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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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"ich nehme hier ein anderes Interesse, denn mein
Herz ist bereits unter billigen und angenehmen
Bedingungen untergebracht. Sehn Sie, die alte
Struen ist catholisch; ihr Mann ist zwar Pro¬
testant, aber ein bigotter Narr, der seiner Gemahlin
das Wort gegeben hat, nur ein Catholik solle
dereinst die Hand ihres Kindes empfangen.
Freilich weiß ich, daß der Mann auch einen enor¬
men Geiz besitzt, und wenn so ein ächter Gold¬
fisch kommt, so widersteht er keinen Augenblick.
Beim Himmel, das Mädchen ist zum Anbeten
schön und liebenswerth! Und dabei diese Beschei¬
denheit, diese Demuth in Blick und Haltung!
Blauenstein, hier zu siegen, muß göttlich sein! --"

Ich konnte auf seine stürmischen Äußerungen
nur mit einem Seufzer antworten, und ließ mich
von ihm durch eine Reihe von Straßen mit fort¬
ziehn. Endlich stand mein Begleiter vor einem
Palais der Vorstadt still, das mir schon längst
wegen seiner soliden, geschmackvollen Bauart auf¬
gefallen war, und zeigte nach einem hell erleuch¬
teten Zimmer, indem er sagte: "Da wohnt sie,
von der wir sprachen; versuchen Sie Ihr Glück,
ihr Auge hat einigemal wohlgefällig auf Ihnen
geruht. Aber nun auch gute Nacht, bald mehr!"

„ich nehme hier ein anderes Intereſſe, denn mein
Herz iſt bereits unter billigen und angenehmen
Bedingungen untergebracht. Sehn Sie, die alte
Struen iſt catholiſch; ihr Mann iſt zwar Pro¬
teſtant, aber ein bigotter Narr, der ſeiner Gemahlin
das Wort gegeben hat, nur ein Catholik ſolle
dereinſt die Hand ihres Kindes empfangen.
Freilich weiß ich, daß der Mann auch einen enor¬
men Geiz beſitzt, und wenn ſo ein aͤchter Gold¬
fiſch kommt, ſo widerſteht er keinen Augenblick.
Beim Himmel, das Maͤdchen iſt zum Anbeten
ſchoͤn und liebenswerth! Und dabei dieſe Beſchei¬
denheit, dieſe Demuth in Blick und Haltung!
Blauenſtein, hier zu ſiegen, muß goͤttlich ſein! —“

Ich konnte auf ſeine ſtuͤrmiſchen Äußerungen
nur mit einem Seufzer antworten, und ließ mich
von ihm durch eine Reihe von Straßen mit fort¬
ziehn. Endlich ſtand mein Begleiter vor einem
Palais der Vorſtadt ſtill, das mir ſchon laͤngſt
wegen ſeiner ſoliden, geſchmackvollen Bauart auf¬
gefallen war, und zeigte nach einem hell erleuch¬
teten Zimmer, indem er ſagte: „Da wohnt ſie,
von der wir ſprachen; verſuchen Sie Ihr Gluͤck,
ihr Auge hat einigemal wohlgefaͤllig auf Ihnen
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[132/0138] „ich nehme hier ein anderes Intereſſe, denn mein Herz iſt bereits unter billigen und angenehmen Bedingungen untergebracht. Sehn Sie, die alte Struen iſt catholiſch; ihr Mann iſt zwar Pro¬ teſtant, aber ein bigotter Narr, der ſeiner Gemahlin das Wort gegeben hat, nur ein Catholik ſolle dereinſt die Hand ihres Kindes empfangen. Freilich weiß ich, daß der Mann auch einen enor¬ men Geiz beſitzt, und wenn ſo ein aͤchter Gold¬ fiſch kommt, ſo widerſteht er keinen Augenblick. Beim Himmel, das Maͤdchen iſt zum Anbeten ſchoͤn und liebenswerth! Und dabei dieſe Beſchei¬ denheit, dieſe Demuth in Blick und Haltung! Blauenſtein, hier zu ſiegen, muß goͤttlich ſein! —“ Ich konnte auf ſeine ſtuͤrmiſchen Äußerungen nur mit einem Seufzer antworten, und ließ mich von ihm durch eine Reihe von Straßen mit fort¬ ziehn. Endlich ſtand mein Begleiter vor einem Palais der Vorſtadt ſtill, das mir ſchon laͤngſt wegen ſeiner ſoliden, geſchmackvollen Bauart auf¬ gefallen war, und zeigte nach einem hell erleuch¬ teten Zimmer, indem er ſagte: „Da wohnt ſie, von der wir ſprachen; verſuchen Sie Ihr Gluͤck, ihr Auge hat einigemal wohlgefaͤllig auf Ihnen geruht. Aber nun auch gute Nacht, bald mehr!“

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/138>, abgerufen am 18.05.2024.