Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.erforschen, ob sie sich freiwillig dem Klosterleben erforſchen, ob ſie ſich freiwillig dem Kloſterleben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0206" n="200"/> erforſchen, ob ſie ſich freiwillig dem Kloſterleben<lb/> weihe, oder was ſie außerdem zwinge, ihr junges<lb/> Leben im Kloſter zu vertrauren. Da ſchuͤttelte<lb/> Schweſter Beata das Koͤpfchen, und ein Seufzer<lb/> ſchwellte ihre Bruſt, indem ſie ſagte: Glauben<lb/> Sie denn, Sie eifriger Fremdling, daß uns blos<lb/> ein hartes Schickſal, ein zerknirſchtes Herz oder<lb/> dergleichen hieher treibt in die geweihten Mauren?<lb/> Es giebt Augenblicke im Leben, die keine Sprache<lb/> zu bezeichnen vermag; in ihnen erſchließt ſich<lb/> eine andere, ſchoͤnere Welt, wir ſehnen uns nach<lb/> geiſtiger Ruhe, nach geiſtiger Reinheit. — Koͤnnen<lb/> Sie ſich, fuhr ſie fort, und ihre Purpurlippen<lb/> ſchienen mir beſſer zum Kuſſe, als zum Beten<lb/> geformt, koͤnnen Sie ſich einen Begriff davon<lb/> machen, was man Kloſterberuf nennt? — Ich<lb/> nannte aber das Kloſterleben ein verkehrtes, das<lb/> aller menſchlichen und geſellſchaftlichen Bildung<lb/> zuwider ſei, und behauptete keck, die holde<lb/> Schweſter Beata moͤgte wohl freiwillig auch nicht<lb/> hinter dem ſchweren Eiſengitter ſtehn. Zuletzt<lb/> ſchlug ich mich ihr als ehrſamen Beichtvater vor;<lb/> allein ſie meinte, dergleichen ehrwuͤrdige Leute,<lb/> wie ich, taugten fuͤr kein Kloſter; ich moͤge mir<lb/> immerhin eine Gemahlin erwaͤhlen, und dieſe er¬<lb/> kenne mich vielleicht als Beichtvater an, allein<lb/> ſie ſelbſt ſei bereits gut verſorgt. Ich war durch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [200/0206]
erforſchen, ob ſie ſich freiwillig dem Kloſterleben
weihe, oder was ſie außerdem zwinge, ihr junges
Leben im Kloſter zu vertrauren. Da ſchuͤttelte
Schweſter Beata das Koͤpfchen, und ein Seufzer
ſchwellte ihre Bruſt, indem ſie ſagte: Glauben
Sie denn, Sie eifriger Fremdling, daß uns blos
ein hartes Schickſal, ein zerknirſchtes Herz oder
dergleichen hieher treibt in die geweihten Mauren?
Es giebt Augenblicke im Leben, die keine Sprache
zu bezeichnen vermag; in ihnen erſchließt ſich
eine andere, ſchoͤnere Welt, wir ſehnen uns nach
geiſtiger Ruhe, nach geiſtiger Reinheit. — Koͤnnen
Sie ſich, fuhr ſie fort, und ihre Purpurlippen
ſchienen mir beſſer zum Kuſſe, als zum Beten
geformt, koͤnnen Sie ſich einen Begriff davon
machen, was man Kloſterberuf nennt? — Ich
nannte aber das Kloſterleben ein verkehrtes, das
aller menſchlichen und geſellſchaftlichen Bildung
zuwider ſei, und behauptete keck, die holde
Schweſter Beata moͤgte wohl freiwillig auch nicht
hinter dem ſchweren Eiſengitter ſtehn. Zuletzt
ſchlug ich mich ihr als ehrſamen Beichtvater vor;
allein ſie meinte, dergleichen ehrwuͤrdige Leute,
wie ich, taugten fuͤr kein Kloſter; ich moͤge mir
immerhin eine Gemahlin erwaͤhlen, und dieſe er¬
kenne mich vielleicht als Beichtvater an, allein
ſie ſelbſt ſei bereits gut verſorgt. Ich war durch
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