Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

hern, und von einander entfernen. Jn jedem Näherungspuncte können sie
sich so verbinden, daß sie einander durchkreuzen; es nehmen also in diesem
Falle zwo sich nähernde Krümmungen fig. 83. oder 84. die Gestalt von fig.
82. an. Eben so können zwo einander durchschneidende Linien fig. 82. sich
in ihrer Mitte so trennen, daß zween gegen einander stehende Bogen krum-
mer Linien fig. 83. oder 84. daraus werden. Oft theilen sich manche Bo-
gen solcher festen Linien, die dem Rande des klingenden Körpers am nächsten
sind, in ihrer Mitte, so daß fig. 86. ein solcher dem Rande g f entgegenste-
hender Bogen sich als zwey schief gegen einander laufende Enden von gera-
den oder krummen Linien (fig. 85.) darstellt, oder es erscheinen zwey gegen
den Rand schief laufende Enden von Linien fig. 85. als ein Bogen einer
krummen Linie. fig. 86. Alles dieses geschieht so häufig, daß man bey Be-
urtheilung der Figuren zwo einander durchschneidende Linien fig. 82, und
zween gegen einander stehende Bogen krummer Linien fig. 83. und 84. in
allen Fällen als gleichbedeutend annehmen, desgleichen auch fig. 85. und 86.
allezeit mit einander verwechseln kann. Manche Figuren werden bisweilen
dadurch so sehr verändert, daß man ohne gehöriger Uebung ihre eigenthüm-
liche Gestalt nicht würde daraus beurtheilen können. Ueberhaupt erscheinen
die meisten Figuren äußerst selten so regelmäßig, wie sie in den Tafeln ge-
zeichnet sind; mehrentheils sind bey sehr zusammengesetzten Figuren manche
Stellen so undeutlich, daß deren eigentliche Beschaffenheit aus dem Zusam-
menhange mit den übrigen deutlichern Stellen errathen werden muß. Der
Ton ist bey einer abgeänderten Figur der nämliche, als wenn sich die Figur
ganz regelmäßig zeigt. Der Grund solcher Abänderungen liegt bisweilen in
der Gestalt des klingenden Körpers selbst, mehrentheils aber in der etwas
ungleichen Dicke oder Elasticität desselben; öfters werden selbige auch da-
durch veranlaßt, wenn man den klingenden Körper nicht genau an den
Stellen hält oder berührt, wo eigentlich feste Linien seyn sollten, so daß man

oft

hern, und von einander entfernen. Jn jedem Naͤherungspuncte koͤnnen ſie
ſich ſo verbinden, daß ſie einander durchkreuzen; es nehmen alſo in dieſem
Falle zwo ſich naͤhernde Kruͤmmungen fig. 83. oder 84. die Geſtalt von fig.
82. an. Eben ſo koͤnnen zwo einander durchſchneidende Linien fig. 82. ſich
in ihrer Mitte ſo trennen, daß zween gegen einander ſtehende Bogen krum-
mer Linien fig. 83. oder 84. daraus werden. Oft theilen ſich manche Bo-
gen ſolcher feſten Linien, die dem Rande des klingenden Koͤrpers am naͤchſten
ſind, in ihrer Mitte, ſo daß fig. 86. ein ſolcher dem Rande g f entgegenſte-
hender Bogen ſich als zwey ſchief gegen einander laufende Enden von gera-
den oder krummen Linien (fig. 85.) darſtellt, oder es erſcheinen zwey gegen
den Rand ſchief laufende Enden von Linien fig. 85. als ein Bogen einer
krummen Linie. fig. 86. Alles dieſes geſchieht ſo haͤufig, daß man bey Be-
urtheilung der Figuren zwo einander durchſchneidende Linien fig. 82, und
zween gegen einander ſtehende Bogen krummer Linien fig. 83. und 84. in
allen Faͤllen als gleichbedeutend annehmen, desgleichen auch fig. 85. und 86.
allezeit mit einander verwechſeln kann. Manche Figuren werden bisweilen
dadurch ſo ſehr veraͤndert, daß man ohne gehoͤriger Uebung ihre eigenthuͤm-
liche Geſtalt nicht wuͤrde daraus beurtheilen koͤnnen. Ueberhaupt erſcheinen
die meiſten Figuren aͤußerſt ſelten ſo regelmaͤßig, wie ſie in den Tafeln ge-
zeichnet ſind; mehrentheils ſind bey ſehr zuſammengeſetzten Figuren manche
Stellen ſo undeutlich, daß deren eigentliche Beſchaffenheit aus dem Zuſam-
menhange mit den uͤbrigen deutlichern Stellen errathen werden muß. Der
Ton iſt bey einer abgeaͤnderten Figur der naͤmliche, als wenn ſich die Figur
ganz regelmaͤßig zeigt. Der Grund ſolcher Abaͤnderungen liegt bisweilen in
der Geſtalt des klingenden Koͤrpers ſelbſt, mehrentheils aber in der etwas
ungleichen Dicke oder Elaſticitaͤt deſſelben; oͤfters werden ſelbige auch da-
durch veranlaßt, wenn man den klingenden Koͤrper nicht genau an den
Stellen haͤlt oder beruͤhrt, wo eigentlich feſte Linien ſeyn ſollten, ſo daß man

oft
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028" n="20"/>
hern, und von einander entfernen. Jn jedem Na&#x0364;herungspuncte ko&#x0364;nnen &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;o verbinden, daß &#x017F;ie einander durchkreuzen; es nehmen al&#x017F;o in die&#x017F;em<lb/>
Falle zwo &#x017F;ich na&#x0364;hernde Kru&#x0364;mmungen <hi rendition="#aq">fig.</hi> 83. oder 84. die Ge&#x017F;talt von <hi rendition="#aq">fig.</hi><lb/>
82. an. Eben &#x017F;o ko&#x0364;nnen zwo einander durch&#x017F;chneidende Linien <hi rendition="#aq">fig.</hi> 82. &#x017F;ich<lb/>
in ihrer Mitte &#x017F;o trennen, daß zween gegen einander &#x017F;tehende Bogen krum-<lb/>
mer Linien <hi rendition="#aq">fig.</hi> 83. oder 84. daraus werden. Oft theilen &#x017F;ich manche Bo-<lb/>
gen &#x017F;olcher fe&#x017F;ten Linien, die dem Rande des klingenden Ko&#x0364;rpers am na&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;ind, in ihrer Mitte, &#x017F;o daß <hi rendition="#aq">fig.</hi> 86. ein &#x017F;olcher dem Rande <hi rendition="#aq">g f</hi> entgegen&#x017F;te-<lb/>
hender Bogen &#x017F;ich als zwey &#x017F;chief gegen einander laufende Enden von gera-<lb/>
den oder krummen Linien (<hi rendition="#aq">fig.</hi> 85.) dar&#x017F;tellt, oder es er&#x017F;cheinen zwey gegen<lb/>
den Rand &#x017F;chief laufende Enden von Linien <hi rendition="#aq">fig.</hi> 85. als ein Bogen einer<lb/>
krummen Linie. <hi rendition="#aq">fig.</hi> 86. Alles die&#x017F;es ge&#x017F;chieht &#x017F;o ha&#x0364;ufig, daß man bey Be-<lb/>
urtheilung der Figuren zwo einander durch&#x017F;chneidende Linien <hi rendition="#aq">fig.</hi> 82, und<lb/>
zween gegen einander &#x017F;tehende Bogen krummer Linien <hi rendition="#aq">fig.</hi> 83. und 84. in<lb/>
allen Fa&#x0364;llen als gleichbedeutend annehmen, desgleichen auch <hi rendition="#aq">fig.</hi> 85. und 86.<lb/>
allezeit mit einander verwech&#x017F;eln kann. Manche Figuren werden bisweilen<lb/>
dadurch &#x017F;o &#x017F;ehr vera&#x0364;ndert, daß man ohne geho&#x0364;riger Uebung ihre eigenthu&#x0364;m-<lb/>
liche Ge&#x017F;talt nicht wu&#x0364;rde daraus beurtheilen ko&#x0364;nnen. Ueberhaupt er&#x017F;cheinen<lb/>
die mei&#x017F;ten Figuren a&#x0364;ußer&#x017F;t &#x017F;elten &#x017F;o regelma&#x0364;ßig, wie &#x017F;ie in den Tafeln ge-<lb/>
zeichnet &#x017F;ind; mehrentheils &#x017F;ind bey &#x017F;ehr zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Figuren manche<lb/>
Stellen &#x017F;o undeutlich, daß deren eigentliche Be&#x017F;chaffenheit aus dem Zu&#x017F;am-<lb/>
menhange mit den u&#x0364;brigen deutlichern Stellen errathen werden muß. Der<lb/>
Ton i&#x017F;t bey einer abgea&#x0364;nderten Figur der na&#x0364;mliche, als wenn &#x017F;ich die Figur<lb/>
ganz regelma&#x0364;ßig zeigt. Der Grund &#x017F;olcher Aba&#x0364;nderungen liegt bisweilen in<lb/>
der Ge&#x017F;talt des klingenden Ko&#x0364;rpers &#x017F;elb&#x017F;t, mehrentheils aber in der etwas<lb/>
ungleichen Dicke oder Ela&#x017F;ticita&#x0364;t de&#x017F;&#x017F;elben; o&#x0364;fters werden &#x017F;elbige auch da-<lb/>
durch veranlaßt, wenn man den klingenden Ko&#x0364;rper nicht genau an den<lb/>
Stellen ha&#x0364;lt oder beru&#x0364;hrt, wo eigentlich fe&#x017F;te Linien &#x017F;eyn &#x017F;ollten, &#x017F;o daß man<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">oft</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0028] hern, und von einander entfernen. Jn jedem Naͤherungspuncte koͤnnen ſie ſich ſo verbinden, daß ſie einander durchkreuzen; es nehmen alſo in dieſem Falle zwo ſich naͤhernde Kruͤmmungen fig. 83. oder 84. die Geſtalt von fig. 82. an. Eben ſo koͤnnen zwo einander durchſchneidende Linien fig. 82. ſich in ihrer Mitte ſo trennen, daß zween gegen einander ſtehende Bogen krum- mer Linien fig. 83. oder 84. daraus werden. Oft theilen ſich manche Bo- gen ſolcher feſten Linien, die dem Rande des klingenden Koͤrpers am naͤchſten ſind, in ihrer Mitte, ſo daß fig. 86. ein ſolcher dem Rande g f entgegenſte- hender Bogen ſich als zwey ſchief gegen einander laufende Enden von gera- den oder krummen Linien (fig. 85.) darſtellt, oder es erſcheinen zwey gegen den Rand ſchief laufende Enden von Linien fig. 85. als ein Bogen einer krummen Linie. fig. 86. Alles dieſes geſchieht ſo haͤufig, daß man bey Be- urtheilung der Figuren zwo einander durchſchneidende Linien fig. 82, und zween gegen einander ſtehende Bogen krummer Linien fig. 83. und 84. in allen Faͤllen als gleichbedeutend annehmen, desgleichen auch fig. 85. und 86. allezeit mit einander verwechſeln kann. Manche Figuren werden bisweilen dadurch ſo ſehr veraͤndert, daß man ohne gehoͤriger Uebung ihre eigenthuͤm- liche Geſtalt nicht wuͤrde daraus beurtheilen koͤnnen. Ueberhaupt erſcheinen die meiſten Figuren aͤußerſt ſelten ſo regelmaͤßig, wie ſie in den Tafeln ge- zeichnet ſind; mehrentheils ſind bey ſehr zuſammengeſetzten Figuren manche Stellen ſo undeutlich, daß deren eigentliche Beſchaffenheit aus dem Zuſam- menhange mit den uͤbrigen deutlichern Stellen errathen werden muß. Der Ton iſt bey einer abgeaͤnderten Figur der naͤmliche, als wenn ſich die Figur ganz regelmaͤßig zeigt. Der Grund ſolcher Abaͤnderungen liegt bisweilen in der Geſtalt des klingenden Koͤrpers ſelbſt, mehrentheils aber in der etwas ungleichen Dicke oder Elaſticitaͤt deſſelben; oͤfters werden ſelbige auch da- durch veranlaßt, wenn man den klingenden Koͤrper nicht genau an den Stellen haͤlt oder beruͤhrt, wo eigentlich feſte Linien ſeyn ſollten, ſo daß man oft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787/28
Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787/28>, abgerufen am 21.11.2024.