wiegenden Wichtigkeit ist, so wird der Feind dadurch nicht gezwungen werden das seinige aufzugeben. Es kommt also auf eine reifliche Überlegung an, ob wir auf der einen Seite nicht mehr verlieren als wir auf der andern gewinnen.
An und für sich verliert man immer mehr durch die feindliche Eroberung als man durch die eigene gewinnt, wenn auch der Werth beider Provinzen genau derselbe sein sollte, weil eine Menge von Kräften gewissermaßen als feux froids außer Wirksamkeit kommen. Allein da dies auch der Fall beim Gegner ist, so sollte dies eigent- lich kein Grund sein, mehr auf die Erhaltung als auf die Eroberung bedacht zu sein. Und doch ist es so. Die Erhaltung des Eigenen liegt immer näher, und der eigene Schmerz, den unser Staat erleidet, wird nur dann durch die Vergeltung aufgewogen und gewissermaßen neutrali- sirt, wenn diese merkliche Prozente verspricht d. h. viel größer ist.
Die Folge von Allem ist: daß ein solcher strategischer Angriff, der nur ein mäßiges Ziel hat, sich viel weniger von der Vertheidigung der andern, durch ihn nicht unmit- telbar gedeckten Punkte losmachen kann, als einer der gegen den Schwerpunkt des feindlichen Staates gerichtet ist; es kann also in ihm auch die Vereinigung der Kräfte in Zeit und Ort niemals so weit getrieben werden. Damit sie nun wenigstens in der Zeit stattfinden könne, so ent- steht das Bedürfniß von allen einigermaßen dazu geeigne- ten Punkten angriffsweise und zwar gleichzeitig vorzugehen, und es entgeht also diesem Angriff der andere Vortheil, daß er sich durch die Vertheidigung auf einzelnen Punkten mit weit geringeren Kräften behelfen könnte. Auf diese Weise stellt sich bei einem so mittelmäßigen Ziele Alles
wiegenden Wichtigkeit iſt, ſo wird der Feind dadurch nicht gezwungen werden das ſeinige aufzugeben. Es kommt alſo auf eine reifliche Überlegung an, ob wir auf der einen Seite nicht mehr verlieren als wir auf der andern gewinnen.
An und fuͤr ſich verliert man immer mehr durch die feindliche Eroberung als man durch die eigene gewinnt, wenn auch der Werth beider Provinzen genau derſelbe ſein ſollte, weil eine Menge von Kraͤften gewiſſermaßen als feux froids außer Wirkſamkeit kommen. Allein da dies auch der Fall beim Gegner iſt, ſo ſollte dies eigent- lich kein Grund ſein, mehr auf die Erhaltung als auf die Eroberung bedacht zu ſein. Und doch iſt es ſo. Die Erhaltung des Eigenen liegt immer naͤher, und der eigene Schmerz, den unſer Staat erleidet, wird nur dann durch die Vergeltung aufgewogen und gewiſſermaßen neutrali- ſirt, wenn dieſe merkliche Prozente verſpricht d. h. viel groͤßer iſt.
Die Folge von Allem iſt: daß ein ſolcher ſtrategiſcher Angriff, der nur ein maͤßiges Ziel hat, ſich viel weniger von der Vertheidigung der andern, durch ihn nicht unmit- telbar gedeckten Punkte losmachen kann, als einer der gegen den Schwerpunkt des feindlichen Staates gerichtet iſt; es kann alſo in ihm auch die Vereinigung der Kraͤfte in Zeit und Ort niemals ſo weit getrieben werden. Damit ſie nun wenigſtens in der Zeit ſtattfinden koͤnne, ſo ent- ſteht das Beduͤrfniß von allen einigermaßen dazu geeigne- ten Punkten angriffsweiſe und zwar gleichzeitig vorzugehen, und es entgeht alſo dieſem Angriff der andere Vortheil, daß er ſich durch die Vertheidigung auf einzelnen Punkten mit weit geringeren Kraͤften behelfen koͤnnte. Auf dieſe Weiſe ſtellt ſich bei einem ſo mittelmaͤßigen Ziele Alles
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wiegenden Wichtigkeit iſt, ſo wird der Feind dadurch nicht
gezwungen werden das ſeinige aufzugeben. Es kommt
alſo auf eine reifliche Überlegung an, ob wir auf der
einen Seite nicht mehr verlieren als wir auf der andern
gewinnen.
An und fuͤr ſich verliert man immer mehr durch die
feindliche Eroberung als man durch die eigene gewinnt,
wenn auch der Werth beider Provinzen genau derſelbe
ſein ſollte, weil eine Menge von Kraͤften gewiſſermaßen
als feux froids außer Wirkſamkeit kommen. Allein da
dies auch der Fall beim Gegner iſt, ſo ſollte dies eigent-
lich kein Grund ſein, mehr auf die Erhaltung als auf
die Eroberung bedacht zu ſein. Und doch iſt es ſo. Die
Erhaltung des Eigenen liegt immer naͤher, und der eigene
Schmerz, den unſer Staat erleidet, wird nur dann durch
die Vergeltung aufgewogen und gewiſſermaßen neutrali-
ſirt, wenn dieſe merkliche Prozente verſpricht d. h. viel
groͤßer iſt.
Die Folge von Allem iſt: daß ein ſolcher ſtrategiſcher
Angriff, der nur ein maͤßiges Ziel hat, ſich viel weniger
von der Vertheidigung der andern, durch ihn nicht unmit-
telbar gedeckten Punkte losmachen kann, als einer der
gegen den Schwerpunkt des feindlichen Staates gerichtet
iſt; es kann alſo in ihm auch die Vereinigung der Kraͤfte
in Zeit und Ort niemals ſo weit getrieben werden. Damit
ſie nun wenigſtens in der Zeit ſtattfinden koͤnne, ſo ent-
ſteht das Beduͤrfniß von allen einigermaßen dazu geeigne-
ten Punkten angriffsweiſe und zwar gleichzeitig vorzugehen,
und es entgeht alſo dieſem Angriff der andere Vortheil,
daß er ſich durch die Vertheidigung auf einzelnen Punkten
mit weit geringeren Kraͤften behelfen koͤnnte. Auf dieſe
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/167>, abgerufen am 26.11.2024.
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