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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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Puncte, mein lieber junger Freund, Sie werden
den Zusammenhang leicht errathen.

Auf einer kleinen Reise hatte ich hier Blu¬
menau kennen gelernt; seine schöne Lage bestach
mich und ich freute mich herzlich, als ich erfuhr,
der Landsitz solle verkauft werden. Ich erzählte
Marien davon; sie wünschte sich immer ein
gewisses einsames Leben, und freute sich meines
neuen Ankaufes, da sie Blumenau ebenfalls
bereits kannte. Hier feierte ich auch meine Ver¬
mählung, wenn es mir gleich nicht entgehen
konnte, daß Marie nicht so heiter war, als ich
erwartet hatte. Im Rausche meines Glücks war
ich kurzsichtig geworden; die heimlichen Thränen,
welche Marie vergoß, fielen, es konnte mir zuletzt
ihr geheimer Kummer nicht mehr entgehn, wie
glühendes Blei in mein Herz, meine Augen
öffneten sich, und ich war nun vielleicht noch un¬
glücklicher als sie selbst. Ich beschwor Marien
bei Allem, was ihr theuer sei, bei der Ruhe
meines Lebens, sie möge mir gestehn, was ihr
sei, was in ihr vorgehe, Beide Eltern waren
kurz vorher gestorben, ich darf es nicht unberührt
lassen, und dieser Umstand mogte ihr zartes Herz
tief erschüttern. Anfangs lächelte sie über meine
Besorgniß, aber dann sank sie mir weinend an

Puncte, mein lieber junger Freund, Sie werden
den Zuſammenhang leicht errathen.

Auf einer kleinen Reiſe hatte ich hier Blu¬
menau kennen gelernt; ſeine ſchoͤne Lage beſtach
mich und ich freute mich herzlich, als ich erfuhr,
der Landſitz ſolle verkauft werden. Ich erzaͤhlte
Marien davon; ſie wuͤnſchte ſich immer ein
gewiſſes einſames Leben, und freute ſich meines
neuen Ankaufes, da ſie Blumenau ebenfalls
bereits kannte. Hier feierte ich auch meine Ver¬
maͤhlung, wenn es mir gleich nicht entgehen
konnte, daß Marie nicht ſo heiter war, als ich
erwartet hatte. Im Rauſche meines Gluͤcks war
ich kurzſichtig geworden; die heimlichen Thraͤnen,
welche Marie vergoß, fielen, es konnte mir zuletzt
ihr geheimer Kummer nicht mehr entgehn, wie
gluͤhendes Blei in mein Herz, meine Augen
oͤffneten ſich, und ich war nun vielleicht noch un¬
gluͤcklicher als ſie ſelbſt. Ich beſchwor Marien
bei Allem, was ihr theuer ſei, bei der Ruhe
meines Lebens, ſie moͤge mir geſtehn, was ihr
ſei, was in ihr vorgehe, Beide Eltern waren
kurz vorher geſtorben, ich darf es nicht unberuͤhrt
laſſen, und dieſer Umſtand mogte ihr zartes Herz
tief erſchuͤttern. Anfangs laͤchelte ſie uͤber meine
Beſorgniß, aber dann ſank ſie mir weinend an

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[248/0254] Puncte, mein lieber junger Freund, Sie werden den Zuſammenhang leicht errathen. Auf einer kleinen Reiſe hatte ich hier Blu¬ menau kennen gelernt; ſeine ſchoͤne Lage beſtach mich und ich freute mich herzlich, als ich erfuhr, der Landſitz ſolle verkauft werden. Ich erzaͤhlte Marien davon; ſie wuͤnſchte ſich immer ein gewiſſes einſames Leben, und freute ſich meines neuen Ankaufes, da ſie Blumenau ebenfalls bereits kannte. Hier feierte ich auch meine Ver¬ maͤhlung, wenn es mir gleich nicht entgehen konnte, daß Marie nicht ſo heiter war, als ich erwartet hatte. Im Rauſche meines Gluͤcks war ich kurzſichtig geworden; die heimlichen Thraͤnen, welche Marie vergoß, fielen, es konnte mir zuletzt ihr geheimer Kummer nicht mehr entgehn, wie gluͤhendes Blei in mein Herz, meine Augen oͤffneten ſich, und ich war nun vielleicht noch un¬ gluͤcklicher als ſie ſelbſt. Ich beſchwor Marien bei Allem, was ihr theuer ſei, bei der Ruhe meines Lebens, ſie moͤge mir geſtehn, was ihr ſei, was in ihr vorgehe, Beide Eltern waren kurz vorher geſtorben, ich darf es nicht unberuͤhrt laſſen, und dieſer Umſtand mogte ihr zartes Herz tief erſchuͤttern. Anfangs laͤchelte ſie uͤber meine Beſorgniß, aber dann ſank ſie mir weinend an

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/254>, abgerufen am 23.11.2024.