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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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denz wegen einer Unannehmlichkeit am Hofe
meiden mußte. Man sagte später, er sei in Un¬
gnade gefallen, doch habe ich das Nähere hierüber
ebenfalls nie erfahren, da er einige Zeit nach
meiner Verbindung mit Marien starb, und ihm
seine Gemahlin kurz darauf folgte.

Marie empfing mich freundlich, aber mit einer
Niedergeschlagenheit, die ich nur in meiner Ver¬
blendung nicht bemerkte. Sie hielt mich zu ent¬
fernt, als daß ich ihr hätte ein Geständniß meiner
Liebe thun können, und so vergingen viele Mo¬
nate. Ich war bald im Hause meiner Tante,
bald in N., indem der Freiherr seine Güter aus
einer Ursache nicht bezog, die ich erst späterhin
erfuhr. Was ich nicht über meine Lippen bringen
konnte, vertraute ich einem Briefe an Marien,
sie lud mich gleichfalls schriftlich zu sich ein, und
ich verlobte mich mit ihr in Gegenwart ihrer
nun ganz zufriedengestellten Eltern.

Ich war von meinem Glücke berauscht, mit
Freuden bezahlte ich eine ziemlich bedeutende
Summe Schulden, welche den Freiherrn drückte,
und war gern bereit, ihm ähnliche Dienste zu
erweisen. Erlassen Sie mir die Erörterung dieser

denz wegen einer Unannehmlichkeit am Hofe
meiden mußte. Man ſagte ſpaͤter, er ſei in Un¬
gnade gefallen, doch habe ich das Naͤhere hieruͤber
ebenfalls nie erfahren, da er einige Zeit nach
meiner Verbindung mit Marien ſtarb, und ihm
ſeine Gemahlin kurz darauf folgte.

Marie empfing mich freundlich, aber mit einer
Niedergeſchlagenheit, die ich nur in meiner Ver¬
blendung nicht bemerkte. Sie hielt mich zu ent¬
fernt, als daß ich ihr haͤtte ein Geſtaͤndniß meiner
Liebe thun koͤnnen, und ſo vergingen viele Mo¬
nate. Ich war bald im Hauſe meiner Tante,
bald in N., indem der Freiherr ſeine Guͤter aus
einer Urſache nicht bezog, die ich erſt ſpaͤterhin
erfuhr. Was ich nicht uͤber meine Lippen bringen
konnte, vertraute ich einem Briefe an Marien,
ſie lud mich gleichfalls ſchriftlich zu ſich ein, und
ich verlobte mich mit ihr in Gegenwart ihrer
nun ganz zufriedengeſtellten Eltern.

Ich war von meinem Gluͤcke berauſcht, mit
Freuden bezahlte ich eine ziemlich bedeutende
Summe Schulden, welche den Freiherrn druͤckte,
und war gern bereit, ihm aͤhnliche Dienſte zu
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[217/0253] denz wegen einer Unannehmlichkeit am Hofe meiden mußte. Man ſagte ſpaͤter, er ſei in Un¬ gnade gefallen, doch habe ich das Naͤhere hieruͤber ebenfalls nie erfahren, da er einige Zeit nach meiner Verbindung mit Marien ſtarb, und ihm ſeine Gemahlin kurz darauf folgte. Marie empfing mich freundlich, aber mit einer Niedergeſchlagenheit, die ich nur in meiner Ver¬ blendung nicht bemerkte. Sie hielt mich zu ent¬ fernt, als daß ich ihr haͤtte ein Geſtaͤndniß meiner Liebe thun koͤnnen, und ſo vergingen viele Mo¬ nate. Ich war bald im Hauſe meiner Tante, bald in N., indem der Freiherr ſeine Guͤter aus einer Urſache nicht bezog, die ich erſt ſpaͤterhin erfuhr. Was ich nicht uͤber meine Lippen bringen konnte, vertraute ich einem Briefe an Marien, ſie lud mich gleichfalls ſchriftlich zu ſich ein, und ich verlobte mich mit ihr in Gegenwart ihrer nun ganz zufriedengeſtellten Eltern. Ich war von meinem Gluͤcke berauſcht, mit Freuden bezahlte ich eine ziemlich bedeutende Summe Schulden, welche den Freiherrn druͤckte, und war gern bereit, ihm aͤhnliche Dienſte zu erweiſen. Erlaſſen Sie mir die Eroͤrterung dieſer

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/253>, abgerufen am 23.11.2024.