theidigungskrieg aufzuladen, wie er ihn schon im Westen zu führen hatte, versuchte Bonaparte das einzige Mittel zum Zweck: mit einem kühnen Schlag dem bestürzten Gegner den Frieden abzugewinnen. Daß seine Armee dabei zu Grunde ging war die Gefahr welcher er sich dabei unterzog, es war der Einsatz im Spiel, der Preis der großen Hoffnung. Ist diese Zerstörung seiner Streit- kräfte durch seine Schuld größer geworden als nöthig ge- wesen wäre, so ist diese Schuld nicht in das weite Vordringen zu setzen, denn dies war Zweck und unvermeidlich, sondern in die späte Eröffnung des Feldzugs, in die Menschen- verschwendung seiner Taktik, in den Mangel an Sorgfalt für den Unterhalt des Heeres und für die Einrichtung der Rückzugsstraße, endlich in den etwas verspäteten Abmarsch von Moskau.
Daß sich ihm die russischen Armeen an der Beresina vorlegen konnten, um ihm förmlich den Rückzug zu ver- wehren, ist kein starkes Argument gegen uns. Denn: erstlich hat gerade dies gezeigt wie schwer das wirkliche Abschnei- den zu bewirken ist, da sich der Abgeschnittene unter den ungünstigsten denkbaren Umständen am Ende den Weg noch gebahnt hat und dieser ganze Akt zur Vergrößerung seiner Katastrophe zwar beigetragen hat, aber sie doch nicht wesentlich ausmachte. Zweitens bot nur die seltene Beschaffenheit der Gegend die Mittel dar es so weit zu treiben, und ohne die, der großen Straße sich queervorlegenden, Sümpfe der Beresina, mit ihren wald- reichen unzugänglichen Rändern, wäre ein Abschneiden noch weniger möglich gewesen. Drittens giebt es überhaupt kein Mittel sich gegen eine solche Möglichkeit anders zu sichern, als indem man seine Macht in einer gewissen Breite vorführt, welches wir schon früher verworfen ha-
theidigungskrieg aufzuladen, wie er ihn ſchon im Weſten zu fuͤhren hatte, verſuchte Bonaparte das einzige Mittel zum Zweck: mit einem kuͤhnen Schlag dem beſtuͤrzten Gegner den Frieden abzugewinnen. Daß ſeine Armee dabei zu Grunde ging war die Gefahr welcher er ſich dabei unterzog, es war der Einſatz im Spiel, der Preis der großen Hoffnung. Iſt dieſe Zerſtoͤrung ſeiner Streit- kraͤfte durch ſeine Schuld groͤßer geworden als noͤthig ge- weſen waͤre, ſo iſt dieſe Schuld nicht in das weite Vordringen zu ſetzen, denn dies war Zweck und unvermeidlich, ſondern in die ſpaͤte Eroͤffnung des Feldzugs, in die Menſchen- verſchwendung ſeiner Taktik, in den Mangel an Sorgfalt fuͤr den Unterhalt des Heeres und fuͤr die Einrichtung der Ruͤckzugsſtraße, endlich in den etwas verſpaͤteten Abmarſch von Moskau.
Daß ſich ihm die ruſſiſchen Armeen an der Bereſina vorlegen konnten, um ihm foͤrmlich den Ruͤckzug zu ver- wehren, iſt kein ſtarkes Argument gegen uns. Denn: erſtlich hat gerade dies gezeigt wie ſchwer das wirkliche Abſchnei- den zu bewirken iſt, da ſich der Abgeſchnittene unter den unguͤnſtigſten denkbaren Umſtaͤnden am Ende den Weg noch gebahnt hat und dieſer ganze Akt zur Vergroͤßerung ſeiner Kataſtrophe zwar beigetragen hat, aber ſie doch nicht weſentlich ausmachte. Zweitens bot nur die ſeltene Beſchaffenheit der Gegend die Mittel dar es ſo weit zu treiben, und ohne die, der großen Straße ſich queervorlegenden, Suͤmpfe der Bereſina, mit ihren wald- reichen unzugaͤnglichen Raͤndern, waͤre ein Abſchneiden noch weniger moͤglich geweſen. Drittens giebt es uͤberhaupt kein Mittel ſich gegen eine ſolche Moͤglichkeit anders zu ſichern, als indem man ſeine Macht in einer gewiſſen Breite vorfuͤhrt, welches wir ſchon fruͤher verworfen ha-
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theidigungskrieg aufzuladen, wie er ihn ſchon im Weſten
zu fuͤhren hatte, verſuchte Bonaparte das einzige Mittel
zum Zweck: mit einem kuͤhnen Schlag dem beſtuͤrzten
Gegner den Frieden abzugewinnen. Daß ſeine Armee
dabei zu Grunde ging war die Gefahr welcher er ſich
dabei unterzog, es war der Einſatz im Spiel, der Preis
der großen Hoffnung. Iſt dieſe Zerſtoͤrung ſeiner Streit-
kraͤfte durch ſeine Schuld groͤßer geworden als noͤthig ge-
weſen waͤre, ſo iſt dieſe Schuld nicht in das weite Vordringen
zu ſetzen, denn dies war Zweck und unvermeidlich, ſondern
in die ſpaͤte Eroͤffnung des Feldzugs, in die Menſchen-
verſchwendung ſeiner Taktik, in den Mangel an Sorgfalt
fuͤr den Unterhalt des Heeres und fuͤr die Einrichtung der
Ruͤckzugsſtraße, endlich in den etwas verſpaͤteten Abmarſch
von Moskau.
Daß ſich ihm die ruſſiſchen Armeen an der Bereſina
vorlegen konnten, um ihm foͤrmlich den Ruͤckzug zu ver-
wehren, iſt kein ſtarkes Argument gegen uns. Denn: erſtlich
hat gerade dies gezeigt wie ſchwer das wirkliche Abſchnei-
den zu bewirken iſt, da ſich der Abgeſchnittene unter
den unguͤnſtigſten denkbaren Umſtaͤnden am Ende den
Weg noch gebahnt hat und dieſer ganze Akt zur
Vergroͤßerung ſeiner Kataſtrophe zwar beigetragen hat,
aber ſie doch nicht weſentlich ausmachte. Zweitens bot
nur die ſeltene Beſchaffenheit der Gegend die Mittel dar
es ſo weit zu treiben, und ohne die, der großen Straße
ſich queervorlegenden, Suͤmpfe der Bereſina, mit ihren wald-
reichen unzugaͤnglichen Raͤndern, waͤre ein Abſchneiden noch
weniger moͤglich geweſen. Drittens giebt es uͤberhaupt
kein Mittel ſich gegen eine ſolche Moͤglichkeit anders zu
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/198>, abgerufen am 27.11.2024.
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