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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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Achtes Capitel,
Erkentniß der Ursachen, meistens keine grosse
Schwierigkeit machen, als wovon wir sogar die
Regeln wissen (§. 4. 5. 13. 14. 15. 16.). Allein
es kommen bey Erkentniß der Geschichte, selbst bey
denen, dabey wir gegenwärtig sind, folgende zwey
Fälle und Umstände gar öffters vor: 1. Daß man
zu einer Sache und Begebenheit kommt, davon
man das Vorhergegangene nicht gesehen hat;
auch niemand vorhanden ist, der uns von dem
Verlauffe der Sachen, wobey wir nicht zugegen
gewesen, oder wie man sagt, die vor unserer
Zeit geschehen,
umständlich belehrete. Denn
wenn ein solcher Belehrer vorhanden ist, welcher
uns von allem, was zun Ursachen des gegen-
wärtigen Geschäfftes gehöret, schicklich unterrich-
tet, so ist es, wenigstens vor einen fähigen Kopf,
eben so gut, als wenn er selbst dabey gewesen wäre.
2. Daß wir zwar bey den Vorhergegangenen
gegenwärtig gewesen sind, aber die Anstalten zur
ietzigen Begebenheit, und die die Ursach, oder Ge-
legenheit darzu sind, nicht bemerckt haben: Weil sie
entweder ihrer Verborgenheit wegen, nicht haben
bemerckt werden können; oder weil wir eben nicht
auf dieselben Umstände achtung gegeben haben.
Also empfindet ein Mensch offt plötzlich eine Kranck-
heit, oder Schmertzen: Die Anstalten darzu sind
ohne Zweifel vorher im Leibe nach und nach ent-
standen: Aber sie waren allzu verborgen, als daß
man sie hätte wahrnehmen können: Jn manchen
Fällen aber hätte man sie wohl bemercken können,
wenn man nur mit Medicinischen Principiis ver-
sehen gewesen wäre. Gemeiniglich aber kennet

man

Achtes Capitel,
Erkentniß der Urſachen, meiſtens keine groſſe
Schwierigkeit machen, als wovon wir ſogar die
Regeln wiſſen (§. 4. 5. 13. 14. 15. 16.). Allein
es kommen bey Erkentniß der Geſchichte, ſelbſt bey
denen, dabey wir gegenwaͤrtig ſind, folgende zwey
Faͤlle und Umſtaͤnde gar oͤffters vor: 1. Daß man
zu einer Sache und Begebenheit kommt, davon
man das Vorhergegangene nicht geſehen hat;
auch niemand vorhanden iſt, der uns von dem
Verlauffe der Sachen, wobey wir nicht zugegen
geweſen, oder wie man ſagt, die vor unſerer
Zeit geſchehen,
umſtaͤndlich belehrete. Denn
wenn ein ſolcher Belehrer vorhanden iſt, welcher
uns von allem, was zun Urſachen des gegen-
waͤrtigen Geſchaͤfftes gehoͤret, ſchicklich unterrich-
tet, ſo iſt es, wenigſtens vor einen faͤhigen Kopf,
eben ſo gut, als wenn er ſelbſt dabey geweſen waͤre.
2. Daß wir zwar bey den Vorhergegangenen
gegenwaͤrtig geweſen ſind, aber die Anſtalten zur
ietzigen Begebenheit, und die die Urſach, oder Ge-
legenheit darzu ſind, nicht bemerckt haben: Weil ſie
entweder ihrer Verborgenheit wegen, nicht haben
bemerckt werden koͤnnen; oder weil wir eben nicht
auf dieſelben Umſtaͤnde achtung gegeben haben.
Alſo empfindet ein Menſch offt ploͤtzlich eine Kranck-
heit, oder Schmertzen: Die Anſtalten darzu ſind
ohne Zweifel vorher im Leibe nach und nach ent-
ſtanden: Aber ſie waren allzu verborgen, als daß
man ſie haͤtte wahrnehmen koͤnnen: Jn manchen
Faͤllen aber haͤtte man ſie wohl bemercken koͤnnen,
wenn man nur mit Mediciniſchen Principiis ver-
ſehen geweſen waͤre. Gemeiniglich aber kennet

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[250/0286] Achtes Capitel, Erkentniß der Urſachen, meiſtens keine groſſe Schwierigkeit machen, als wovon wir ſogar die Regeln wiſſen (§. 4. 5. 13. 14. 15. 16.). Allein es kommen bey Erkentniß der Geſchichte, ſelbſt bey denen, dabey wir gegenwaͤrtig ſind, folgende zwey Faͤlle und Umſtaͤnde gar oͤffters vor: 1. Daß man zu einer Sache und Begebenheit kommt, davon man das Vorhergegangene nicht geſehen hat; auch niemand vorhanden iſt, der uns von dem Verlauffe der Sachen, wobey wir nicht zugegen geweſen, oder wie man ſagt, die vor unſerer Zeit geſchehen, umſtaͤndlich belehrete. Denn wenn ein ſolcher Belehrer vorhanden iſt, welcher uns von allem, was zun Urſachen des gegen- waͤrtigen Geſchaͤfftes gehoͤret, ſchicklich unterrich- tet, ſo iſt es, wenigſtens vor einen faͤhigen Kopf, eben ſo gut, als wenn er ſelbſt dabey geweſen waͤre. 2. Daß wir zwar bey den Vorhergegangenen gegenwaͤrtig geweſen ſind, aber die Anſtalten zur ietzigen Begebenheit, und die die Urſach, oder Ge- legenheit darzu ſind, nicht bemerckt haben: Weil ſie entweder ihrer Verborgenheit wegen, nicht haben bemerckt werden koͤnnen; oder weil wir eben nicht auf dieſelben Umſtaͤnde achtung gegeben haben. Alſo empfindet ein Menſch offt ploͤtzlich eine Kranck- heit, oder Schmertzen: Die Anſtalten darzu ſind ohne Zweifel vorher im Leibe nach und nach ent- ſtanden: Aber ſie waren allzu verborgen, als daß man ſie haͤtte wahrnehmen koͤnnen: Jn manchen Faͤllen aber haͤtte man ſie wohl bemercken koͤnnen, wenn man nur mit Mediciniſchen Principiis ver- ſehen geweſen waͤre. Gemeiniglich aber kennet man

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/286>, abgerufen am 21.11.2024.