philosophischen Vorstellungsweise nicht Genüge? Jene Scheidewand liegt in der großen Zahl von Dingen, Kräften, Verhältnissen, die der Krieg im Staatsleben berührt, und durch deren unzählbare Windungen sich die logische Consequenz nicht wie an dem einfachen Faden von ein Paar Schlüssen fortführen läßt; in diesen Windungen bleibt sie stecken, und der Mensch, der gewohnt ist im Großen und Kleinen mehr nach einzelnen vorherrschenden Vorstellungen und Gefühlen, als nach strenger logischer Folge zu handeln, wird sich hier seiner Unklarheit, Halb- heit und Inconsequenz kaum bewußt.
Hätte aber auch die Intelligenz von welcher der Krieg ausgeht, wirklich alle diese Verhältnisse durchlaufen können, ohne ihr Ziel einen Augenblick zu verlieren, so würden alle übrigen Intelligenzen im Staate, welche da- bei in Betrachtung kommen, nicht eben das können, und also ein Widerstreben entstehen und mithin eine Kraft nöthig sein, die Inertie der ganzen Masse zu überwinden, und diese Kraft wird meistens unzureichend sein.
Diese Inconsequenz findet bei dem einen der beiden Theile statt, oder bei dem andern, oder bei beiden, und wird so die Ursache daß der Krieg zu etwas ganz Anderem wird als er dem Begriff nach sein sollte, zu einem Halb- dinge, zu einem Wesen ohne inneren Zusammenhang.
So finden wir ihn fast überall und man könnte zweifeln, daß unsere Vorstellung von dem ihm absolut zu- kommenden Wesen einige Realität hätte, wenn wir nicht gerade in unseren Tagen den wirklichen Krieg in dieser absoluten Vollkommenheit hätten auftreten sehn. Nach einer kurzen Einleitung, die die französische Revolution ge- macht hat, hat ihn der rücksichtslose Bonaparte schnell auf diesen Punkt gebracht. Unter ihm ist er rastlos
philoſophiſchen Vorſtellungsweiſe nicht Genuͤge? Jene Scheidewand liegt in der großen Zahl von Dingen, Kraͤften, Verhaͤltniſſen, die der Krieg im Staatsleben beruͤhrt, und durch deren unzaͤhlbare Windungen ſich die logiſche Conſequenz nicht wie an dem einfachen Faden von ein Paar Schluͤſſen fortfuͤhren laͤßt; in dieſen Windungen bleibt ſie ſtecken, und der Menſch, der gewohnt iſt im Großen und Kleinen mehr nach einzelnen vorherrſchenden Vorſtellungen und Gefuͤhlen, als nach ſtrenger logiſcher Folge zu handeln, wird ſich hier ſeiner Unklarheit, Halb- heit und Inconſequenz kaum bewußt.
Haͤtte aber auch die Intelligenz von welcher der Krieg ausgeht, wirklich alle dieſe Verhaͤltniſſe durchlaufen koͤnnen, ohne ihr Ziel einen Augenblick zu verlieren, ſo wuͤrden alle uͤbrigen Intelligenzen im Staate, welche da- bei in Betrachtung kommen, nicht eben das koͤnnen, und alſo ein Widerſtreben entſtehen und mithin eine Kraft noͤthig ſein, die Inertie der ganzen Maſſe zu uͤberwinden, und dieſe Kraft wird meiſtens unzureichend ſein.
Dieſe Inconſequenz findet bei dem einen der beiden Theile ſtatt, oder bei dem andern, oder bei beiden, und wird ſo die Urſache daß der Krieg zu etwas ganz Anderem wird als er dem Begriff nach ſein ſollte, zu einem Halb- dinge, zu einem Weſen ohne inneren Zuſammenhang.
So finden wir ihn faſt uͤberall und man koͤnnte zweifeln, daß unſere Vorſtellung von dem ihm abſolut zu- kommenden Weſen einige Realitaͤt haͤtte, wenn wir nicht gerade in unſeren Tagen den wirklichen Krieg in dieſer abſoluten Vollkommenheit haͤtten auftreten ſehn. Nach einer kurzen Einleitung, die die franzoͤſiſche Revolution ge- macht hat, hat ihn der ruͤckſichtsloſe Bonaparte ſchnell auf dieſen Punkt gebracht. Unter ihm iſt er raſtlos
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philoſophiſchen Vorſtellungsweiſe nicht Genuͤge? Jene
Scheidewand liegt in der großen Zahl von Dingen,
Kraͤften, Verhaͤltniſſen, die der Krieg im Staatsleben
beruͤhrt, und durch deren unzaͤhlbare Windungen ſich die
logiſche Conſequenz nicht wie an dem einfachen Faden von
ein Paar Schluͤſſen fortfuͤhren laͤßt; in dieſen Windungen
bleibt ſie ſtecken, und der Menſch, der gewohnt iſt im
Großen und Kleinen mehr nach einzelnen vorherrſchenden
Vorſtellungen und Gefuͤhlen, als nach ſtrenger logiſcher
Folge zu handeln, wird ſich hier ſeiner Unklarheit, Halb-
heit und Inconſequenz kaum bewußt.
Haͤtte aber auch die Intelligenz von welcher der
Krieg ausgeht, wirklich alle dieſe Verhaͤltniſſe durchlaufen
koͤnnen, ohne ihr Ziel einen Augenblick zu verlieren, ſo
wuͤrden alle uͤbrigen Intelligenzen im Staate, welche da-
bei in Betrachtung kommen, nicht eben das koͤnnen, und
alſo ein Widerſtreben entſtehen und mithin eine Kraft
noͤthig ſein, die Inertie der ganzen Maſſe zu uͤberwinden,
und dieſe Kraft wird meiſtens unzureichend ſein.
Dieſe Inconſequenz findet bei dem einen der beiden
Theile ſtatt, oder bei dem andern, oder bei beiden, und
wird ſo die Urſache daß der Krieg zu etwas ganz Anderem
wird als er dem Begriff nach ſein ſollte, zu einem Halb-
dinge, zu einem Weſen ohne inneren Zuſammenhang.
So finden wir ihn faſt uͤberall und man koͤnnte
zweifeln, daß unſere Vorſtellung von dem ihm abſolut zu-
kommenden Weſen einige Realitaͤt haͤtte, wenn wir nicht
gerade in unſeren Tagen den wirklichen Krieg in dieſer
abſoluten Vollkommenheit haͤtten auftreten ſehn. Nach
einer kurzen Einleitung, die die franzoͤſiſche Revolution ge-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/108>, abgerufen am 21.11.2024.
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