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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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v. d. Verwandelung der Geschichte etc.
Feldlager beysammen hat und zusammen hält, und
wenn sie auch der Feldherr selber, der ohne Zwei-
fel im Lager der vornehmste Zuschauer ist, diesel-
be beschreiben wollte. Die Uebergabe geschiehet
offt zu einer Zeit, da er sich derselben nicht gewär-
tig ist. Bey seinen eigenen Geschichten, die man
doch am besten wissen muß, kan man gleichwohl
solcher fremden Nachrichten nicht entbehren. Denn
der Feinde ihre Jntriguen und Anschläge, die so
grossen Einfluß in unser Leben haben, sind uns
meistens nicht bekannt, weil sie der Natur der
Sache nach, geheim gehalten zu werden pflegen.

§. 17.
Die Geschichte muß vom Anfange überse-
hen werden.

Sodann muß der Zuschauer, wenn er seine
Geschichte ausführlich erzehlen will, eine Haupt-
änderung in seiner Vorstellung vornehmen; daß
er nehmlich die Sache umwendet, und das erste
zum letzten macht. Denn nach der Regel der
Einbildungskrafft und des Gedächtnisses, schwebt
ihm das am klärsten und deutlichsten vor Au-
gen,
was an der Geschichte das neueste ist.
Der Anfang der Geschichte, wird, als das älte-
ste
daran, ihm am wenigsten klar und deutlich
vorgestellt. Bey der Erzehlung aber muß der
Anfang nothwendig von dem Anfange der Ge-
schichte selbst gemacht werden. Der gewesene Zu-
schauer muß sich also wieder in die ersten Umstände
in Gedancken setzen, und den Erfolg der Geschich-
te von ihrem Anfange übersehen.

§. 18.
J 3

v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc.
Feldlager beyſammen hat und zuſammen haͤlt, und
wenn ſie auch der Feldherr ſelber, der ohne Zwei-
fel im Lager der vornehmſte Zuſchauer iſt, dieſel-
be beſchreiben wollte. Die Uebergabe geſchiehet
offt zu einer Zeit, da er ſich derſelben nicht gewaͤr-
tig iſt. Bey ſeinen eigenen Geſchichten, die man
doch am beſten wiſſen muß, kan man gleichwohl
ſolcher fremden Nachrichten nicht entbehren. Denn
der Feinde ihre Jntriguen und Anſchlaͤge, die ſo
groſſen Einfluß in unſer Leben haben, ſind uns
meiſtens nicht bekannt, weil ſie der Natur der
Sache nach, geheim gehalten zu werden pflegen.

§. 17.
Die Geſchichte muß vom Anfange uͤberſe-
hen werden.

Sodann muß der Zuſchauer, wenn er ſeine
Geſchichte ausfuͤhrlich erzehlen will, eine Haupt-
aͤnderung in ſeiner Vorſtellung vornehmen; daß
er nehmlich die Sache umwendet, und das erſte
zum letzten macht. Denn nach der Regel der
Einbildungskrafft und des Gedaͤchtniſſes, ſchwebt
ihm das am klaͤrſten und deutlichſten vor Au-
gen,
was an der Geſchichte das neueſte iſt.
Der Anfang der Geſchichte, wird, als das aͤlte-
ſte
daran, ihm am wenigſten klar und deutlich
vorgeſtellt. Bey der Erzehlung aber muß der
Anfang nothwendig von dem Anfange der Ge-
ſchichte ſelbſt gemacht werden. Der geweſene Zu-
ſchauer muß ſich alſo wieder in die erſten Umſtaͤnde
in Gedancken ſetzen, und den Erfolg der Geſchich-
te von ihrem Anfange uͤberſehen.

§. 18.
J 3
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[133/0169] v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc. Feldlager beyſammen hat und zuſammen haͤlt, und wenn ſie auch der Feldherr ſelber, der ohne Zwei- fel im Lager der vornehmſte Zuſchauer iſt, dieſel- be beſchreiben wollte. Die Uebergabe geſchiehet offt zu einer Zeit, da er ſich derſelben nicht gewaͤr- tig iſt. Bey ſeinen eigenen Geſchichten, die man doch am beſten wiſſen muß, kan man gleichwohl ſolcher fremden Nachrichten nicht entbehren. Denn der Feinde ihre Jntriguen und Anſchlaͤge, die ſo groſſen Einfluß in unſer Leben haben, ſind uns meiſtens nicht bekannt, weil ſie der Natur der Sache nach, geheim gehalten zu werden pflegen. §. 17. Die Geſchichte muß vom Anfange uͤberſe- hen werden. Sodann muß der Zuſchauer, wenn er ſeine Geſchichte ausfuͤhrlich erzehlen will, eine Haupt- aͤnderung in ſeiner Vorſtellung vornehmen; daß er nehmlich die Sache umwendet, und das erſte zum letzten macht. Denn nach der Regel der Einbildungskrafft und des Gedaͤchtniſſes, ſchwebt ihm das am klaͤrſten und deutlichſten vor Au- gen, was an der Geſchichte das neueſte iſt. Der Anfang der Geſchichte, wird, als das aͤlte- ſte daran, ihm am wenigſten klar und deutlich vorgeſtellt. Bey der Erzehlung aber muß der Anfang nothwendig von dem Anfange der Ge- ſchichte ſelbſt gemacht werden. Der geweſene Zu- ſchauer muß ſich alſo wieder in die erſten Umſtaͤnde in Gedancken ſetzen, und den Erfolg der Geſchich- te von ihrem Anfange uͤberſehen. §. 18. J 3

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/169>, abgerufen am 23.11.2024.