Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Minuten lag der Graf gerettet auf dem Kanapee
der Gaststube. Der so unerwartet schreckliche
Vorfall hatte den sonst kräftigen Mann für
einige Minuten der Sinne beraubt; Blauenstein
stand neben der geschäftigen Wirthin, und rieb
die Schläfe des Ohnmächtigen mit Cölnischem
Wasser. Der Graf öffnete nach einigen Minuten
die Augen; er reichte Blauenstein die Hand, ein
Druck derselben dankte für die edle That, und
als er der Sprache in etwas wieder mächtig war,
bat er um einen Boten nach Blumenau, daß ihm
ein Wagen so schnell als möglich zum Abholen
gesendet werde.

Der alte Herr richtete sich auf; eine Thräne
schwamm in seinem feurigen Auge, und sich zu
seinem Retter wendend, sagte er mit schwankender
Stimme: "Sie erhielten mir daß Leben, einer
geliebten Familie den Vater; vergelten kann ich
Ihnen nicht, was Sie an mir gethan. Ihr
Äußeres sagt mir, daß Sie ein Biedermann sind. --
Schlagen Sie mir meine Bitte nicht ab, wenig¬
stens für einige Zeit mein Gast in Blumenau
zu sein. Darf ich auf Ihre Gegenwart rechnen,
wie ich als ein dem Unglück Preisgegebener auf
Ihre Hülfe rechnen durfte?" -- --

Minuten lag der Graf gerettet auf dem Kanapee
der Gaſtſtube. Der ſo unerwartet ſchreckliche
Vorfall hatte den ſonſt kraͤftigen Mann fuͤr
einige Minuten der Sinne beraubt; Blauenſtein
ſtand neben der geſchaͤftigen Wirthin, und rieb
die Schlaͤfe des Ohnmaͤchtigen mit Coͤlniſchem
Waſſer. Der Graf oͤffnete nach einigen Minuten
die Augen; er reichte Blauenſtein die Hand, ein
Druck derſelben dankte fuͤr die edle That, und
als er der Sprache in etwas wieder maͤchtig war,
bat er um einen Boten nach Blumenau, daß ihm
ein Wagen ſo ſchnell als moͤglich zum Abholen
geſendet werde.

Der alte Herr richtete ſich auf; eine Thraͤne
ſchwamm in ſeinem feurigen Auge, und ſich zu
ſeinem Retter wendend, ſagte er mit ſchwankender
Stimme: „Sie erhielten mir daß Leben, einer
geliebten Familie den Vater; vergelten kann ich
Ihnen nicht, was Sie an mir gethan. Ihr
Äußeres ſagt mir, daß Sie ein Biedermann ſind. —
Schlagen Sie mir meine Bitte nicht ab, wenig¬
ſtens fuͤr einige Zeit mein Gaſt in Blumenau
zu ſein. Darf ich auf Ihre Gegenwart rechnen,
wie ich als ein dem Ungluͤck Preisgegebener auf
Ihre Huͤlfe rechnen durfte?“ — —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="7"/>
Minuten lag der Graf gerettet auf dem Kanapee<lb/>
der Ga&#x017F;t&#x017F;tube. Der &#x017F;o unerwartet &#x017F;chreckliche<lb/>
Vorfall hatte den &#x017F;on&#x017F;t kra&#x0364;ftigen Mann fu&#x0364;r<lb/>
einige Minuten der Sinne beraubt; Blauen&#x017F;tein<lb/>
&#x017F;tand neben der ge&#x017F;cha&#x0364;ftigen Wirthin, und rieb<lb/>
die Schla&#x0364;fe des Ohnma&#x0364;chtigen mit Co&#x0364;lni&#x017F;chem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er. Der Graf o&#x0364;ffnete nach einigen Minuten<lb/>
die Augen; er reichte Blauen&#x017F;tein die Hand, ein<lb/>
Druck der&#x017F;elben dankte fu&#x0364;r die edle That, und<lb/>
als er der Sprache in etwas wieder ma&#x0364;chtig war,<lb/>
bat er um einen Boten nach Blumenau, daß ihm<lb/>
ein Wagen &#x017F;o &#x017F;chnell als mo&#x0364;glich zum Abholen<lb/>
ge&#x017F;endet werde.</p><lb/>
        <p>Der alte Herr richtete &#x017F;ich auf; eine Thra&#x0364;ne<lb/>
&#x017F;chwamm in &#x017F;einem feurigen Auge, und &#x017F;ich zu<lb/>
&#x017F;einem Retter wendend, &#x017F;agte er mit &#x017F;chwankender<lb/>
Stimme: &#x201E;Sie erhielten mir daß Leben, einer<lb/>
geliebten Familie den Vater; vergelten kann ich<lb/>
Ihnen nicht, was Sie an mir gethan. Ihr<lb/>
Äußeres &#x017F;agt mir, daß Sie ein Biedermann &#x017F;ind. &#x2014;<lb/>
Schlagen Sie mir meine Bitte nicht ab, wenig¬<lb/>
&#x017F;tens fu&#x0364;r einige Zeit mein Ga&#x017F;t in Blumenau<lb/>
zu &#x017F;ein. Darf ich auf Ihre Gegenwart rechnen,<lb/>
wie ich als ein dem Unglu&#x0364;ck Preisgegebener auf<lb/>
Ihre Hu&#x0364;lfe rechnen durfte?&#x201C; &#x2014; &#x2014;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0013] Minuten lag der Graf gerettet auf dem Kanapee der Gaſtſtube. Der ſo unerwartet ſchreckliche Vorfall hatte den ſonſt kraͤftigen Mann fuͤr einige Minuten der Sinne beraubt; Blauenſtein ſtand neben der geſchaͤftigen Wirthin, und rieb die Schlaͤfe des Ohnmaͤchtigen mit Coͤlniſchem Waſſer. Der Graf oͤffnete nach einigen Minuten die Augen; er reichte Blauenſtein die Hand, ein Druck derſelben dankte fuͤr die edle That, und als er der Sprache in etwas wieder maͤchtig war, bat er um einen Boten nach Blumenau, daß ihm ein Wagen ſo ſchnell als moͤglich zum Abholen geſendet werde. Der alte Herr richtete ſich auf; eine Thraͤne ſchwamm in ſeinem feurigen Auge, und ſich zu ſeinem Retter wendend, ſagte er mit ſchwankender Stimme: „Sie erhielten mir daß Leben, einer geliebten Familie den Vater; vergelten kann ich Ihnen nicht, was Sie an mir gethan. Ihr Äußeres ſagt mir, daß Sie ein Biedermann ſind. — Schlagen Sie mir meine Bitte nicht ab, wenig¬ ſtens fuͤr einige Zeit mein Gaſt in Blumenau zu ſein. Darf ich auf Ihre Gegenwart rechnen, wie ich als ein dem Ungluͤck Preisgegebener auf Ihre Huͤlfe rechnen durfte?“ — —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/13
Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/13>, abgerufen am 05.05.2024.