Taktik waren auf das Faustrecht, auf den Kampf des Einzelnen gegründet, also für eine größere Masse wenig geschickt. Überhaupt hat es nie eine Zeit gegeben wo der Staatsverband so locker und der einzelne Staatsbürger so selbstständig war. Dies Alles bedingte die Kriege dieser Zeit auf die bestimmteste Art. Sie wurden verhältniß- mäßig rasch geführt, müßiges im Felde Liegen kam wenig vor, aber der Zweck bestand meistens nur in Züchtigung, nicht in Niederwerfung des Feindes; man trieb seine Heerden weg, verbrannte seine Burgen und zog wieder nach Haus.
Die großen Handelsstädte und kleinen Republiken brachten die Condottieri auf. Das war eine kostbare, mithin dem äußeren Umfange nach sehr beschränkte Kriegs- macht. Noch geringer war sie ihrer intensiven Kraft nach zu schätzen; von höchster Energie und Anstrengung konnte da so wenig die Rede sein, daß es meist nur eine Spiegelfechterei wurde. Mit einem Wort: Haß und Feind- schaft regten den Staat nicht mehr zu persönlicher Thä- tigkeit an, sondern wurden ein Gegenstand seines Handels; der Krieg verlor einen großen Theil seiner Gefahr, verän- derte durchaus seine Natur, und Nichts was man aus dieser Natur für ihn bestimmen kann paßte auf denselben.
Das Lehnssystem zog sich nach und nach zu einer bestimmten Territorialherrschaft zusammen, der Staatsver- band wurde enger, die persönlichen Verpflichtungen ver- wandelten sich in sächliche, das Geld trat nach und nach an die Stelle der meisten, und aus den Lehnsheeren wur- den Söldner. Die Condottieri machten den Übergang dazu und waren daher eine Zeitlang auch das Instru- ment der größeren Staaten; es dauerte aber nicht lange, so wurde aus dem auf kurze Zeit gemietheten Soldaten ein stehender Söldner, und die Kriegsmacht der Staa-
Taktik waren auf das Fauſtrecht, auf den Kampf des Einzelnen gegruͤndet, alſo fuͤr eine groͤßere Maſſe wenig geſchickt. Überhaupt hat es nie eine Zeit gegeben wo der Staatsverband ſo locker und der einzelne Staatsbuͤrger ſo ſelbſtſtaͤndig war. Dies Alles bedingte die Kriege dieſer Zeit auf die beſtimmteſte Art. Sie wurden verhaͤltniß- maͤßig raſch gefuͤhrt, muͤßiges im Felde Liegen kam wenig vor, aber der Zweck beſtand meiſtens nur in Zuͤchtigung, nicht in Niederwerfung des Feindes; man trieb ſeine Heerden weg, verbrannte ſeine Burgen und zog wieder nach Haus.
Die großen Handelsſtaͤdte und kleinen Republiken brachten die Condottieri auf. Das war eine koſtbare, mithin dem aͤußeren Umfange nach ſehr beſchraͤnkte Kriegs- macht. Noch geringer war ſie ihrer intenſiven Kraft nach zu ſchaͤtzen; von hoͤchſter Energie und Anſtrengung konnte da ſo wenig die Rede ſein, daß es meiſt nur eine Spiegelfechterei wurde. Mit einem Wort: Haß und Feind- ſchaft regten den Staat nicht mehr zu perſoͤnlicher Thaͤ- tigkeit an, ſondern wurden ein Gegenſtand ſeines Handels; der Krieg verlor einen großen Theil ſeiner Gefahr, veraͤn- derte durchaus ſeine Natur, und Nichts was man aus dieſer Natur fuͤr ihn beſtimmen kann paßte auf denſelben.
Das Lehnsſyſtem zog ſich nach und nach zu einer beſtimmten Territorialherrſchaft zuſammen, der Staatsver- band wurde enger, die perſoͤnlichen Verpflichtungen ver- wandelten ſich in ſaͤchliche, das Geld trat nach und nach an die Stelle der meiſten, und aus den Lehnsheeren wur- den Soͤldner. Die Condottieri machten den Übergang dazu und waren daher eine Zeitlang auch das Inſtru- ment der groͤßeren Staaten; es dauerte aber nicht lange, ſo wurde aus dem auf kurze Zeit gemietheten Soldaten ein ſtehender Soͤldner, und die Kriegsmacht der Staa-
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Taktik waren auf das Fauſtrecht, auf den Kampf des
Einzelnen gegruͤndet, alſo fuͤr eine groͤßere Maſſe wenig
geſchickt. Überhaupt hat es nie eine Zeit gegeben wo der
Staatsverband ſo locker und der einzelne Staatsbuͤrger ſo
ſelbſtſtaͤndig war. Dies Alles bedingte die Kriege dieſer
Zeit auf die beſtimmteſte Art. Sie wurden verhaͤltniß-
maͤßig raſch gefuͤhrt, muͤßiges im Felde Liegen kam wenig
vor, aber der Zweck beſtand meiſtens nur in Zuͤchtigung,
nicht in Niederwerfung des Feindes; man trieb ſeine Heerden
weg, verbrannte ſeine Burgen und zog wieder nach Haus.
Die großen Handelsſtaͤdte und kleinen Republiken
brachten die Condottieri auf. Das war eine koſtbare,
mithin dem aͤußeren Umfange nach ſehr beſchraͤnkte Kriegs-
macht. Noch geringer war ſie ihrer intenſiven Kraft
nach zu ſchaͤtzen; von hoͤchſter Energie und Anſtrengung
konnte da ſo wenig die Rede ſein, daß es meiſt nur eine
Spiegelfechterei wurde. Mit einem Wort: Haß und Feind-
ſchaft regten den Staat nicht mehr zu perſoͤnlicher Thaͤ-
tigkeit an, ſondern wurden ein Gegenſtand ſeines Handels;
der Krieg verlor einen großen Theil ſeiner Gefahr, veraͤn-
derte durchaus ſeine Natur, und Nichts was man aus dieſer
Natur fuͤr ihn beſtimmen kann paßte auf denſelben.
Das Lehnsſyſtem zog ſich nach und nach zu einer
beſtimmten Territorialherrſchaft zuſammen, der Staatsver-
band wurde enger, die perſoͤnlichen Verpflichtungen ver-
wandelten ſich in ſaͤchliche, das Geld trat nach und nach
an die Stelle der meiſten, und aus den Lehnsheeren wur-
den Soͤldner. Die Condottieri machten den Übergang
dazu und waren daher eine Zeitlang auch das Inſtru-
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ſo wurde aus dem auf kurze Zeit gemietheten Soldaten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/121>, abgerufen am 21.11.2024.
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