Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.
Krebse. *)Aber nun geht ja die Sache frisch und Staunitz war froh, daß Oncle Heinrich seinen *) Es sei mir erlaubt, dies merkwürdige Ereigniß
in der Natur des Krebses hier näher ausein¬ anderzusetzen. Zur Zeit der Häutung oder Mau¬ serung die es Insects, eine angreifende Periode für dasselbe, führt es die bekannten halbkug¬ lichen, kalkartigen, sogenannten Krebssteine im Magen, welche sich von den Nahrungsmitteln abgesetzt haben. Der Magen selbst liegt im Kopfe, nahe bei den Augen, und ist mit drei scharfen, breiten, dicht aneinanderstehenden Zäh¬ nen versehn. Nach Ablösung der Schale ist der Krebs weich und butterartig, jedoch verhärtet sich die äußere Decke, vermuthlich durch Auf¬ lösung der erwähnten Krebssteine, welche sich in eine flüssige Masse auflösen. Bei dieser Häu¬ tung erneuern sich Magen und Gedärme, indem sich beide Eingeweide ablösen, und sich neue an deren Stelle bilden. Der neue jetzt entstandene Magen verschlingt nun zugleich die erwähnten alten Abgänge als erste Nahrung. Man kennt übrigens jetzt mehr als 200 Gattungen der Krebse! -- Krebſe. *)Aber nun geht ja die Sache friſch und Staunitz war froh, daß Oncle Heinrich ſeinen *) Es ſei mir erlaubt, dies merkwuͤrdige Ereigniß
in der Natur des Krebſes hier naͤher ausein¬ anderzuſetzen. Zur Zeit der Haͤutung oder Mau¬ ſerung die es Inſects, eine angreifende Periode fuͤr daſſelbe, fuͤhrt es die bekannten halbkug¬ lichen, kalkartigen, ſogenannten Krebsſteine im Magen, welche ſich von den Nahrungsmitteln abgeſetzt haben. Der Magen ſelbſt liegt im Kopfe, nahe bei den Augen, und iſt mit drei ſcharfen, breiten, dicht aneinanderſtehenden Zaͤh¬ nen verſehn. Nach Abloͤſung der Schale iſt der Krebs weich und butterartig, jedoch verhaͤrtet ſich die aͤußere Decke, vermuthlich durch Auf¬ loͤſung der erwaͤhnten Krebsſteine, welche ſich in eine fluͤſſige Maſſe aufloͤſen. Bei dieſer Haͤu¬ tung erneuern ſich Magen und Gedaͤrme, indem ſich beide Eingeweide abloͤſen, und ſich neue an deren Stelle bilden. Der neue jetzt entſtandene Magen verſchlingt nun zugleich die erwaͤhnten alten Abgaͤnge als erſte Nahrung. Man kennt uͤbrigens jetzt mehr als 200 Gattungen der Krebſe! — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0259" n="253"/> Krebſe. <note place="foot" n="*)">Es ſei mir erlaubt, dies merkwuͤrdige Ereigniß<lb/> in der Natur des Krebſes hier naͤher ausein¬<lb/> anderzuſetzen. Zur Zeit der Haͤutung oder Mau¬<lb/> ſerung die es Inſects, eine angreifende Periode<lb/> fuͤr daſſelbe, fuͤhrt es die bekannten halbkug¬<lb/> lichen, kalkartigen, ſogenannten Krebsſteine im<lb/> Magen, welche ſich von den Nahrungsmitteln<lb/> abgeſetzt haben. Der Magen ſelbſt liegt im<lb/> Kopfe, nahe bei den Augen, und iſt mit drei<lb/> ſcharfen, breiten, dicht aneinanderſtehenden Zaͤh¬<lb/> nen verſehn. Nach Abloͤſung der Schale iſt der<lb/> Krebs weich und butterartig, jedoch verhaͤrtet<lb/> ſich die aͤußere Decke, vermuthlich durch Auf¬<lb/> loͤſung der erwaͤhnten Krebsſteine, welche ſich in<lb/> eine fluͤſſige Maſſe aufloͤſen. Bei dieſer Haͤu¬<lb/> tung erneuern ſich Magen und Gedaͤrme, indem<lb/> ſich beide Eingeweide abloͤſen, und ſich neue an<lb/> deren Stelle bilden. Der neue jetzt entſtandene<lb/> Magen verſchlingt nun zugleich die erwaͤhnten<lb/> alten Abgaͤnge als erſte Nahrung. Man kennt<lb/> uͤbrigens jetzt mehr als 200 Gattungen der<lb/> Krebſe! —<lb/></note>Aber nun geht ja die Sache friſch und<lb/> nicht den Krebsgang, daher iſt Alles gut, wie<lb/> es der Himmel gefuͤgt hat!“</p><lb/> <p>Staunitz war froh, daß Oncle Heinrich ſeinen<lb/> Sermon geendigt hatte, und traf Anſtalten zum<lb/> Abholen ſeiner Adeline vom einſamen Forſthauſe;<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [253/0259]
Krebſe. *)Aber nun geht ja die Sache friſch und
nicht den Krebsgang, daher iſt Alles gut, wie
es der Himmel gefuͤgt hat!“
Staunitz war froh, daß Oncle Heinrich ſeinen
Sermon geendigt hatte, und traf Anſtalten zum
Abholen ſeiner Adeline vom einſamen Forſthauſe;
*) Es ſei mir erlaubt, dies merkwuͤrdige Ereigniß
in der Natur des Krebſes hier naͤher ausein¬
anderzuſetzen. Zur Zeit der Haͤutung oder Mau¬
ſerung die es Inſects, eine angreifende Periode
fuͤr daſſelbe, fuͤhrt es die bekannten halbkug¬
lichen, kalkartigen, ſogenannten Krebsſteine im
Magen, welche ſich von den Nahrungsmitteln
abgeſetzt haben. Der Magen ſelbſt liegt im
Kopfe, nahe bei den Augen, und iſt mit drei
ſcharfen, breiten, dicht aneinanderſtehenden Zaͤh¬
nen verſehn. Nach Abloͤſung der Schale iſt der
Krebs weich und butterartig, jedoch verhaͤrtet
ſich die aͤußere Decke, vermuthlich durch Auf¬
loͤſung der erwaͤhnten Krebsſteine, welche ſich in
eine fluͤſſige Maſſe aufloͤſen. Bei dieſer Haͤu¬
tung erneuern ſich Magen und Gedaͤrme, indem
ſich beide Eingeweide abloͤſen, und ſich neue an
deren Stelle bilden. Der neue jetzt entſtandene
Magen verſchlingt nun zugleich die erwaͤhnten
alten Abgaͤnge als erſte Nahrung. Man kennt
uͤbrigens jetzt mehr als 200 Gattungen der
Krebſe! —
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| Zitationshilfe: | Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/259>, abgerufen am 23.11.2024. |
