excentrische Lage hat und eine ungünstige Gestalt des Bodens, so wächst die Schwächung so sichtbar daß nicht bloß eine siegreiche Schlacht dem Feinde erleichtert, sondern daß diese für ihn unnöthig wird.
Die Östreicher haben jedesmal die Provence ohne Schlacht räumen müssen, wenn sie von Italien aus einen Versuch darauf gemacht haben. Die Franzosen im Jahr 1744 dankten Gott, aus Böhmen zu entkommen, auch ohne eine Schlacht verloren zu haben. Friedrich der Große konnte sich 1758 in Böhmen und Mähren nicht halten, mit derselben Streitkraft, die ihm im Jahre 1757 in Schlesien und Sachsen so glänzende Erfolge gegeben hatte. Überhaupt gehören die Beispiele von Armeen die sich in dem eroberten Landstrich nicht halten konnten, bloß weil ihre Streitkraft dadurch geschwächt wurde, zu dem ge- wöhnlichen Vorkommen, und es ist also nicht der Mühe werth noch andere davon herauszuheben.
Es kommt also bei der Frage, ob wir uns ein solches Ziel stecken sollen, darauf an, ob wir uns versprechen kön- nen im Besitz der Eroberung zu bleiben oder ob ein vorübergehender Besitz (Invasion, Diversion) die darauf verwendeten Kräfte hinreichend vergilt, besonders ob nicht ein starker Rückschlag zu befürchten ist, der uns ganz aus dem Gleichgewicht wirft. Wie Vieles bei dieser Frage in jedem einzelnen Fall zu überlegen ist, davon haben wir im Kapitel von dem Kulminationspunkt gesprochen.
Nur Eins müssen wir noch hinzufügen.
Eine solche Offensive ist nicht immer geeignet Das- jenige wieder einzubringen, was wir auf andern Punkten verlieren. Während wir uns mit einer Theileroberung beschäftigen, kann der Feind auf andern Punkten dasselbe thun, und wenn unser Unternehmen nicht von einer über-
excentriſche Lage hat und eine unguͤnſtige Geſtalt des Bodens, ſo waͤchſt die Schwaͤchung ſo ſichtbar daß nicht bloß eine ſiegreiche Schlacht dem Feinde erleichtert, ſondern daß dieſe fuͤr ihn unnoͤthig wird.
Die Öſtreicher haben jedesmal die Provence ohne Schlacht raͤumen muͤſſen, wenn ſie von Italien aus einen Verſuch darauf gemacht haben. Die Franzoſen im Jahr 1744 dankten Gott, aus Boͤhmen zu entkommen, auch ohne eine Schlacht verloren zu haben. Friedrich der Große konnte ſich 1758 in Boͤhmen und Maͤhren nicht halten, mit derſelben Streitkraft, die ihm im Jahre 1757 in Schleſien und Sachſen ſo glaͤnzende Erfolge gegeben hatte. Überhaupt gehoͤren die Beiſpiele von Armeen die ſich in dem eroberten Landſtrich nicht halten konnten, bloß weil ihre Streitkraft dadurch geſchwaͤcht wurde, zu dem ge- woͤhnlichen Vorkommen, und es iſt alſo nicht der Muͤhe werth noch andere davon herauszuheben.
Es kommt alſo bei der Frage, ob wir uns ein ſolches Ziel ſtecken ſollen, darauf an, ob wir uns verſprechen koͤn- nen im Beſitz der Eroberung zu bleiben oder ob ein voruͤbergehender Beſitz (Invaſion, Diverſion) die darauf verwendeten Kraͤfte hinreichend vergilt, beſonders ob nicht ein ſtarker Ruͤckſchlag zu befuͤrchten iſt, der uns ganz aus dem Gleichgewicht wirft. Wie Vieles bei dieſer Frage in jedem einzelnen Fall zu uͤberlegen iſt, davon haben wir im Kapitel von dem Kulminationspunkt geſprochen.
Nur Eins muͤſſen wir noch hinzufuͤgen.
Eine ſolche Offenſive iſt nicht immer geeignet Das- jenige wieder einzubringen, was wir auf andern Punkten verlieren. Waͤhrend wir uns mit einer Theileroberung beſchaͤftigen, kann der Feind auf andern Punkten daſſelbe thun, und wenn unſer Unternehmen nicht von einer uͤber-
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excentriſche Lage hat und eine unguͤnſtige Geſtalt des
Bodens, ſo waͤchſt die Schwaͤchung ſo ſichtbar daß nicht
bloß eine ſiegreiche Schlacht dem Feinde erleichtert, ſondern
daß dieſe fuͤr ihn unnoͤthig wird.
Die Öſtreicher haben jedesmal die Provence ohne
Schlacht raͤumen muͤſſen, wenn ſie von Italien aus einen
Verſuch darauf gemacht haben. Die Franzoſen im Jahr
1744 dankten Gott, aus Boͤhmen zu entkommen, auch
ohne eine Schlacht verloren zu haben. Friedrich der Große
konnte ſich 1758 in Boͤhmen und Maͤhren nicht halten,
mit derſelben Streitkraft, die ihm im Jahre 1757 in
Schleſien und Sachſen ſo glaͤnzende Erfolge gegeben hatte.
Überhaupt gehoͤren die Beiſpiele von Armeen die ſich in
dem eroberten Landſtrich nicht halten konnten, bloß weil
ihre Streitkraft dadurch geſchwaͤcht wurde, zu dem ge-
woͤhnlichen Vorkommen, und es iſt alſo nicht der Muͤhe
werth noch andere davon herauszuheben.
Es kommt alſo bei der Frage, ob wir uns ein ſolches
Ziel ſtecken ſollen, darauf an, ob wir uns verſprechen koͤn-
nen im Beſitz der Eroberung zu bleiben oder ob ein
voruͤbergehender Beſitz (Invaſion, Diverſion) die darauf
verwendeten Kraͤfte hinreichend vergilt, beſonders ob nicht
ein ſtarker Ruͤckſchlag zu befuͤrchten iſt, der uns ganz aus
dem Gleichgewicht wirft. Wie Vieles bei dieſer Frage in
jedem einzelnen Fall zu uͤberlegen iſt, davon haben wir im
Kapitel von dem Kulminationspunkt geſprochen.
Nur Eins muͤſſen wir noch hinzufuͤgen.
Eine ſolche Offenſive iſt nicht immer geeignet Das-
jenige wieder einzubringen, was wir auf andern Punkten
verlieren. Waͤhrend wir uns mit einer Theileroberung
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/166>, abgerufen am 25.11.2024.
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