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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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v. d. Verwandelung der Geschichte etc.
So hat mir bedencklich geschienen, daß verschie-
dene angesehene Geschichtschreiber von der Bi-
bliotheck des Augustinus
erzehlen, die Van-
dalen hätten derselben, bey Einäscherung der
Stadt Hippon, verschonet. Dieses kam mir von
solchen Barbarn nicht glaublich vor, ist auch bey
einer solchen Verwüstung nicht recht thulich.
Kein Zeugniß funde davon nicht angeführet, da-
her untersuchte, was ein solches Vorgeben könte
veranlasset haben; es schien mir aus dem Hertzen
der Geschichtschreiber, nicht aber aus Nachrich-
ten, die etwa nicht bemerckt worden, erwachsen
zu seyn. Sie erzehlen nehmlich, daß wenige Ta-
ge nach dem Tode dieses Bischoffs, der eine star-
cke Bibliotheck gesammlet, die Stadt sey erobert
und in Brand gesteckt worden; welches uns von
dem Schicksale derselben Bibliotheck nichts gutes
hoffen lässet; dennoch musten sie anführen, daß
seine Bibliotheck nach diesem grossen Unglück übrig
gewesen, und fleißig sey gebraucht worden; die-
ses wäre nach den vorhergehenden Umständen eben
nicht begreiflich: sie haben es also durch diesen
Umstand, daß die Vandalen der Bibliotheck ver-
schonet, der sich auf nichts anders als auf eine
Muthmassung gründen kan, begreiflich machen
wollen. Eine solche Ergäntzung war auch dem
principio, daß man gerne was sonderbares er-
zehlet (n. 1. §. 9.), gantz gemäß. Sie haben al-
so denselben Umstand ohne weiteres Bedencken
hinzugefügt. Da ich aber in des Poßidons Le-
ben von diesem Bischoffe eine andere und natürli-
chere Ursache gefunden, so habe jene verworffen

in
J 2

v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc.
So hat mir bedencklich geſchienen, daß verſchie-
dene angeſehene Geſchichtſchreiber von der Bi-
bliotheck des Auguſtinus
erzehlen, die Van-
dalen haͤtten derſelben, bey Einaͤſcherung der
Stadt Hippon, verſchonet. Dieſes kam mir von
ſolchen Barbarn nicht glaublich vor, iſt auch bey
einer ſolchen Verwuͤſtung nicht recht thulich.
Kein Zeugniß funde davon nicht angefuͤhret, da-
her unterſuchte, was ein ſolches Vorgeben koͤnte
veranlaſſet haben; es ſchien mir aus dem Hertzen
der Geſchichtſchreiber, nicht aber aus Nachrich-
ten, die etwa nicht bemerckt worden, erwachſen
zu ſeyn. Sie erzehlen nehmlich, daß wenige Ta-
ge nach dem Tode dieſes Biſchoffs, der eine ſtar-
cke Bibliotheck geſammlet, die Stadt ſey erobert
und in Brand geſteckt worden; welches uns von
dem Schickſale derſelben Bibliotheck nichts gutes
hoffen laͤſſet; dennoch muſten ſie anfuͤhren, daß
ſeine Bibliotheck nach dieſem groſſen Ungluͤck uͤbrig
geweſen, und fleißig ſey gebraucht worden; die-
ſes waͤre nach den vorhergehenden Umſtaͤnden eben
nicht begreiflich: ſie haben es alſo durch dieſen
Umſtand, daß die Vandalen der Bibliotheck ver-
ſchonet, der ſich auf nichts anders als auf eine
Muthmaſſung gruͤnden kan, begreiflich machen
wollen. Eine ſolche Ergaͤntzung war auch dem
principio, daß man gerne was ſonderbares er-
zehlet (n. 1. §. 9.), gantz gemaͤß. Sie haben al-
ſo denſelben Umſtand ohne weiteres Bedencken
hinzugefuͤgt. Da ich aber in des Poßidons Le-
ben von dieſem Biſchoffe eine andere und natuͤrli-
chere Urſache gefunden, ſo habe jene verworffen

in
J 2
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[131/0167] v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc. So hat mir bedencklich geſchienen, daß verſchie- dene angeſehene Geſchichtſchreiber von der Bi- bliotheck des Auguſtinus erzehlen, die Van- dalen haͤtten derſelben, bey Einaͤſcherung der Stadt Hippon, verſchonet. Dieſes kam mir von ſolchen Barbarn nicht glaublich vor, iſt auch bey einer ſolchen Verwuͤſtung nicht recht thulich. Kein Zeugniß funde davon nicht angefuͤhret, da- her unterſuchte, was ein ſolches Vorgeben koͤnte veranlaſſet haben; es ſchien mir aus dem Hertzen der Geſchichtſchreiber, nicht aber aus Nachrich- ten, die etwa nicht bemerckt worden, erwachſen zu ſeyn. Sie erzehlen nehmlich, daß wenige Ta- ge nach dem Tode dieſes Biſchoffs, der eine ſtar- cke Bibliotheck geſammlet, die Stadt ſey erobert und in Brand geſteckt worden; welches uns von dem Schickſale derſelben Bibliotheck nichts gutes hoffen laͤſſet; dennoch muſten ſie anfuͤhren, daß ſeine Bibliotheck nach dieſem groſſen Ungluͤck uͤbrig geweſen, und fleißig ſey gebraucht worden; die- ſes waͤre nach den vorhergehenden Umſtaͤnden eben nicht begreiflich: ſie haben es alſo durch dieſen Umſtand, daß die Vandalen der Bibliotheck ver- ſchonet, der ſich auf nichts anders als auf eine Muthmaſſung gruͤnden kan, begreiflich machen wollen. Eine ſolche Ergaͤntzung war auch dem principio, daß man gerne was ſonderbares er- zehlet (n. 1. §. 9.), gantz gemaͤß. Sie haben al- ſo denſelben Umſtand ohne weiteres Bedencken hinzugefuͤgt. Da ich aber in des Poßidons Le- ben von dieſem Biſchoffe eine andere und natuͤrli- chere Urſache gefunden, ſo habe jene verworffen in J 2

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/167>, abgerufen am 23.11.2024.