der sein Vertraun besaß. Aber an Nachricht fehlte es mir nie, eben so wenig an herzlichen Grüßen von Marien.
Du weißt nun meinen letzten Wunsch; ich fühle, ich werde bald bei meinem Hannchen sein; aber Dich mögt' ich noch einmal an meine vä¬ terliche Brust drücken. Drum eile, mein geliebter Sohn, eile in meine Arme, daß Du den Seegen Deines Vaters empfangest. --"
8. Der Brief.
Blauenstein war mit den Blättern von der Hand seines Vaters zu Ende. Die letzten Seiten waren unleserlich und mit weniger Zusammen¬ hang geschrieben, so daß man vermuthen konnte, Körperschwäche hätte ihn abgehalten, mehr auszu¬ führen, als es gegen das Ende seiner Mitthei¬ lungen der Fall war. Wie sonderbar, wie höchst sonderbar! rief Blauenstein, den letzten Bogen der Lebensgeschichte seines Vaters in der zitternden Hand haltend. Mußte sich dies Alles zu einer Zeit so gestalten, wo ich ohne Hoffnung, nichts
der ſein Vertraun beſaß. Aber an Nachricht fehlte es mir nie, eben ſo wenig an herzlichen Gruͤßen von Marien.
Du weißt nun meinen letzten Wunſch; ich fuͤhle, ich werde bald bei meinem Hannchen ſein; aber Dich moͤgt' ich noch einmal an meine vaͤ¬ terliche Bruſt druͤcken. Drum eile, mein geliebter Sohn, eile in meine Arme, daß Du den Seegen Deines Vaters empfangeſt. —“
8. Der Brief.
Blauenſtein war mit den Blaͤttern von der Hand ſeines Vaters zu Ende. Die letzten Seiten waren unleſerlich und mit weniger Zuſammen¬ hang geſchrieben, ſo daß man vermuthen konnte, Koͤrperſchwaͤche haͤtte ihn abgehalten, mehr auszu¬ fuͤhren, als es gegen das Ende ſeiner Mitthei¬ lungen der Fall war. Wie ſonderbar, wie hoͤchſt ſonderbar! rief Blauenſtein, den letzten Bogen der Lebensgeſchichte ſeines Vaters in der zitternden Hand haltend. Mußte ſich dies Alles zu einer Zeit ſo geſtalten, wo ich ohne Hoffnung, nichts
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der ſein Vertraun beſaß. Aber an Nachricht
fehlte es mir nie, eben ſo wenig an herzlichen
Gruͤßen von Marien.
Du weißt nun meinen letzten Wunſch; ich
fuͤhle, ich werde bald bei meinem Hannchen ſein;
aber Dich moͤgt' ich noch einmal an meine vaͤ¬
terliche Bruſt druͤcken. Drum eile, mein geliebter
Sohn, eile in meine Arme, daß Du den Seegen
Deines Vaters empfangeſt. —“
8.
Der Brief.
Blauenſtein war mit den Blaͤttern von der
Hand ſeines Vaters zu Ende. Die letzten Seiten
waren unleſerlich und mit weniger Zuſammen¬
hang geſchrieben, ſo daß man vermuthen konnte,
Koͤrperſchwaͤche haͤtte ihn abgehalten, mehr auszu¬
fuͤhren, als es gegen das Ende ſeiner Mitthei¬
lungen der Fall war. Wie ſonderbar, wie hoͤchſt
ſonderbar! rief Blauenſtein, den letzten Bogen
der Lebensgeſchichte ſeines Vaters in der zitternden
Hand haltend. Mußte ſich dies Alles zu einer
Zeit ſo geſtalten, wo ich ohne Hoffnung, nichts
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/165>, abgerufen am 20.02.2025.
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