Ich mußte ihr von meinem Leben Bericht erstatten; sie freute sich, daß ich an Hannchens Seite glücklich gewesen war, und theilte mir kurz mit, daß sie nach langen Überredungen endlich dem Grafen von Blumenau ihre Hand gereicht, besonders da man ihr von mir erzählt, ich habe sie längst vergessen und ergötze mich an meinen errungenen Reichthümern. Ihr Gemahl war nicht mit im Bade, und täglich war ich in Ma¬ riens Gesellschaft; die Zeit meiner Liebe lebte vor mir auf, ein süßes Weh durchbebte mein Herz, und ich sah ein, daß es besser wäre, der Gefahr zu entfliehn, und alte Wunden nicht wie¬ der aufbrechen zu lassen. Am Abende vor meiner Trennung von Marien, ich wußte, daß ihr Gemahl sie schonend, liebevoll und edel behandelte, bekannte ich ihr den herzlichen Wunsch, daß ihre Tochter Albertine einst die Gattin meines Sohnes werden möge. Sie versprach mir, wenn in einem reifen Alter eine Neigung ihres Kindes die Aus¬ führung dieses Planes unterstütze, nur Dir, mein Sohn, ihren mütterlichen Segen zu ertheilen.
Ich reis'te ab, und habe seit der Zeit Marien nicht wieder gesehn. Ich vermied ein Zusammen¬ treffen, weil ich des Grafen heftige Gemüthsart und seine Eifersucht durch einen Freund kannte,
Ich mußte ihr von meinem Leben Bericht erſtatten; ſie freute ſich, daß ich an Hannchens Seite gluͤcklich geweſen war, und theilte mir kurz mit, daß ſie nach langen Überredungen endlich dem Grafen von Blumenau ihre Hand gereicht, beſonders da man ihr von mir erzaͤhlt, ich habe ſie laͤngſt vergeſſen und ergoͤtze mich an meinen errungenen Reichthuͤmern. Ihr Gemahl war nicht mit im Bade, und taͤglich war ich in Ma¬ riens Geſellſchaft; die Zeit meiner Liebe lebte vor mir auf, ein ſuͤßes Weh durchbebte mein Herz, und ich ſah ein, daß es beſſer waͤre, der Gefahr zu entfliehn, und alte Wunden nicht wie¬ der aufbrechen zu laſſen. Am Abende vor meiner Trennung von Marien, ich wußte, daß ihr Gemahl ſie ſchonend, liebevoll und edel behandelte, bekannte ich ihr den herzlichen Wunſch, daß ihre Tochter Albertine einſt die Gattin meines Sohnes werden moͤge. Sie verſprach mir, wenn in einem reifen Alter eine Neigung ihres Kindes die Aus¬ fuͤhrung dieſes Planes unterſtuͤtze, nur Dir, mein Sohn, ihren muͤtterlichen Segen zu ertheilen.
Ich reiſ'te ab, und habe ſeit der Zeit Marien nicht wieder geſehn. Ich vermied ein Zuſammen¬ treffen, weil ich des Grafen heftige Gemuͤthsart und ſeine Eiferſucht durch einen Freund kannte,
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Ich mußte ihr von meinem Leben Bericht
erſtatten; ſie freute ſich, daß ich an Hannchens
Seite gluͤcklich geweſen war, und theilte mir
kurz mit, daß ſie nach langen Überredungen endlich
dem Grafen von Blumenau ihre Hand gereicht,
beſonders da man ihr von mir erzaͤhlt, ich habe
ſie laͤngſt vergeſſen und ergoͤtze mich an meinen
errungenen Reichthuͤmern. Ihr Gemahl war
nicht mit im Bade, und taͤglich war ich in Ma¬
riens Geſellſchaft; die Zeit meiner Liebe lebte
vor mir auf, ein ſuͤßes Weh durchbebte mein
Herz, und ich ſah ein, daß es beſſer waͤre, der
Gefahr zu entfliehn, und alte Wunden nicht wie¬
der aufbrechen zu laſſen. Am Abende vor meiner
Trennung von Marien, ich wußte, daß ihr Gemahl
ſie ſchonend, liebevoll und edel behandelte, bekannte
ich ihr den herzlichen Wunſch, daß ihre Tochter
Albertine einſt die Gattin meines Sohnes werden
moͤge. Sie verſprach mir, wenn in einem
reifen Alter eine Neigung ihres Kindes die Aus¬
fuͤhrung dieſes Planes unterſtuͤtze, nur Dir, mein
Sohn, ihren muͤtterlichen Segen zu ertheilen.
Ich reiſ'te ab, und habe ſeit der Zeit Marien
nicht wieder geſehn. Ich vermied ein Zuſammen¬
treffen, weil ich des Grafen heftige Gemuͤthsart
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/164>, abgerufen am 20.02.2025.
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