlaͤngen, ſondern aus den Schwingungszahlen herleite, ſo muͤßte
hier die Aufgabe ſo ausgedruͤckt werden: zu einer gegebenen Zahl zwey ſtetige geometriſche Propor-
tionalzahlen zu finden, deren Summe der gegebenen Zahl gleich iſt. Wenn die gegebene Zahl 1
iſt, ſo wird die zweyte Zahl ſeyn = und die dritte Zahl = , die geſuchten Zahlen
werden alſo ſeyn 1 : 0,618033988 .. : 0,381966011 .. Das Verhaͤltniß der dritten Zahl zur 2ten,
und dieſer zur erſten faͤllt zwiſchen die kleine und große Sexte, und das Verhaͤltniß der dritten
zur erſten faͤllt zwiſchen die große Terz und Quarte. Zu Erhaltung brauchbarer Jntervalle ſcheint
dieſe Rechnungsart nicht anwendbar zu ſeyn.
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[33/0067] die eine eigentliche Multiplication der Tonverhaͤltniſſe iſt, oder auch durch harmoniſche Sub- traction der Jntervalle, welche in einer Diviſion eines Verhaͤltniſſes durch das andere beſteht. Man finder alſo bey dieſer Art der Darſtellung eben daſſelbe, was bisher hier auf etwas andere Art iſt vorgetragen worden. Will man die arithmetiſche Theilung weiter fortſetzen, ſo findet man nach und nach die §. 27. erwaͤhnte natuͤrliche Reihe der Schwingungszahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, und ſo fort; aber durch weitere Fortſetzung der harmoniſchen Theilung wuͤrde man die Reihe der dieſen Toͤnen zukommenden Saitenlaͤngen 1, ½, ⅓, ¼, ⅕, ⅙, ⅐ u. ſ. w. erhalten. Die geometriſche Theilung, durch welche man Verhaͤltniſſe erhaͤlt, deren Quotienten gleich ſind, laͤßt ſich zwar nicht zu Findung der Jntervalle anwenden, deſto brauchbarer iſt ſie aber, wie im folgenden Abſchnitte wird gezeigt werden, zu gewiſſen noth- wendigen Abaͤnderungen derſelben. 1. Anm. Marpurg hat in ſeiner ſehr lehrreichen Schrift: Verſuch uͤber die muſikaliſche Tem- peratur (Breßlan 1776. 8.) im 11ten §. ein Verſehen begangen, indem er die harmeniſche Thei- lung der großen Serte [FORMEL] nicht erwaͤhnt, dagegen aber geſagt hat, daß die kleine Sexte ſich in die Quarte und kleine Terz theilen laſſe, da man doch durch eine ſolche Theilung ganz andere Verhaͤltniſſe, naͤhmlich [FORMEL] und [FORMEL] erhalten wuͤrde. 2. Anm. Leibnitz erwaͤhnt in epist. ad diversus tom. I. ep. 154. eine Theilung der Saite des Monochords in extrema et media ratione, er will naͤhmlich, daß die Saite ſo in 2 Theile ge- theilt werde, daß die ganze Saite ſich zu dem groͤßern Theile, wie dieſer zum kleinern Theile ver- halte. Bemerkungen daruͤber von Hrn. Senator Schuͤbler in Heilbronn finden ſich in Boßlers muſikaliſchen Correſpondenz der deutſchen filarmoniſchen Geſellſchaft 1791. Nr. 23 und 24. Es iſt dieſe Theilung eben daſſelbe, was von einigen aͤltern Mathematikern, die beſondere Eigenſchaften darin finden wollten, sectio aurea, oder sectio divina genennt worden iſt. Da ich hier die Ton- verhaͤltniſſe nicht aus den Saitenlaͤngen, ſondern aus den Schwingungszahlen herleite, ſo muͤßte hier die Aufgabe ſo ausgedruͤckt werden: zu einer gegebenen Zahl zwey ſtetige geometriſche Propor- tionalzahlen zu finden, deren Summe der gegebenen Zahl gleich iſt. Wenn die gegebene Zahl 1 iſt, ſo wird die zweyte Zahl ſeyn = [FORMEL] und die dritte Zahl = [FORMEL], die geſuchten Zahlen werden alſo ſeyn 1 : 0,618033988 .. : 0,381966011 .. Das Verhaͤltniß der dritten Zahl zur 2ten, und dieſer zur erſten faͤllt zwiſchen die kleine und große Sexte, und das Verhaͤltniß der dritten zur erſten faͤllt zwiſchen die große Terz und Quarte. Zu Erhaltung brauchbarer Jntervalle ſcheint dieſe Rechnungsart nicht anwendbar zu ſeyn. E

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/67>, abgerufen am 17.05.2024.