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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787.

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Jn dem dritten Falle wird bey dem einfachsten Klange eines Sta-
bes, dessen beyde Enden frey sind, die Axe zweymal durchschnitten,
(fig. 151.) bey den folgenden drey, (fig. 152.) vier oder mehreremal.
Euler leugnet in der methodo inveniendi curvas etc. die Möglichkeit der
Klänge, bey welchen die Axe in einer ungeraden Anzahl von Puncten durch-
schnitten wird; indem er annimmt, daß hierbey eine drehende Bewegung
(motus rotatorius) um die Mitte des Stabes entstehen würde: er hat aber
in der Folge, nach angestellten genauern Untersuchungen, in dem schon an-
geführten Aufsatze in den Actis auf 1779. die Möglichkeit dieser Schwin-
gungsarten zugegeben. Auch hat der Graf Giordano Riccati in der schon
vorher erwähnten Schrift: delle vibrazioni sonore dei cilindri, hinläng-
lich gezeigt, daß die Arten des Klanges, bey welchen die Zahl der Durch-
schnittspuncte ungerade ist, eben sowohl möglich sind, als die, wo die Axe
in einer geraden Anzahl von Puncten durchschnitten wird, welches ich denn
auch, ehe mir die Riccatische Schrift und der Eulersche Aufsatz in den Actis
auf 1779. bekannt war, schon durch Versuche gefunden hatte. Uebrigens
hat der Graf Riccati sowohl über die Klänge freyschwebender Cylinder, als
auch über die Schwingungen der Cylinder überhaupt noch vieles neue zu den
Eulerischen Berechnungen hinzugefügt.

Um jeden beliebigen Klang eines an beyden Enden freyen Stabes zu
erhalten, lege man an zwo Stellen, wo Schwingungsknoten sind, den Stab
auf nicht allzuharte Unterlagen, als etwa auf zween mit Tuch überzogene
Stege, die sich nach Belieben verrücken lassen, oder allenfalls nur auf et-
was starken Bindfaden, zusammengedrehetes Papier, und dergleichen; und
streiche oder schlage den Stab zwischen zween Schwingungsknoten.

Die Tonverhältnisse sind bey einem also behandelten Stabe nach den
äußerst genauen Berechnungen des Grafen Riccati, mit welchen die Erfah-
rung übereinstimmt, folgende: Jn Vergleichung mit dem einfachsten Klange,

bey
B

Jn dem dritten Falle wird bey dem einfachſten Klange eines Sta-
bes, deſſen beyde Enden frey ſind, die Axe zweymal durchſchnitten,
(fig. 151.) bey den folgenden drey, (fig. 152.) vier oder mehreremal.
Euler leugnet in der methodo inveniendi curvas etc. die Moͤglichkeit der
Klaͤnge, bey welchen die Axe in einer ungeraden Anzahl von Puncten durch-
ſchnitten wird; indem er annimmt, daß hierbey eine drehende Bewegung
(motus rotatorius) um die Mitte des Stabes entſtehen wuͤrde: er hat aber
in der Folge, nach angeſtellten genauern Unterſuchungen, in dem ſchon an-
gefuͤhrten Aufſatze in den Actis auf 1779. die Moͤglichkeit dieſer Schwin-
gungsarten zugegeben. Auch hat der Graf Giordano Riccati in der ſchon
vorher erwaͤhnten Schrift: delle vibrazioni ſonore dei cilindri, hinlaͤng-
lich gezeigt, daß die Arten des Klanges, bey welchen die Zahl der Durch-
ſchnittspuncte ungerade iſt, eben ſowohl moͤglich ſind, als die, wo die Axe
in einer geraden Anzahl von Puncten durchſchnitten wird, welches ich denn
auch, ehe mir die Riccatiſche Schrift und der Eulerſche Aufſatz in den Actis
auf 1779. bekannt war, ſchon durch Verſuche gefunden hatte. Uebrigens
hat der Graf Riccati ſowohl uͤber die Klaͤnge freyſchwebender Cylinder, als
auch uͤber die Schwingungen der Cylinder uͤberhaupt noch vieles neue zu den
Euleriſchen Berechnungen hinzugefuͤgt.

Um jeden beliebigen Klang eines an beyden Enden freyen Stabes zu
erhalten, lege man an zwo Stellen, wo Schwingungsknoten ſind, den Stab
auf nicht allzuharte Unterlagen, als etwa auf zween mit Tuch uͤberzogene
Stege, die ſich nach Belieben verruͤcken laſſen, oder allenfalls nur auf et-
was ſtarken Bindfaden, zuſammengedrehetes Papier, und dergleichen; und
ſtreiche oder ſchlage den Stab zwiſchen zween Schwingungsknoten.

Die Tonverhaͤltniſſe ſind bey einem alſo behandelten Stabe nach den
aͤußerſt genauen Berechnungen des Grafen Riccati, mit welchen die Erfah-
rung uͤbereinſtimmt, folgende: Jn Vergleichung mit dem einfachſten Klange,

bey
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[9/0017] Jn dem dritten Falle wird bey dem einfachſten Klange eines Sta- bes, deſſen beyde Enden frey ſind, die Axe zweymal durchſchnitten, (fig. 151.) bey den folgenden drey, (fig. 152.) vier oder mehreremal. Euler leugnet in der methodo inveniendi curvas etc. die Moͤglichkeit der Klaͤnge, bey welchen die Axe in einer ungeraden Anzahl von Puncten durch- ſchnitten wird; indem er annimmt, daß hierbey eine drehende Bewegung (motus rotatorius) um die Mitte des Stabes entſtehen wuͤrde: er hat aber in der Folge, nach angeſtellten genauern Unterſuchungen, in dem ſchon an- gefuͤhrten Aufſatze in den Actis auf 1779. die Moͤglichkeit dieſer Schwin- gungsarten zugegeben. Auch hat der Graf Giordano Riccati in der ſchon vorher erwaͤhnten Schrift: delle vibrazioni ſonore dei cilindri, hinlaͤng- lich gezeigt, daß die Arten des Klanges, bey welchen die Zahl der Durch- ſchnittspuncte ungerade iſt, eben ſowohl moͤglich ſind, als die, wo die Axe in einer geraden Anzahl von Puncten durchſchnitten wird, welches ich denn auch, ehe mir die Riccatiſche Schrift und der Eulerſche Aufſatz in den Actis auf 1779. bekannt war, ſchon durch Verſuche gefunden hatte. Uebrigens hat der Graf Riccati ſowohl uͤber die Klaͤnge freyſchwebender Cylinder, als auch uͤber die Schwingungen der Cylinder uͤberhaupt noch vieles neue zu den Euleriſchen Berechnungen hinzugefuͤgt. Um jeden beliebigen Klang eines an beyden Enden freyen Stabes zu erhalten, lege man an zwo Stellen, wo Schwingungsknoten ſind, den Stab auf nicht allzuharte Unterlagen, als etwa auf zween mit Tuch uͤberzogene Stege, die ſich nach Belieben verruͤcken laſſen, oder allenfalls nur auf et- was ſtarken Bindfaden, zuſammengedrehetes Papier, und dergleichen; und ſtreiche oder ſchlage den Stab zwiſchen zween Schwingungsknoten. Die Tonverhaͤltniſſe ſind bey einem alſo behandelten Stabe nach den aͤußerſt genauen Berechnungen des Grafen Riccati, mit welchen die Erfah- rung uͤbereinſtimmt, folgende: Jn Vergleichung mit dem einfachſten Klange, bey B

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787/17>, abgerufen am 24.04.2024.