Da uns anfangs durchs Gesicht allemahl ei- ne gantze Aussicht vorgestellet wird: so lernen wir nach und nach die darinnen enthaltenen Cörper von einander unterscheiden; und erhalten auf sol- che Art einen deutlichen Begriff von der gan- tzen Aussicht. Denn indem wir auf diesen oder jenen Cörper insbesondere sehen, so erhalten wir davon einen klaren Begriff (§. 7.); und zwar auf eben die Art, wie es bey der gantzen Aus- sicht geschiehet (§. 8.): nur daß wir zugleich be- mercken, daß es nur ein Theil der gantzen Aus- sicht sey. Dannenhero, wenn wir bald diesen, bald jenen Theil nach einander ansehen, und die erlangten klaren Begriffe davon im Sinne behal- ten, so wird die totalidee, oder der Begriff der gantzen Aussicht, deutlich.
§. 12. Wenn der Stand gar zu offte verändert wird?
Wenn wir unsern Stand offte oder augen- blicklich verändern, so können wir von den um- stehenden Cörpern weder einen klaren noch deut- lichen Begriff erlangen. Denn wenn wir unsern Stand augenblicklich verändern, so entstehet auch alle Augenblicke ein neuer Prospeckt oder Aus- sicht: wie aus der Optick klar ist; und wir kön- nen auf jeden Prospeckt nur einen Blick thun. Dieses ist denn auch der erste Anblick; daraus aber kein klarer Begriff entstehen kan (§. 9.).
Einen
Zweytes Capitel,
§. 11. Wenn die Ausſicht deutlich erkannt wird.
Da uns anfangs durchs Geſicht allemahl ei- ne gantze Ausſicht vorgeſtellet wird: ſo lernen wir nach und nach die darinnen enthaltenen Coͤrper von einander unterſcheiden; und erhalten auf ſol- che Art einen deutlichen Begriff von der gan- tzen Ausſicht. Denn indem wir auf dieſen oder jenen Coͤrper insbeſondere ſehen, ſo erhalten wir davon einen klaren Begriff (§. 7.); und zwar auf eben die Art, wie es bey der gantzen Aus- ſicht geſchiehet (§. 8.): nur daß wir zugleich be- mercken, daß es nur ein Theil der gantzen Aus- ſicht ſey. Dannenhero, wenn wir bald dieſen, bald jenen Theil nach einander anſehen, und die erlangten klaren Begriffe davon im Sinne behal- ten, ſo wird die totalidee, oder der Begriff der gantzen Ausſicht, deutlich.
§. 12. Wenn der Stand gar zu offte veraͤndert wird?
Wenn wir unſern Stand offte oder augen- blicklich veraͤndern, ſo koͤnnen wir von den um- ſtehenden Coͤrpern weder einen klaren noch deut- lichen Begriff erlangen. Denn wenn wir unſern Stand augenblicklich veraͤndern, ſo entſtehet auch alle Augenblicke ein neuer Proſpeckt oder Aus- ſicht: wie aus der Optick klar iſt; und wir koͤn- nen auf jeden Proſpeckt nur einen Blick thun. Dieſes iſt denn auch der erſte Anblick; daraus aber kein klarer Begriff entſtehen kan (§. 9.).
Einen
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Zweytes Capitel,
§. 11.
Wenn die Ausſicht deutlich erkannt wird.
Da uns anfangs durchs Geſicht allemahl ei-
ne gantze Ausſicht vorgeſtellet wird: ſo lernen wir
nach und nach die darinnen enthaltenen Coͤrper
von einander unterſcheiden; und erhalten auf ſol-
che Art einen deutlichen Begriff von der gan-
tzen Ausſicht. Denn indem wir auf dieſen oder
jenen Coͤrper insbeſondere ſehen, ſo erhalten wir
davon einen klaren Begriff (§. 7.); und zwar
auf eben die Art, wie es bey der gantzen Aus-
ſicht geſchiehet (§. 8.): nur daß wir zugleich be-
mercken, daß es nur ein Theil der gantzen Aus-
ſicht ſey. Dannenhero, wenn wir bald dieſen,
bald jenen Theil nach einander anſehen, und die
erlangten klaren Begriffe davon im Sinne behal-
ten, ſo wird die totalidee, oder der Begriff der
gantzen Ausſicht, deutlich.
§. 12.
Wenn der Stand gar zu offte veraͤndert
wird?
Wenn wir unſern Stand offte oder augen-
blicklich veraͤndern, ſo koͤnnen wir von den um-
ſtehenden Coͤrpern weder einen klaren noch deut-
lichen Begriff erlangen. Denn wenn wir unſern
Stand augenblicklich veraͤndern, ſo entſtehet auch
alle Augenblicke ein neuer Proſpeckt oder Aus-
ſicht: wie aus der Optick klar iſt; und wir koͤn-
nen auf jeden Proſpeckt nur einen Blick thun.
Dieſes iſt denn auch der erſte Anblick; daraus
aber kein klarer Begriff entſtehen kan (§. 9.).
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/70>, abgerufen am 23.11.2024.
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