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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787.

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oft eine Figur durch wenige Verrückung der Finger nach Willkühr auf gewis-
se Arten mit Beybehaltung des nämlichen Tones abändern, oder die eigen-
thümliche Beschaffenheit derselben wiederherstellen kann.

An Blech- oder Glasstreifen, deren Gestalt ein Rectangel
ist,
sind außer den oben erwähnten, und von andern schon berechneten ein-
fachern Schwingungsarten r) noch eine unendliche Menge anderer möglich,
die zusammengesetzter, als die vorigen, und noch von niemanden untersucht

sind.
r) Auch die oben erwähnten einfachen Klänge eines auch in die Breite ausge-
dehnten Blech- oder Glasstreifens sind bey weiten noch nicht hinlänglich un-
tersucht; indem aus den Krümmungen, welche die festen Linien (die hier
eben das sind, was ich vorher Schwingungsknoten nennte) in den meisten
Fällen annehmen, erhellet, daß dabey oft Schwingungen nach mehr, als ei-
ner Richtung geschehen. Es kann nämlich eine jede einfache schwingende Be-
wegung eines solchen Körpers, bey welcher gleichsam eine unendliche Menge
krummer Schwingungslinien mit einander parallel gehen, (z. B. fig. 93, wo
eine ganze gleichseitig viereckige Scheibe so schwingt, wie ein freyer Stab bey
fig. 152.) sich mit Beybehaltung des nämlichen Tones in eine zusammenge-
setztere Bewegung umändern, bey welcher Schwingungen nach zwo oder
mehreren Richtungen einander unter schiefen oder rechten Winkeln durch-
schneiden; wenn dieses unter schiefen Winkeln geschieht, nehmen die festen
Linien, welche eigentlich gerade seyn sollten, Krümmungen an; (aus fig. 93.
wird sodann fig. 94.) geschieht es unter rechten Winkeln, so durchschneiden
sich die festen Linien in den Näherungspuncten ihrer Krümmungen auch recht-
winklich. (fig. 93. zeigt sich alsdenn wie fig. 95.) Eben so können auch bey
einer zusammengesetzten Bewegung die Winkel, unter welchen die Richtun-
gen der Schwingungen einander durchschneiden, sich sehr verändern, so daß,
wenn der Winkel = 0 ist, eine einfache, oder wenn die Bewegung sehr zu-
sammengesetzt ist, eine weniger zusammengesetzte Bewegung daraus wird,
bey welcher sich die festen Linien gerade zeigen.
C 3

oft eine Figur durch wenige Verruͤckung der Finger nach Willkuͤhr auf gewiſ-
ſe Arten mit Beybehaltung des naͤmlichen Tones abaͤndern, oder die eigen-
thuͤmliche Beſchaffenheit derſelben wiederherſtellen kann.

An Blech- oder Glasſtreifen, deren Geſtalt ein Rectangel
iſt,
ſind außer den oben erwaͤhnten, und von andern ſchon berechneten ein-
fachern Schwingungsarten r) noch eine unendliche Menge anderer moͤglich,
die zuſammengeſetzter, als die vorigen, und noch von niemanden unterſucht

ſind.
r) Auch die oben erwaͤhnten einfachen Klaͤnge eines auch in die Breite ausge-
dehnten Blech- oder Glasſtreifens ſind bey weiten noch nicht hinlaͤnglich un-
terſucht; indem aus den Kruͤmmungen, welche die feſten Linien (die hier
eben das ſind, was ich vorher Schwingungsknoten nennte) in den meiſten
Faͤllen annehmen, erhellet, daß dabey oft Schwingungen nach mehr, als ei-
ner Richtung geſchehen. Es kann naͤmlich eine jede einfache ſchwingende Be-
wegung eines ſolchen Koͤrpers, bey welcher gleichſam eine unendliche Menge
krummer Schwingungslinien mit einander parallel gehen, (z. B. fig. 93, wo
eine ganze gleichſeitig viereckige Scheibe ſo ſchwingt, wie ein freyer Stab bey
fig. 152.) ſich mit Beybehaltung des naͤmlichen Tones in eine zuſammenge-
ſetztere Bewegung umaͤndern, bey welcher Schwingungen nach zwo oder
mehreren Richtungen einander unter ſchiefen oder rechten Winkeln durch-
ſchneiden; wenn dieſes unter ſchiefen Winkeln geſchieht, nehmen die feſten
Linien, welche eigentlich gerade ſeyn ſollten, Kruͤmmungen an; (aus fig. 93.
wird ſodann fig. 94.) geſchieht es unter rechten Winkeln, ſo durchſchneiden
ſich die feſten Linien in den Naͤherungspuncten ihrer Kruͤmmungen auch recht-
winklich. (fig. 93. zeigt ſich alsdenn wie fig. 95.) Eben ſo koͤnnen auch bey
einer zuſammengeſetzten Bewegung die Winkel, unter welchen die Richtun-
gen der Schwingungen einander durchſchneiden, ſich ſehr veraͤndern, ſo daß,
wenn der Winkel = 0 iſt, eine einfache, oder wenn die Bewegung ſehr zu-
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[21/0029] oft eine Figur durch wenige Verruͤckung der Finger nach Willkuͤhr auf gewiſ- ſe Arten mit Beybehaltung des naͤmlichen Tones abaͤndern, oder die eigen- thuͤmliche Beſchaffenheit derſelben wiederherſtellen kann. An Blech- oder Glasſtreifen, deren Geſtalt ein Rectangel iſt, ſind außer den oben erwaͤhnten, und von andern ſchon berechneten ein- fachern Schwingungsarten r) noch eine unendliche Menge anderer moͤglich, die zuſammengeſetzter, als die vorigen, und noch von niemanden unterſucht ſind. r) Auch die oben erwaͤhnten einfachen Klaͤnge eines auch in die Breite ausge- dehnten Blech- oder Glasſtreifens ſind bey weiten noch nicht hinlaͤnglich un- terſucht; indem aus den Kruͤmmungen, welche die feſten Linien (die hier eben das ſind, was ich vorher Schwingungsknoten nennte) in den meiſten Faͤllen annehmen, erhellet, daß dabey oft Schwingungen nach mehr, als ei- ner Richtung geſchehen. Es kann naͤmlich eine jede einfache ſchwingende Be- wegung eines ſolchen Koͤrpers, bey welcher gleichſam eine unendliche Menge krummer Schwingungslinien mit einander parallel gehen, (z. B. fig. 93, wo eine ganze gleichſeitig viereckige Scheibe ſo ſchwingt, wie ein freyer Stab bey fig. 152.) ſich mit Beybehaltung des naͤmlichen Tones in eine zuſammenge- ſetztere Bewegung umaͤndern, bey welcher Schwingungen nach zwo oder mehreren Richtungen einander unter ſchiefen oder rechten Winkeln durch- ſchneiden; wenn dieſes unter ſchiefen Winkeln geſchieht, nehmen die feſten Linien, welche eigentlich gerade ſeyn ſollten, Kruͤmmungen an; (aus fig. 93. wird ſodann fig. 94.) geſchieht es unter rechten Winkeln, ſo durchſchneiden ſich die feſten Linien in den Naͤherungspuncten ihrer Kruͤmmungen auch recht- winklich. (fig. 93. zeigt ſich alsdenn wie fig. 95.) Eben ſo koͤnnen auch bey einer zuſammengeſetzten Bewegung die Winkel, unter welchen die Richtun- gen der Schwingungen einander durchſchneiden, ſich ſehr veraͤndern, ſo daß, wenn der Winkel = 0 iſt, eine einfache, oder wenn die Bewegung ſehr zu- ſammengeſetzt iſt, eine weniger zuſammengeſetzte Bewegung daraus wird, bey welcher ſich die feſten Linien gerade zeigen. C 3

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787/29>, abgerufen am 19.04.2024.