Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.meines treulosen Miethskutschers noch einmal an¬ An jedem der dazu bestimmten Tage war ich meines treuloſen Miethskutſchers noch einmal an¬ An jedem der dazu beſtimmten Tage war ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0146" n="140"/> meines treuloſen Miethskutſchers noch einmal an¬<lb/> ſichtig zu werden, der noch ſeinen Lohn nicht er¬<lb/> halten hatte. Wahrhaftig, der Menſch hielt mit<lb/> ſeinem Wagen bereits in der Naͤhe der Academie,<lb/> und lachte, als er mich erblickte. Meine erſte<lb/> Frage war, weshalb er die Damen nicht nach<lb/> dem Garten gefahren; aber er meinte, er habe<lb/> den Befehl erhalten, zu ſchweigen, und auch als<lb/> ich meine Boͤrſe zog, um ihn durch Geld mehr<lb/> beredt zu machen, ſchuͤttelte er mit dem Kopfe,<lb/> und ſagte, er habe ſeinen Lohn bereits erhalten,<lb/> und zwar ſehr reichlich. —</p><lb/> <p>An jedem der dazu beſtimmten Tage war ich<lb/> in der Gemaͤldegallerie; ich ſtand ganze Stunden<lb/> vor der heiligen Caͤcilie, aus der mir Mariens En¬<lb/> gelszuͤge entgegenlaͤchleten, aber ſie ſelbſt erſchien<lb/> nicht wieder. Endlich, es mogten einige Wochen<lb/> vergangen ſein, traf ich Antonie auf der Prome¬<lb/> nade. Im freudigen Erſchrecken blieb ich vor<lb/> ihr ſtehn, ſie war ganz allein, und harrte nur<lb/> ihres juͤngſten Bruͤderchens, das ſich am Wege<lb/> niedergebuͤckt hatte, und bunte Steinchen auflas.<lb/> Ich konnte alſo reden. Sie ſelbſt ſchien uͤberraſcht,<lb/> und beantwortete meine Frage, weshalb ſie neulich<lb/> mit ihrer Freundin ſo grauſam und ſpurlos ver¬<lb/> ſchwunden ſei, zweideutig und ausbeugend. „Sie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [140/0146]
meines treuloſen Miethskutſchers noch einmal an¬
ſichtig zu werden, der noch ſeinen Lohn nicht er¬
halten hatte. Wahrhaftig, der Menſch hielt mit
ſeinem Wagen bereits in der Naͤhe der Academie,
und lachte, als er mich erblickte. Meine erſte
Frage war, weshalb er die Damen nicht nach
dem Garten gefahren; aber er meinte, er habe
den Befehl erhalten, zu ſchweigen, und auch als
ich meine Boͤrſe zog, um ihn durch Geld mehr
beredt zu machen, ſchuͤttelte er mit dem Kopfe,
und ſagte, er habe ſeinen Lohn bereits erhalten,
und zwar ſehr reichlich. —
An jedem der dazu beſtimmten Tage war ich
in der Gemaͤldegallerie; ich ſtand ganze Stunden
vor der heiligen Caͤcilie, aus der mir Mariens En¬
gelszuͤge entgegenlaͤchleten, aber ſie ſelbſt erſchien
nicht wieder. Endlich, es mogten einige Wochen
vergangen ſein, traf ich Antonie auf der Prome¬
nade. Im freudigen Erſchrecken blieb ich vor
ihr ſtehn, ſie war ganz allein, und harrte nur
ihres juͤngſten Bruͤderchens, das ſich am Wege
niedergebuͤckt hatte, und bunte Steinchen auflas.
Ich konnte alſo reden. Sie ſelbſt ſchien uͤberraſcht,
und beantwortete meine Frage, weshalb ſie neulich
mit ihrer Freundin ſo grauſam und ſpurlos ver¬
ſchwunden ſei, zweideutig und ausbeugend. „Sie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |