Die Begebenheit ist nehmlich eine Veränderung in einem vorhandenen Dinge (§. 3.). Wenn ich nun in einer vorgehenden Verände- rung, durch die blosse Aufmercksamkeit nichts weiter unterscheide, so wird die Veränderung als eine einige angesehen. Z. E. man siehet es blitzen. Die Veränderung ist das helle Licht, welches auf einmahl entstehet. Wie man nun darinne, wegen der grossen Geschwin- digkeit, nichts durch die Aufmercksamkeit unter- scheiden kan, also ist ein geschehener Blitz eine Begebenheit. Ein Ziegel fällt vom Dache: auch hier ist wegen der Geschwindigkeit wenigstens in manchen Fällen, nichts zu unterscheiden: daher ist dieser Fall eine Begebenheit.
§. 6. 1. Art, viele Begebenheiten als eine an- zusehen.
Wenn eine Reyhe von ähnlichen Ver- änderungen unmittelbar auf einander er- folgen, so werden dieselben zusammen als eine Begebenheit angesehen. Z. E. Ein an- haltender Donnerschlag ist eine anhaltende, oder welches einerley ist, eine vielfache Erschütterung der Lufft. Man kan aber dieselben unmittelbar auf einander erfolgende Erschütterungen nicht von einander unterscheiden; daher wird ein noch so lange anhaltender Donnerschlag, zumahl wenn sich der Klang selbst nicht ändert, als eine Bege- benheit angesehen.
§. 7.
Erſtes Capitel,
Die Begebenheit iſt nehmlich eine Veraͤnderung in einem vorhandenen Dinge (§. 3.). Wenn ich nun in einer vorgehenden Veraͤnde- rung, durch die bloſſe Aufmerckſamkeit nichts weiter unterſcheide, ſo wird die Veraͤnderung als eine einige angeſehen. Z. E. man ſiehet es blitzen. Die Veraͤnderung iſt das helle Licht, welches auf einmahl entſtehet. Wie man nun darinne, wegen der groſſen Geſchwin- digkeit, nichts durch die Aufmerckſamkeit unter- ſcheiden kan, alſo iſt ein geſchehener Blitz eine Begebenheit. Ein Ziegel faͤllt vom Dache: auch hier iſt wegen der Geſchwindigkeit wenigſtens in manchen Faͤllen, nichts zu unterſcheiden: daher iſt dieſer Fall eine Begebenheit.
§. 6. 1. Art, viele Begebenheiten als eine an- zuſehen.
Wenn eine Reyhe von aͤhnlichen Ver- aͤnderungen unmittelbar auf einander er- folgen, ſo werden dieſelben zuſammen als eine Begebenheit angeſehen. Z. E. Ein an- haltender Donnerſchlag iſt eine anhaltende, oder welches einerley iſt, eine vielfache Erſchuͤtterung der Lufft. Man kan aber dieſelben unmittelbar auf einander erfolgende Erſchuͤtterungen nicht von einander unterſcheiden; daher wird ein noch ſo lange anhaltender Donnerſchlag, zumahl wenn ſich der Klang ſelbſt nicht aͤndert, als eine Bege- benheit angeſehen.
§. 7.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0040"n="4"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Erſtes Capitel,</hi></fw><lb/>
Die Begebenheit iſt nehmlich eine Veraͤnderung<lb/>
in einem vorhandenen Dinge (§. 3.). Wenn<lb/><hirendition="#fr">ich nun in einer vorgehenden Veraͤnde-<lb/>
rung, durch die bloſſe Aufmerckſamkeit<lb/>
nichts weiter unterſcheide, ſo wird die<lb/>
Veraͤnderung als eine einige angeſehen.</hi><lb/>
Z. E. man ſiehet es blitzen. Die Veraͤnderung<lb/>
iſt das helle Licht, welches auf einmahl entſtehet.<lb/>
Wie man nun darinne, wegen der groſſen Geſchwin-<lb/>
digkeit, nichts durch die Aufmerckſamkeit unter-<lb/>ſcheiden kan, alſo iſt ein geſchehener Blitz <hirendition="#fr">eine</hi><lb/>
Begebenheit. Ein Ziegel faͤllt vom Dache: auch<lb/>
hier iſt wegen der Geſchwindigkeit wenigſtens in<lb/>
manchen Faͤllen, nichts zu unterſcheiden: daher<lb/>
iſt dieſer Fall <hirendition="#fr">eine</hi> Begebenheit.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 6.<lb/>
1. Art, viele Begebenheiten als eine an-<lb/>
zuſehen.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Wenn eine Reyhe von aͤhnlichen Ver-<lb/>
aͤnderungen unmittelbar auf einander er-<lb/>
folgen, ſo werden dieſelben zuſammen als</hi><lb/>
eine <hirendition="#fr">Begebenheit angeſehen.</hi> Z. E. Ein an-<lb/>
haltender Donnerſchlag iſt eine anhaltende, oder<lb/>
welches einerley iſt, eine vielfache Erſchuͤtterung<lb/>
der Lufft. Man kan aber dieſelben unmittelbar<lb/>
auf einander erfolgende Erſchuͤtterungen nicht von<lb/>
einander unterſcheiden; daher wird ein noch ſo<lb/>
lange anhaltender Donnerſchlag, zumahl wenn<lb/>ſich der Klang ſelbſt nicht aͤndert, als <hirendition="#fr">eine</hi> Bege-<lb/>
benheit angeſehen.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 7.</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[4/0040]
Erſtes Capitel,
Die Begebenheit iſt nehmlich eine Veraͤnderung
in einem vorhandenen Dinge (§. 3.). Wenn
ich nun in einer vorgehenden Veraͤnde-
rung, durch die bloſſe Aufmerckſamkeit
nichts weiter unterſcheide, ſo wird die
Veraͤnderung als eine einige angeſehen.
Z. E. man ſiehet es blitzen. Die Veraͤnderung
iſt das helle Licht, welches auf einmahl entſtehet.
Wie man nun darinne, wegen der groſſen Geſchwin-
digkeit, nichts durch die Aufmerckſamkeit unter-
ſcheiden kan, alſo iſt ein geſchehener Blitz eine
Begebenheit. Ein Ziegel faͤllt vom Dache: auch
hier iſt wegen der Geſchwindigkeit wenigſtens in
manchen Faͤllen, nichts zu unterſcheiden: daher
iſt dieſer Fall eine Begebenheit.
§. 6.
1. Art, viele Begebenheiten als eine an-
zuſehen.
Wenn eine Reyhe von aͤhnlichen Ver-
aͤnderungen unmittelbar auf einander er-
folgen, ſo werden dieſelben zuſammen als
eine Begebenheit angeſehen. Z. E. Ein an-
haltender Donnerſchlag iſt eine anhaltende, oder
welches einerley iſt, eine vielfache Erſchuͤtterung
der Lufft. Man kan aber dieſelben unmittelbar
auf einander erfolgende Erſchuͤtterungen nicht von
einander unterſcheiden; daher wird ein noch ſo
lange anhaltender Donnerſchlag, zumahl wenn
ſich der Klang ſelbſt nicht aͤndert, als eine Bege-
benheit angeſehen.
§. 7.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/40>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.