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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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Maiberg war ja jetzt fast mein einziger
Freund; ich erzählte ihm die ganze Geschichte,
und fragte ihn um Rath.

"Hm, hm!" brummte er vor sich hin, "das
ist eine kitzliche Sache. Aber Sie thun mir
herzlich leid. Ich weiß einen Weg, ich will ihn
versuchen; wenn der nicht glückt, so giebt es
keinen in der Welt weiter!"

"Und der wäre?" fragte ich neugierig und rasch.

"Ich wende mich an den Probst Kirchheim,
vielleicht der einzige Freund des alten Struen,
der einigen Einfluß hat," sagte Maiberg schnell.

"Kirchheim will mir wohl," erwiederte ich,
"aber ich zweifle nicht am Mißlingen dieses
Planes!" --

"Nun, nur Muth!" sprach Maiberg tröstend.
"Und wenn es fehl schlägt, wählen Sie eine
andere; bald gehören Sie zu den reichsten
Männern des Landes, und ich wollte das Mädchen
sehn, das bei Ihren übrigen Eigenschaften nicht
gleich zufassen wollte!" -- Ich fuhr nach der
Residenz zurück. Nach vierzehn Tagen meldete

Maiberg war ja jetzt faſt mein einziger
Freund; ich erzaͤhlte ihm die ganze Geſchichte,
und fragte ihn um Rath.

„Hm, hm!“ brummte er vor ſich hin, „das
iſt eine kitzliche Sache. Aber Sie thun mir
herzlich leid. Ich weiß einen Weg, ich will ihn
verſuchen; wenn der nicht gluͤckt, ſo giebt es
keinen in der Welt weiter!“

„Und der waͤre?“ fragte ich neugierig und raſch.

„Ich wende mich an den Probſt Kirchheim,
vielleicht der einzige Freund des alten Struen,
der einigen Einfluß hat,“ ſagte Maiberg ſchnell.

„Kirchheim will mir wohl,“ erwiederte ich,
„aber ich zweifle nicht am Mißlingen dieſes
Planes!“ —

„Nun, nur Muth!“ ſprach Maiberg troͤſtend.
„Und wenn es fehl ſchlaͤgt, waͤhlen Sie eine
andere; bald gehoͤren Sie zu den reichſten
Maͤnnern des Landes, und ich wollte das Maͤdchen
ſehn, das bei Ihren uͤbrigen Eigenſchaften nicht
gleich zufaſſen wollte!“ — Ich fuhr nach der
Reſidenz zuruͤck. Nach vierzehn Tagen meldete

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[154/0160] Maiberg war ja jetzt faſt mein einziger Freund; ich erzaͤhlte ihm die ganze Geſchichte, und fragte ihn um Rath. „Hm, hm!“ brummte er vor ſich hin, „das iſt eine kitzliche Sache. Aber Sie thun mir herzlich leid. Ich weiß einen Weg, ich will ihn verſuchen; wenn der nicht gluͤckt, ſo giebt es keinen in der Welt weiter!“ „Und der waͤre?“ fragte ich neugierig und raſch. „Ich wende mich an den Probſt Kirchheim, vielleicht der einzige Freund des alten Struen, der einigen Einfluß hat,“ ſagte Maiberg ſchnell. „Kirchheim will mir wohl,“ erwiederte ich, „aber ich zweifle nicht am Mißlingen dieſes Planes!“ — „Nun, nur Muth!“ ſprach Maiberg troͤſtend. „Und wenn es fehl ſchlaͤgt, waͤhlen Sie eine andere; bald gehoͤren Sie zu den reichſten Maͤnnern des Landes, und ich wollte das Maͤdchen ſehn, das bei Ihren uͤbrigen Eigenſchaften nicht gleich zufaſſen wollte!“ — Ich fuhr nach der Reſidenz zuruͤck. Nach vierzehn Tagen meldete

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/160>, abgerufen am 18.05.2024.