Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Mechanik, und nach einigen kräftigen Versuchen
knarrte die alte Thür auf. Sie kam uns vor
wie der Eingang in die andere Welt, wie sie sich
die Alten dachten; die Pfade zum Tartarus und
zum Elysium grenzten dicht an einander. Wir
verschlossen den holden Eingang hierauf wieder
mit aller Vorsicht, und begaben uns voll Freude
über unsere gelungene Arbeit zu unserm Gast¬
hause zurück.

Wir brannten vor Begierde, Schwester Beata
von den Resultaten unserer nächtlichen Wande¬
rungen in Kenntniß zu setzen, allein wer nicht
erschien, war die liebe Beata. Vielleicht, dies
war am glaubhaftesten, war es ihr von der über¬
strengen Äbtissin verboten, die Capelle zu be¬
treten, während wir darin arbeiteten, sie war
vielleicht auch gar erkrankt, Gott, man hat in
solchen Momenten eine Menge trauriger Ent¬
schuldigungen! und unser ganzes Bemühn erschien
als höchst vergeblich. -- So vergingen drei Tage.
Ich war so mißmuthig, daß ich die ganze fatale
Geschichte beinahe aufgegeben hätte, allein Kluge
gab meiner Thätigkeit neue Spannkraft, und es
ging besser. War ich denn ganz mit Blindheit
geschlagen gewesen, hatte mich meine innere Un¬
geduld verwirrt gemacht? -- ich fand plötzlich

Mechanik, und nach einigen kraͤftigen Verſuchen
knarrte die alte Thuͤr auf. Sie kam uns vor
wie der Eingang in die andere Welt, wie ſie ſich
die Alten dachten; die Pfade zum Tartarus und
zum Elyſium grenzten dicht an einander. Wir
verſchloſſen den holden Eingang hierauf wieder
mit aller Vorſicht, und begaben uns voll Freude
uͤber unſere gelungene Arbeit zu unſerm Gaſt¬
hauſe zuruͤck.

Wir brannten vor Begierde, Schweſter Beata
von den Reſultaten unſerer naͤchtlichen Wande¬
rungen in Kenntniß zu ſetzen, allein wer nicht
erſchien, war die liebe Beata. Vielleicht, dies
war am glaubhafteſten, war es ihr von der uͤber¬
ſtrengen Äbtiſſin verboten, die Capelle zu be¬
treten, waͤhrend wir darin arbeiteten, ſie war
vielleicht auch gar erkrankt, Gott, man hat in
ſolchen Momenten eine Menge trauriger Ent¬
ſchuldigungen! und unſer ganzes Bemuͤhn erſchien
als hoͤchſt vergeblich. — So vergingen drei Tage.
Ich war ſo mißmuthig, daß ich die ganze fatale
Geſchichte beinahe aufgegeben haͤtte, allein Kluge
gab meiner Thaͤtigkeit neue Spannkraft, und es
ging beſſer. War ich denn ganz mit Blindheit
geſchlagen geweſen, hatte mich meine innere Un¬
geduld verwirrt gemacht? — ich fand ploͤtzlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0214" n="208"/>
Mechanik, und nach einigen kra&#x0364;ftigen Ver&#x017F;uchen<lb/>
knarrte die alte Thu&#x0364;r auf. Sie kam uns vor<lb/>
wie der Eingang in die andere Welt, wie &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
die Alten dachten; die Pfade zum Tartarus und<lb/>
zum Ely&#x017F;ium grenzten dicht an einander. Wir<lb/>
ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en den holden Eingang hierauf wieder<lb/>
mit aller Vor&#x017F;icht, und begaben uns voll Freude<lb/>
u&#x0364;ber un&#x017F;ere gelungene Arbeit zu un&#x017F;erm Ga&#x017F;<lb/>
hau&#x017F;e zuru&#x0364;ck.</p><lb/>
        <p>Wir brannten vor Begierde, Schwe&#x017F;ter Beata<lb/>
von den Re&#x017F;ultaten un&#x017F;erer na&#x0364;chtlichen Wande¬<lb/>
rungen in Kenntniß zu &#x017F;etzen, allein wer nicht<lb/>
er&#x017F;chien, war die liebe Beata. Vielleicht, dies<lb/>
war am glaubhafte&#x017F;ten, war es ihr von der u&#x0364;ber¬<lb/>
&#x017F;trengen Äbti&#x017F;&#x017F;in verboten, die Capelle zu be¬<lb/>
treten, wa&#x0364;hrend wir darin arbeiteten, &#x017F;ie war<lb/>
vielleicht auch gar erkrankt, Gott, man hat in<lb/>
&#x017F;olchen Momenten eine Menge trauriger Ent¬<lb/>
&#x017F;chuldigungen! und un&#x017F;er ganzes Bemu&#x0364;hn er&#x017F;chien<lb/>
als ho&#x0364;ch&#x017F;t vergeblich. &#x2014; So vergingen drei Tage.<lb/>
Ich war &#x017F;o mißmuthig, daß ich die ganze fatale<lb/>
Ge&#x017F;chichte beinahe aufgegeben ha&#x0364;tte, allein Kluge<lb/>
gab meiner Tha&#x0364;tigkeit neue Spannkraft, und es<lb/>
ging be&#x017F;&#x017F;er. War ich denn ganz mit Blindheit<lb/>
ge&#x017F;chlagen gewe&#x017F;en, hatte mich meine innere Un¬<lb/>
geduld verwirrt gemacht? &#x2014; ich fand plo&#x0364;tzlich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0214] Mechanik, und nach einigen kraͤftigen Verſuchen knarrte die alte Thuͤr auf. Sie kam uns vor wie der Eingang in die andere Welt, wie ſie ſich die Alten dachten; die Pfade zum Tartarus und zum Elyſium grenzten dicht an einander. Wir verſchloſſen den holden Eingang hierauf wieder mit aller Vorſicht, und begaben uns voll Freude uͤber unſere gelungene Arbeit zu unſerm Gaſt¬ hauſe zuruͤck. Wir brannten vor Begierde, Schweſter Beata von den Reſultaten unſerer naͤchtlichen Wande¬ rungen in Kenntniß zu ſetzen, allein wer nicht erſchien, war die liebe Beata. Vielleicht, dies war am glaubhafteſten, war es ihr von der uͤber¬ ſtrengen Äbtiſſin verboten, die Capelle zu be¬ treten, waͤhrend wir darin arbeiteten, ſie war vielleicht auch gar erkrankt, Gott, man hat in ſolchen Momenten eine Menge trauriger Ent¬ ſchuldigungen! und unſer ganzes Bemuͤhn erſchien als hoͤchſt vergeblich. — So vergingen drei Tage. Ich war ſo mißmuthig, daß ich die ganze fatale Geſchichte beinahe aufgegeben haͤtte, allein Kluge gab meiner Thaͤtigkeit neue Spannkraft, und es ging beſſer. War ich denn ganz mit Blindheit geſchlagen geweſen, hatte mich meine innere Un¬ geduld verwirrt gemacht? — ich fand ploͤtzlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/214
Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/214>, abgerufen am 27.11.2024.